Hagen. Hagens Oberbürgermeister Schulz mahnt bei der Entwicklung des Bahnhofsumfeldes Geduld an. Die Möglichkeiten seien vielversprechend.

Im Gespräch mit der Stadtredaktion Hagen nimmt Oberbürgermeister Erik O. Schulz Bezug auf die Sporthallen-Debatte in der Stadt, die Entwicklungen am Hengsteysee und den großen öffentlichen Aufschrei zu einer Roteiche am See. Wie das Stadtoberhaupt über die Themen Straßenbahn und sein Ende im Amt, denkt, lesen Sie hier.

Beim Thema Schule bewegt sich in diesen Wochen vieles: Terra 1 in Wehringhausen soll zum Sommer fertig werden, für die Grundschule Södingstraße zeichnen sich Mehrheiten ab und das St.-Marien-Hospital soll Sekundarschule werden. Wo drückt denn jetzt angesichts der Kinderzahlen noch der Schuh?

Ich will nur noch einmal daran erinnern: Als ich vor zehn Jahren den Job übernommen habe, ging es noch um die Schließung von Schulen. Das haben wir mit Spielbrink, Kückelhausen, Regenbogenschule und Astrid-Lindgren-Schule dann ja auch gemacht. Gut, dass wir sie nicht alle sofort verkauft, sondern inzwischen zum Teil sogar wiedereröffnet haben. Außerdem haben wir angesichts des Zustroms an Flüchtlingen, Südosteuropäern und Menschen aus der Ukraine auch viele Anbauten verwirklicht. Zudem mussten wir für den OGS-Bereich zusätzlichen Raum schaffen. Mit den jetzt angesprochenen Projekten kommen wir einen wesentlichen Schritt voran. Und auch im Sportpark am Höing werden wir – wo auch immer – in einen weiteren Schulneubau investieren. Damit ist das Schulthema für die nächsten Jahre noch nicht beendet, denn wir werden auch im Bereich der Förderschulen nachdenken müssen.

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Passt es denn bei den weiterführenden Schulen, wenn diese vielen Grundschüler älter werden oder schlittern wir hier auf die nächste Verlegenheit zu?

Auch wenn der größte Druck im Primarbereich ist, werden wir natürlich ebenfalls im Sek-I-Bereich zeitversetzt agieren müssen. Das St.-Marien-Hospital wird uns da sicher sehr helfen. Man braucht aber kein Prophet zu sein um festzuhalten, dass Schuldezernentin Martina Soddemann auch danach sicher keinen Mangel an Herausforderungen haben wird.

Kita-Eröffnungen wie hier an der Lange Straße konnten in den vergangenen Jahren den enormen Zustrom an Kindern kaum auffangen.
Kita-Eröffnungen wie hier an der Lange Straße konnten in den vergangenen Jahren den enormen Zustrom an Kindern kaum auffangen. © WP | Michael Kleinrensing

Zumal sie auch noch das Thema Kita auf ihrem Tisch hat. Wann wird eigentlich die Stadt Hagen mal wieder eine Kita bauen?

Vielleicht zunächst mal eine Bestandsaufnahme: Wir haben im U3-Bereich im Kita-Jahr 2024/25 derzeit 1400 Plätze und im Ü3-Bereich 5500. Trotzdem scheitern wir an den Betreuungsquoten, die wir uns vor zehn Jahren mal als Ziel gesetzt haben: 38 Prozent U3, 98 Prozent Ü3. Und das, obwohl wir seit 2014 18 neue Einrichtungen gebaut haben. Hinzu kommen umfassende An- und Umbauten an 15 weiteren Standorten sowie 17 neue Großtagespflegestellen, sodass dies in Summe 1900 neue Plätze sind. Wir haben unfassbar viel Gas gegeben und unfassbar viel Geld investiert.Trotzdem ist es wahr: In der Erreichung unserer selbst gesetzten Betreuungsziele stehen wir schlechter da als vor zehn Jahren. Die 1900 neuen Plätze haben also den Zuwachs an Kindern nicht ausgeglichen. In diesem Jahr kommen jetzt die Eröffnungen an der Eppenhauser Straße und an der Wehringhauser Straße sowie drei Anbauten und zwei Großtagespflegestellen hinzu. Für die nächsten Jahre sind zudem 19 weitere Maßnahmen mit 2000 Plätzen geplant. Bei dem Thema hat unsere Haushaltssituation nie eine Rolle gespielt: Das Thema hat was mit Bildung zu tun, mit Teilhabe – wenn wir das jetzt nicht machen, werden wir in zehn Jahren viel Geld investieren müssen, falls diese Kinder nicht Teil unserer Gesellschaft werden. Da gibt es in Hagen – egal ob in Verwaltung oder Politik – auch nur eine Sichtweise.

Mehrere Sichtweisen gibt es hingegen beim Thema Bahnhofsquartier und Westside. Ist es wirklich die klügste aller Lösungen, jetzt für viele Millionen den Werdestraße-Tunnel zu ertüchtigen? Hätten wir statt dieses potenziell neuen Angstraums pünktlich zur Sanierung des Hauptbahnhofes nicht den Gleistunnel-Durchstich angehen müssen?

Man sollte die Lösung Werdestraße nicht unterschätzen. Bei einem Ortstermin waren viele Teilnehmer hinterher erstaunt, welche Möglichkeiten sich dort eröffnen. Realistisch betrachtet wäre die Alternative des Gleistunnel-Durchstichs nicht möglich gewesen, weil die Finanzierung nicht geklappt hätte. Das Geld war nicht da, als die Deutsche Bahn ihre Planung vorantrieb. Das ändert auch nichts an der Tatsache, dass die Westside mit ihrer unmittelbaren fußläufigen Nähe zum Bahnhof von Investoren geschätzt wird und von elementarer Bedeutung ist. Das ist mir auch persönlich bei der Expo-Immobilienmesse in München so gespiegelt worden. Warten wir doch erst einmal ab, wie interessant und attraktiv Investoren den Tunnel Werdestraße mit seinen direkten Verbindungen zu den Gleisen tatsächlich finden. Parallel müssen wir uns städtebaulich natürlich um das Umfeld kümmern. Die Fläche ohne Anbindung weiterzudenken, wäre sicherlich nicht klug.

Idee, wie das neue Westside-Areal gestaltet werden könnte, gibt es bereits reichlich. Doch zunächst geht es um eine zeitgemäße Anbindung der Fläche an das Bahnhofsquartier.
Idee, wie das neue Westside-Areal gestaltet werden könnte, gibt es bereits reichlich. Doch zunächst geht es um eine zeitgemäße Anbindung der Fläche an das Bahnhofsquartier. © Hagen | WIRTSCHAFTSENTWICKLUNG GmbH

Für Aufregung und Ärger hat zuletzt in Hagen das Thema Steinbruch-Erweiterung in Haßley gesorgt, das über eine Berichterstattung der Stadtredaktion aus einer nicht-öffentlichen Vorlage das Licht der Welt erblickte. Ist das vor allem auch ein kommunikatives Problem gewesen?

Ja. Es immer ein kommunikatives Problem, wenn man einen klaren gesetzlichen Rahmen hat, über ein Grundstücksgeschäft nicht öffentlich reden zu dürfen. Man gerät sofort in die Defensive. Wenn ich dort wohnen würde, würde ich auch maximale Transparenz über jeden noch so kleinen Schritt einer solchen Entwicklung haben wollen. Ich verstehe die Verärgerung. Aber es gibt eben klare Vorgaben, und das hat rein gar nichts mit Hinterzimmerpolitik zu tun. Wir haben versucht, der Politik das Ansinnen eines privatwirtschaftlichen Unternehmens zu verdeutlichen, das ein Junktim zwischen einem Grundstücksverkauf und einer Betriebsstättenerweiterung herstellt. Und das muss Politik wissen, wenn sie am Ende sachgerecht entscheiden soll. Wobei ich klar sagen will: Wir haben die Industriefläche im Lennetal noch nicht in unserem Besitz. Es hat bei Lhoist gerade einen Geschäftsführerwechsel gegeben, aber wir suchen gerade den Kontakt, um hier weiter im Gespräch zu bleiben. Wir wollen hier zielgerichtet Wirtschaftsentwicklung in Hagen voranbringen und den Prozess auch steuern können.