Hagen. Spendenbox statt Kasse: Fadma El Bouzidi geht mit ihrem Projekt „Cook´n´Care“ in Hagen an den Start. „Ich habe wieder Freude am Leben.“

Als ihre Mutter vor sieben Jahren an Brustkrebs starb, brach für Fadma El Bouzidi (45) aus Hagen eine Welt zusammen. Sie verkroch sich zu Hause, zog sich von Freunden zurück, musste ständig an ihre tote Mutter und ihre ebenfalls mit nur 36 Jahren an Brustkrebs verstorbene Schwester denken. „Das war wie ein Ohnmachtsgefühl, von dem ich mich nicht befreien konnte“, sagt sie.

Was ihr den Lebensmut zurückgab, war - bezeichnenderweise - die Unterstützung für krebskranke Menschen. Die Deutsch-Marokkanerin verwandelte ihre Trauer in den Wunsch, Krebspatienten beizustehen und ihnen Hoffnung zu geben. Dieses Herzensbedürfnis ist mittlerweile zu einer Mission geworden: Am 16. November eröffnet Fadma El Bouzidi in Boelerheide eine eigene Bäckerei, deren gesamte Einnahmen vollständig für Krebsprojekte der Tuisa-Hilft-Stiftung aus Gelsenkirchen zur Verfügung gestellt werden sollen.

„Keiner von uns bekommt Geld“

Von einer klassischen Bäckerei unterscheidet sich „Cook‘n‘Care“, wie Fadma El Bouzidi ihr Projekt nennt, vor allem dadurch, dass die dort angebotenen Backwaren preislich nicht gekennzeichnet sind, weil sie gar nicht gekauft werden können. Wer Brötchen, Brot oder Kuchen haben möchte, kann sich dafür mit einer Spende für die Krebsprojekte revanchieren - in welcher Höhe, bleibt jedem „Kunden“ selbst überlassen. Fadma und ihre Mitstreiterinnen backen die Produkte selbst oder nehmen sie von Sponsoren entgegen. „Und da wir ausschließlich ehrenamtlich arbeiten, ist sichergestellt, dass der Erlös zu hundert Prozent an die Tuisa-Stiftung geht“, betont die Hagenerin: „Keiner von uns bekommt Geld.“

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Die Bäckerei soll täglich von 7 bis 18 Uhr geöffnet sein. Das soll ein Team von 40 Mitstreitern garantieren, zu dem auch einige der sieben Kinder von Fadma gehören. Schon in der Vergangenheit hat die Deutsch-Marokkanerin aus Hagen ehrenamtlich für Feste, Geburtstage und besondere Anlässe gebacken, so auch mit der katholischen Liebfrauen-Gemeinde in Vorhalle und der evangelischen Dreifaltigkeitskirche in Eppenhausen zusammengearbeitet. „Man darf nicht glauben, dass hier Marokkaner bzw. Muslime unter sich bleiben“, sagt Fadime Kranz, eine Freundin von Fadma: „Wir unterstützen Menschen aller Religionen, auch Nichtgläubige.“

„Wir unterstützen Menschen aller Religionen, auch Nichtgläubige“

Fadime Kranz
über die Idee

Stiftung hat Ladenlokal angemietet

Als Mieter des Ladenlokals in der Grimmestraße tritt die Tuisa-Hilft-Stiftung auf, was Fadma El Bouzidi vor rechtlichen und finanziellen Risiken bewahrt. Allerdings kann die 2017 gegründete Stiftung derzeit aufgrund einer Steuerprüfung keinen Freistellungsbescheid vorlegen, wie es auf der Homepage heißt: „Dies bedeutet, dass wir bis zum Abschluss dieser Prüfung nicht befugt sind, Spendenbescheinigungen auszustellen. Erst nach vollendeter Prüfung kann das Finanzamt einen neuen Freistellungsbescheid freigeben. Gerne sind wir bereit auf Anfrage, Ihnen eine Eingangsbestätigung zu Ihrer Spende auszustellen. Unsere ehrenamtliche Arbeit führen wir weiterhin wie gewohnt motiviert, vertrauensvoll und engagiert weiter.“

Hintergrund der Prüfung sei, dass man den vorgeschriebenen Dokumentationspflichten nicht in ausreichendem Maße nachgekommen sie, erläutert Karima El Bokriui vom Vorstand der Tuisa-Stiftung: „Auf der einen Seite unterliegen wir einer erhöhten Nachweispflicht, auf der anderen Seite arbeiten wir viel in Ländern der Dritten Welt, wo das nicht so einfach ist. Wenn wir in Somalia 200 Schafe kaufen, dann quittiert einem das niemand.“ Der deutsche Staat sei rigoros, und man müsse jetzt ganz viel Bürokratie nachholen, um die Gemeinnützigkeit zu bewahren: „Wir wollen uns um Gottes willen nicht mit dem Finanzamt anlegen.“ Auf die Arbeit von Fadma El Bouzidi in Hagen habe das Verfahren keinen Einfluss, betont die Stiftungsvorständin.

Wechselnde Tagesgerichte

Neben dem täglichen Angebot an frischen Backwaren und wechselnden Tagesgerichten soll „Cook‘n‘Care“ auch zu einem Treffpunkt für die Bewohner des Viertels in Boelerheide werden: Sonntags will Fadma dort einen Seniorentreff mit Spielen und besondere Angeboten für ältere Menschen anbieten - ein Konzept, bei dem sie ihre Erfahrungen als Altenpflegerin einbringen kann. „Das Projekt liegt mir am Herzen“, sagt sie: „Seitdem ich mich für krebskranke Menschen einsetze, hat mein Leben wieder einen Sinn. Ich muss nicht mehr jede Sekunde an Mutter und Schwester denken. Ich habe wieder Freude am Leben.“