Hagen. Auf einer Fläche hinter dem Hauptbahnhof soll ein modernes Quartier entstehen. Jetzt werden die Planungen zurückgeworfen. Schuld trägt die Bahn.
Das städtebaulich wichtigste Projekt in Hagen wird zurückgeworfen. Jenseits des Hauptbahnhofs soll auf einem Areal zwischen Volme, Gleisanlagen und der Bahnhofshinterfahrung ein ganz neues, modernes Dienstleistungs-Quartier entstehen. Eines, das aufgrund seiner verkehrsgünstigen Lage aus Richtung Innenstadt durch einen Tunnel erschlossen werden sollte, der bereits existiert und unter den Bahnanlagen hindurchführt.
Jahrelang hat die Stadt in diese Richtung geplant. Bis die Deutsche Bahn in der letzten Besprechung eher am Rande fallen ließ, dass sie die bestehende Unterführung, die derzeit nicht genutzt wird, doch nicht zur Verfügung stellen wird.
„Die Bahn hat uns kurzfristig mitgeteilt, dass der Tunnel Werdestraße nicht zur Verfügung steht.“
Die Vertreter der Stadt um Baudezernent Henning Keune - für das Millionen-Projekt war eigens eine Arbeitsgruppe innerhalb seines Baudezernats eingerichtet worden - trauten ihren Ohren nicht. Aber die bittere Wahrheit ist: „Die Bahn hat uns kurzfristig mitgeteilt, dass der Tunnel Werdestraße nicht zur Verfügung steht“, so Keune.
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Hintergrund: Die Bahn müsse in den Jahren 2032 und 2036 ihre Brücken über die Volme erneuern. In diesem Zusammenhang sei es sinnvoll, den Tunnel zuzuschütten. „Das“, so Keune, ohne genauer zu werden, „wirft uns in unserer Planung deutlich zurück.“ Die Verzögerungen dürften wohl im Bereich zwischen zwei und drei Jahren liegen.
Gleistunnel ist die einzige Alternative
„Wir haben bislang voll auf diese Verbindung gesetzt“, so Keune. Alternativ habe man immer noch die Absicht gehabt, den bestehenden Gleistunnel nach hinten zu verlängern und so den Bahnhof selbst zur sogenannten Westside zu öffen. Priorität aber hatte der Tunnel, der bereits besteht und auf der Bahnhofseite von der kleinen Werdestraße aus abzweigt. Auch von dieser Unterführung aus sollte ein Zugang zu den Bahnsteigen geschaffen werden.
„All das begeistert uns alle nicht. Wir sind über Jahre mit der Deutschen Bahn in Gesprächen. Und es war dabei immer klar, dass der Tunnel Werdestraße ein Citylink werden sollte.“
Mit rund elf Millionen Euro war die Sanierung bislang veranschlagt. Rund drei Millionen für den Tunnel an sich, acht Millionen für die Gleisanschlüsse. Vor diesem Hintergrund mutet es fast absurd an, dass die Bahn laut Keune in den Gesprächen mit der Stadt eine Lösung ins Spiel gebracht habe, die eine Nutzung des Tunnels zur Werdestraße doch ermögliche. Kosten dafür: zwischen 110 und 130 Millionen Euro.
Sanierung in drei bis fünf Jahren
„All das begeistert uns alle nicht“, machte der Baudezernent aus seiner Enttäuschung keinen Hehl. „Wir sind über Jahre mit der Deutschen Bahn in Gesprächen. Und es war dabei immer klar, dass der Tunnel Werdestraße ein Citylink werden sollte - eine Verbindung von Westside, Bahnhof und Innenstadt.“ In drei bis fünf Jahren - so sah es das Konzept vor - sollte der marode Tunnel so saniert sein, dass Fußgänger und auch Radfahrer ihn hätten nutzen können.
Mit diesem Konzept hatte die Stadt Hagen auch auf Immobilienmessen um Investoren geworben. „Es gab durchaus einige Interessenten“, hob Keune hervor. „Aber die haben letztlich auch immer wieder betont, dass zunächst die Stadt ihre Hausaufgaben erledigen müsse.“ Dazu zählt eben auch eine Lösung, wie denn die Westside vom Hauptbahnhof aus schnell zu erreichen ist.
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Durchstich des Gleistunnels
Die Alternative: ein Durchstich des bestehenden Gleistunnels. „Darauf werden wir setzen“, sagt Keune und erläutert gleichzeitig, dass eine Brücke über die Gleisanlagen hinweg keine praktikable Lösung sei. Zu aufwändig sei es, Rampen zu bauen, damit ein solches Bauwerk auch barrierefrei und von Radfahrern zu nutzen sei.
Der jetzt avisierte Durchstich war zuletzt vor allem aus finanziellen Gründen nicht weiter verfolgt worden. Hinzu kommt, dass Radfahrer schlechterdings durch die Bahnhofshalle fahren können und absteigen müssten. Letztlich, so hieß es noch vor gut einem Jahr, lasse sich diese Lösung frühestens in acht Jahren verwirklichen.
Ein Rückschlag ist die Absage der Bahn auch für das bestehende Bahnhofsquartier. Da sollte der Angstraum „Straße Am Hauptbahnhof“ an Attraktivität gewinnen. Am trichterförmigen Eingang des Tunnels - so sahen es die bisherigen Planungen vor - sollte ein neuer Platz entstehen. Um die sogenannte Eastside attraktiver machen zu können, sollte sich die Stadttochter Wirtschaftsbetrieb Hagen um den Ankauf von Grundstücken und Immobilien in diesem Bereich bemühen. „Da“, so Stadtplaner Andreas Beilein, „müssen wir uns jetzt erst einmal neu sortieren.“
Keine neuen Förderanträge
Immerhin: Förderanträge müssen zunächst noch nicht neu geschrieben und eingereicht werden. Um diese überhaupt stellen zu können, hätte es zunächst eine schriftliche Vereinbarung mit der Deutschen Bahn (die gestern keine Stellungnahme abgab) gebraucht.