Hohenlimburg. Es fährt ein Zug nach Nirgendwo. Seit 23 Jahren warten sie in Hohenlimburg auf eine Gleismodernisierung. Eine Erinnerung an die Bahn.
Liebe Deutsche Bahn, ich melde mich von Gleis 2 des Hohenlimburger Bahnhofs. Ich habe nicht die Hoffnung, dass diese Zeilen irgendetwas beschleunigen, aber Öffentlichkeit herstellen ist meine Aufgabe. So wie ihre der Transport von Menschen von A nach B ist. Möglichst pünktlich - dieses oft hervorgeholte Defizit soll hier keine Rolle spielen - und für möglichst alle. Das aber, liebe Deutsche Bahn, geht hier nicht. Ich sage mal ganz vage: seit Ewigkeiten. Sie kennen den Fall seit 23 Jahren. Eine persönliche Kommentierung auf Grundlage einer Resolution der Fraktionen von CDU und Bürger für Hohenlimburg sowie der Einzelvertreter SPD, der Grünen und Hagen Aktiv in der Bezirksvertretung Hohenlimburg an die Deutsche Bahn.
Der Bummelzug der Deutschen Bahn
Seit 2011 ist Gleis 1 ja in Schuss. Also in Fahrtrichtung Hagen. Gleis 2 aber hat viel von Michael Endes unendlicher Geschichte. Sie müssen sich das mal aus der Vogelperspektive vorstellen. Menschen mit Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen oder Gehbehinderung müssen aufgrund der fehlenden Barrierefreiheit des Gleises, von dem ich ihnen schreibe, zunächst von Gleis 1 bis zum Hagener Hauptbahnhof fahren und dort umsteigen, um ihr eigentliches Ziel in Fahrtrichtung Iserlohn/Siegen ansteuern zu können. So alt wie das Problem ist, sind auch ihre Bekundungen, Barrierefreiheit herzustellen. Sie selbst, mit Verlaub, setzen da den Bummelzug ein.
Jahre ziehen ins Land
Unsere Stadt hat ganz sicher auch vieles verschlafen in Sachen Bahnhöfe und auch der Verkehrswende im Allgemeinen. Aber hier hatte sie schon 2001 Kontakt zu ihnen aufgenommen. Im Rahmen des Förderprogramms „100 Bahnhöfe“ mit Blick auf einen behindertengerechten Zugang zu den Bahnsteigen. Das Programm wurde letztlich nicht umgesetzt - das Thema ist aber seitdem auf dem Tisch. Seit 23 Jahren.
Seitdem wurden E-Scooter erfunden, vollelektrische Autos marktfähig gemacht, Hybrid-Busse eingesetzt, ich bin von 17 auf 40 Jahre gealtert, wir wurden Fußball- und Basketball-Weltmeister und die Eingemeindung Hohenlimburgs war zwischenzeitig 30, 40 und 50 Jahre her.
Auch interessant
Ankündigungen über Ankündigungen
2006 hat man wieder gesprochen, woraufhin die „DB Station & Service AG“ mitteilte, dass sie ab 2008 entsprechende Maßnahmen zur Finanzierung anmelden könne – eine Realisierung sei jedoch ungewiss. Zu einer Umsetzung kam es auch in diesem Falle nicht. Ab 2014 entwickelte sich der Prozess um die Barrierefreiheit des Mittelbahnsteigs zu einer schier unendlichen Geschichte: In jenem Jahr teilte die Deutsche Bahn mit, dass der Hohenlimburger Bahnhof im Programm „Modernisierungsoffensive 2“ berücksichtigt werde und im Jahr 2017 3,2 Millionen Euro für die Schaffung der Barrierefreiheit in Hohenlimburg investiert würden.
Immer wieder verschoben
Potzblitz, das war mal eine Nachricht! Der schangelige Bahnhof im neuen Licht. Hoffnung keimte auf. Gut, dann kamen die ersten Verschiebungen. Doch nicht 2017, erst 2019. Dann noch mal: Korrektur auf 2020. 2020 dann wieder Aufschub: bis 2023. 2023 stellten Vertreter ihres Hauses dann die Pläne für den Bahnhofsumbau in der Bezirksvertretung Hohenlimburg vor: Dabei sollen zwei Aufzug- und Treppentürme an der Boeing-Brücke errichtet und mit einem Steg über den Gleisen verbunden werden, um so die Barrierefreiheit sicherzustellen. Als Baubeginn avisiert sei das Jahr 2024.
Auch der Petitionsausschuss war beteiligt
Unsere Zeitung musste dann im vergangenen Mai mal wieder aufschreiben, dass sich der Bau wieder verzögern wird. Die Planungen zur Anbindung der Brücke, so erklärten Sie uns, seien voraussichtlich im Sommer 2025 abgeschlossen.
„Der Petitionsausschuss hat zur Kenntnis nehmen müssen, dass nach Darlegungen der Deutschen Bahn AG die Errichtung eines neuen Bahnsteigs entlang der Straße ‚Untere Isenbergstraße‘ technisch nicht möglich ist. Der Ausschuss erwartet von der Deutschen Bahn AG, dass die Barrierefreiheit in Fahrtrichtung Iserlohn auf andere Weise schnellstmöglich hergestellt wird.“
Der Bürgerverein Wesselbach hat 2012 - vor zwölf Jahren - eine Petition an den Landtag Nordrhein-Westfalen gerichtet. Nach einer Besichtigung des Hohenlimburger Bahnhofs fasste der Petitionsausschuss im Oktober 2013 folgenden Beschluss: „Der Petitionsausschuss hat zur Kenntnis nehmen müssen, dass nach Darlegungen der Deutschen Bahn AG die Errichtung eines neuen Bahnsteigs entlang der Straße ‚Untere Isenbergstraße‘ technisch nicht möglich ist. Der Ausschuss erwartet von der Deutschen Bahn AG, dass die Barrierefreiheit in Fahrtrichtung Iserlohn auf andere Weise schnellstmöglich hergestellt wird.“
Was heißt schon „schnellstmöglich“?
Nun „schnellstmöglich“ ist ja immer so eine Sache. Wenn ich zuhause ankündige, „schnellstmöglich“ den Müll rauszubringen, kann es manchmal Abend werden. Manchmal auch der nächste Tag. Wenn die Kinder „schnellstmöglich“ Hausaufgaben machen, dann kann das eine lange Veranstaltung werden. Und mit dem wahrhaftig schnellen Anrollen von Baggern zu Bauprojekten ist es auf diesem Stadtgebiet - egal ob mit Bahnbeteiligung oder ohne - noch nie etwas geworden. Das ist kein unkonstruktiver Vorwurf an Sie. Nur Erfahrungen aus persönlichen Beobachtungen.
Mehr aus Hagen und Breckerfeld
- Traditionswerkstatt wird 100 Jahre alt
- Rekordzahl an Ladendiebstählen in Hagen
- Ein Besuch in der Burg Hohenlimburg an der Lenne
- Sorge um das einzige Café mit Blick auf den Fluss
- Eintracht sorgt für Klarheit mit Rechtsaußen
- Schnullerketten und Matschhosen: Junge Mama verkauft im Netz
- 62-Jährige klebt Kennzeichen ab: Will nicht geblitzt werden
- Rathaus-Galerie: Ein weiteres Geschäft zieht aus
- Angehender Radprofi kämpft mit vielen Rückschlägen
- Kirmes Breckerfeld: So will die Stadt das Chaos verhindern
In Oberhagen tut sich ja was
Es ist manchmal nicht ganz leicht für Hohenlimburg. Generell gibt es hier das Gefühl, manchmal nicht richtig gehört zu werden. Ein paar Meter weiter weg im Hagener Stadtgebiet, am bisherigen Schmuddel-Bahnhof Oberhagen, sieht man indes, dass wirklich etwas passieren kann. Da werden nach Jahrzehnten des Mahnens und Klagens nun die Bagger anrollen. Auch für den Hagener Hauptbahnhof steht eine Modernisierung an. Der 1859 eröffnete Hohenlimburger Bahnhof muss indes warten.
Bahnhofsviertel modernisiert
Ich schreibe nicht nur, um zu motzen. Ich habe ja selbst gesehen, wie 2011 das Bahnhofsviertel in Hohenlimburg umgebaut wurde. Neues Bahnhofsgebäude, das schäbige Parkhaus über dem alten Busbahnhof weg, ein neuer Seitenbahnsteig anstelle des Empfangsgebäudes für barrierefreien Zugang zur Bushaltestelle. Das ist ja nicht nichts. Aber wenn der Umstieg auf die Schiene noch flotter vonstattengehen soll, dann, liebe Deutsche Bahn, sind Sie nun am Zug.
Mit besten Grüßen von Gleis 2 in Hohenlimburg. Ich hoffe, wir sprechen nicht erst wieder in 23 Jahren.