Hagen. Die Wirtschaftsförderung blickt auf den Hagen-Auftritt bei der Expo-Real in München. Interview mit Geschäftsführer Christopher Schmitt.
Die alljährliche Reise einer Hagener Delegation zur Expo Real in München hat schon Kult-Charakter. Bei den Reisenden zeigt man sich stets fest davon überzeugt, dass man beim großen Klassentreffen der Immobilien- und Projektentwickler-Branche als Ruhrgebietsgroßstadt einfach nicht fehlen dürfe. Kritiker sprechen hingegen vorzugsweise von einer Lustreise parallel zum Oktoberfest, bei der - trotz ständiger Wiederholungen - für den Standort Hagen bislang wenig Zählbares herausgekommen sei. Wo tatsächlich die Wahrheit liegt, lässt sich kaum objektivieren.
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Zumal die konkreten Details der dort geknüpften Kontakte und Gesprächsansätze seitens des Oberbürgermeisters, des Baudezernenten, aber auch der Hagen-Wirtschaftsentwicklung eher selten in die Öffentlichkeit dringen – Status: vertraulich.
Expo Real: Leitmesse der Immobilienbranche
Die Expo Real, die seit 1998 auf dem Messegelände in München veranstaltet wird, versteht sich inzwischen als die größte internationale Fachmesse für Immobilien und Investitionen in Europa. Sie lockt Zehntausende Besucher aus etwa 70 Ländern an.
Der Veranstalter legt Wert auf die Feststellung, dass dort die gesamte Wertschöpfungskette der Branche abgebildet werde. Entsprechen geben sich dort neben privaten Flächenanbietern und Kommunen auch Projektentwickler, Finanziers und Investoren die Klinke in die Hand. Die Organisatoren sehen die Expo Real als länderübergreifende Networking-Plattform, um Geschäfte anzubahnen, Projekte zu präsentieren, zu initiieren und neue Kontakte zu knüpfen.
Die Stadtredaktion hat dennoch den Kontakt zu Christopher Schmitt, Geschäftsführer der Stadttochter Hagen-Wirtschaftsentwicklung, gesucht, um nach den zuletzt wenig erbaulichen Nachrichten rund um die Erschließung der Westside – der Anschluss über den Werde-Tunnel ist bekanntlich geplatzt – zu erfahren, mit welchen Verlockungen die Stadt auf dem Münchener Parkett das Interesse der Besucher wecken konnte:
Was gibt es an neuen Perspektiven zu Hagen-Valley beziehungsweise zur Vermarktung der Westside und der Varta-Insel?
Für die Varta-Insel konnten wir in München einen ersten städtebaulichen Entwurf präsentieren, der die Grundlage für die spätere Bauleitplanung und für den Sanierungsplan bilden soll. Er zeigt bereits, dass die Varta-Insel mit ihrer Ausrichtung zur Ennepe verbunden mit der Südlage durchaus ansprechend gestaltet werden kann und berücksichtigt gleichzeitig die jüngsten Erkenntnisse zum Hochwasserschutz. Aus Sicht der Wirtschaftsförderung braucht es jetzt zügig eine flexible Angebotsplanung im Bebauungsplanverfahren, um ein konkretes Packende für Interessenten an der Fläche zu schaffen. Auch bei der Westside, die wir in diesem Jahr aufgrund der überraschenden Abkehr von dem Werde-Tunnel nicht aktiv vermarktet haben, denken wir in eine ähnliche Richtung. Zunächst gilt es jetzt, gemeinsam mit der Bahn eine Lösung für den Tunneldurchstich zu entwickeln – die aus meiner Sicht übrigens auch durchaus Vorteile gegenüber der Werde-Tunnellösung bietet, weil sie eine Verbesserung der Gleisanbindung und weniger Angstraum mit sich bringt. Dann müssen die Planungen im Zusammenspiel mit Verwaltung und Politik so schnell wie möglich und so weit wie möglich konkretisiert werden, damit auch diese Fläche für die Interessenten greifbarer wird. An dem Anspruch von Hagen Valley, entlang dem früheren städtischen Produktionsband in der Flusstallage moderne Arbeitsumgebungen mit fortschrittlichen Energie- und Mobilitätskonzepten zu schaffen, werden wir weiter festhalten. Inzwischen sind auch die ersten Schritte zur Gestaltung des vorderen Bahnhofsbereichs, der so genannten Eastside, angegangen worden. Das ist wichtig, denn ein ordentliches Entrée ist unverzichtbar.
Mit welchen Themen und Flächen sind Sie ansonsten in München in die Offensive gegangen?
Neben der „harten“ Flächenvermarktung geht es bei der Expo auch um kontinuierliche Sichtbarkeit, Präsenz und Kontaktpflege im Marktumfeld. Deshalb waren auch in diesem Jahr – trotz konjunkturell etwas verhaltener Nachfrage – wieder so gut wie alle Kommunen des Ruhrgebiets am Stand der Business Metropole Ruhr vertreten. Es ist gut, dass wir auf der Expo die attraktive Umnutzung des Kaufhofs in Hagen präsentiert haben. Damit sind wir manch anderer Kommune weit voraus und gleichzeitig zeigt das Projekt, dass Hagen interessant ist für Investoren. Auch mit den Projekten zur IGA2027 (internationale Gartenausstellung) konnten wir den Standort in ein gutes Licht rücken. Unsere nächste aktive Vermarktung richtet sich auf die jüngst von der Hagen-Areal GmbH erworbene Industriefläche an der Schultenstraße in Bathey - das erste Angebot in Hagen oberhalb von drei Hektar seit vielen Jahren. Der Eigentumsübergang ist erfolgt, das Sanierungsverfahren angestoßen und auch eine Entscheidungsmatrix für eine möglichst vorteilhafte Vermarktung ist bereits entwickelt und politisch rückgekoppelt. Diese Fläche hatten wir daher bereits ebenso im Gepäck wie die Areale Bettermann, Minervastraße und auch die Varta-Insel als Perspektivfläche.
Für welche Branchen oder Unternehmen ist der Standort Hagen zurzeit eigentlich von Interesse?
Insbesondere Logistik und produzierendes Gewerbe interessieren sich für Flächen in Hagen, und zwar sowohl aus dem Bestand vor Ort als auch von außen. Ansonsten geht die Nachfrage quer durch den Garten: Uns liegen unter anderem Anfragen aus den Bereichen Dienstleistung, Handwerk, Handel und Freizeit vor.
Wo gilt es, das Profil des Standortes zu schärfen, um im Wettbewerb der Städte im Gespräch zu bleiben?
Hierzu gibt es ja klare Aussagen aus dem Prognos-Gutachten zu „Hagen Horizinte 2035“: So spielt etwa der industrielle Kern nach wie vor eine zentrale Rolle in Hagen, aber auch Themen wie Bildung, Innovation, Nachhaltigkeit, Innenstadt und Tourismus sind für uns prägend.
Welche Hausaufgaben muss die Politik erledigen, um der Hagener Wirtschaftsförderung den Job zu erleichtern?
Bei den bisherigen Entscheidungen der politischen Gremien zur Gewerbeflächenentwicklung ist durchaus Verständnis für die Bedürfnisse des Wirtschaftsstandortes wahrnehmbar. Ich hoffe, dass sich diese Linie auch bei den heißeren Eisen fortsetzen wird, etwa dann, wenn doch noch Zugeständnisse beim Erwerb der Dolomitfläche erforderlich werden sollten. Aber auch außerhalb des „Flächengeschäfts“ sind wir auf Unterstützung angewiesen, sei es bei einer auskömmlichen finanziellen und personellen Ausstattung der Wirtschaftsförderung, bei der Lösung der drängenden Infrastrukturprobleme, insbesondere im Verkehrsbereich, oder wenn es um eine Erhöhung der Standortattraktivität durch Projekte wie Hagen-Trails geht.
Worauf werden Sie mit Ihrem Team vor dem Hintergrund der jüngsten Expo-Erfahrungen künftig Ihren Fokus richten?
Entscheidend ist ein ordentliches Angebot an Gewerbeflächen. Deshalb müssen wir weiterhin alles daransetzen, möglichst viele der Hagener Potenzialflächen zu aktivieren. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass das ein Marathon, und kein Spurt ist.