Hagen-Wehringhausen. Schade: Die Regenbogens geben ihre Metzgerei in der Lange Straße in Hagen auf. Von 15-Stunden-Arbeitstagen, Vegetarismus und Wurst-Leidenschaft:

Wie häufig sie in den letzten Tagen den Spruch „Ach schade. Könnt Ihr nicht noch ein bisschen länger machen?“ gehört haben, können sie kaum zählen. Doch ihr Entschluss steht fest. „Ende des Monats schließen wir“, sagen Heike und Klaus-Dieter Regenbogen. Dann ist die Metzgerei Regenbogen in Hagen-Wehringhausen Geschichte - nach 37 Jahren.

50 Jahre in der Branche aktiv

Die Nachricht, dass das Fachgeschäft an der Ecke Lange/Bachstraße nach einer halben Ewigkeit schließt, hat sich im Viertel herumgesprochen wie ein Lauffeuer. „Wir haben uns alles reiflich überlegt, aber mein Mann ist 65 und seit 50 Jahren in der Branche tätig. Das reicht“, sagt Heike Regenbogen, die als Fleischereifachverkäuferin stets das Gesicht hinter der Theke war.

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Räumt im November das Fachgeschäft sowie die Wohnung darüber aus - das Ehepaar Regenbogen.   © WP | Yvonne Hinz

Ihr Mann wirbelte hauptsächlich in der Wurstküche, nicht selten 14, 15 Stunden am Tag. „Und von wegen Fünf-Tage-Woche, wir haben auch samstags geöffnet“, ergänzt der Mann mit der für einen Metzgermeister eher untypischen, hageren Statur. Doch das sei nun mal sein Leben gewesen, „nicht leicht, aber dennoch schön. Obwohl es für unsere Branche immer schwieriger wird, man kaum noch Personal findet, und Freundschaften im Laufe der Jahre rar werden“, blickt Klaus-Dieter Regenbogen zurück. Seine Frau Heike nickt, „am Wochenende sind wir einfach platt. Da fahren wir höchstens mal mit unserem Hund an die Glör“.

Ein neuer Lebensabschnitt

An den 31. Oktober denkt das Ehepaar mit gemischten Gefühlen: „Stammkunden sagen traurig ,Nein, das geht nicht, ihr könnt nicht schließen‘, das ist schon rührend, andererseits freuen wir uns aber auch auf das Neue, was kommt.“ Damit spielen die beiden nicht nur auf die Schließung ihrer Fleischerei im Erdgeschoss, sondern auch auf den Auszug aus ihrer 160 Quadratmeter großen Wohnung mit 17 Fenstern im Obergeschoss an. „Im November räumen wir Laden und Wohnung komplett aus. Im Dezember ziehen wir zu unseren Kindern und Enkeln nach Haspe“, sagt Heike Regenbogen.

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Nach 37 Jahren schließt die Metzgerei Regenbogen in Hagen-Wehringhausen. Heike und Klaus-Dieter Regenbogen nehmen schweren Herzens Abschied von ihren (Stamm)-Kunden, freuen sich aber auch auf ihren neuen Lebensabschnitt. © WP | Yvonne Hinz

Rückblick: Kennengelernt haben sich Heike und Klaus-Dieter Regenbogen in der Metzgerei Engel in Haspe; er war damals bereits Metzgermeister, sie noch in der Ausbildung und meist im Verkauf tätig. „Es hat gefunkt, es folgten unsere Hochzeit und die Geburt unserer beiden Kinder“, erzählt Heike Regenbogen.

Vor 37 Jahren haben die beiden das Ladenlokal in Wehringhausen angemietet, „damals gab‘s fünf Metzger hier auf der Lange Straße“, sagt die 60-Jährige, „ja, Mitte/Ende der 1980er-Jahre . . .“

Nur noch wenige Mitbewerber

In Hagen gibt es nur noch wenige Fleischereien/ Metzgereien. Im Stadtgebiet sind unter anderem zu finden die Fleischerei Wittenstein an der  Epppenhauser Straße  in Eppenhausen, die Fleischerei Schnettler in der Hospitalstraße in Boele, die Landmetzgerei Braun an der Rölveder Straße in Rummenohl und die Metzgerei Flügge Am Paulshof in Hohenlimburg.

Der Rewe-Supermarkt auf Emst hat Anfang 2024 seine Bedientheke mit Metzger abgeschafft. Begründung: Die Theke sei unrentabel.

Ein Blick in die Wurstküche - hier ist Klaus-Dieter Regenbogen in seinem Element. „Ich weigere mich, Wurst zuzukaufen, höchstens mal eine Dauerwurst“, sagt der 65-Jährige mit fester Stimme. Zwar mache es extrem viel Arbeit, zum Beispiel Zungenwurst oder Corned Beef selbst herzustellen, „aber es lohnt sich, und das wissen auch unsere Kunden“.

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1987 wurde die Metzgerei Regenbogen in der Lange Straße 63 eröffnet. © WP | Yvonne Hinz

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Die Regenbogens sprechen offen. Natürlich würden mittlerweile allgemein weniger Wurst und Fleisch nachgefragt - Schlagwort Vegetarismus - und Qualität hätte nun mal ihren Preis, „doch unsere Devise lautet ,lieber etwas weniger, aber dafür gut‘. Und wir sind mit etlichen Produkten auch nicht teurer als der Supermarkt“. Daher stünden sie auch heute wirtschaftlich stabil da, „aber nun hab‘ ich das Alter zum Aufhören erreicht“, sagt der 65-Jährige.

Endlich mal ein arbeitsfreies Weihnachtsfest

Ihr erstes arbeitsfreies Weihnachtsfest wollen die Regensbogens richtig genießen. „Ich werde mit unseren Enkeln Plätzchen backen und über Weihnachtsmärkte in der Region bummeln“, schwärmt Heike Regenbogen. Ihr Mann Klaus-Dieter will künftig in seinem großen Garten in Haspe wirbeln, „und nach Jahrzehnten vielleicht mal wieder nach Spanien“. Heike Regenbogen lächelt verschmitzt: „Und ich gehe im nächsten Jahr mit meiner Freundin auf Rosamunde-Pilcher-Tour durch Südengland“.