Vorhalle. In die weltweit bedeutende Fundstelle führt nun ein Fuß- und Radweg zu einer berühmten Stelle. Es geht um die Entstehung der Welt.
Wo die Welt vorher zu enden schien, ist jetzt ein Fuß- und Fahrradweg. Wo höchstens eingefleischte Vorhaller wussten, dass es hier in den alten Ziegelei-Steinbruch der „Vorhaller Klinkerwerke Schütte und Tücking“ ging, öffnet sich nun der Weg zu einer weltweit einzigartigen Stelle. Umweltamt, Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft und Geopark Ruhrgebiet haben gemeinsame Sache gemacht und zum ersten Mal seit über 40 Jahren einen öffentlichen Weg in den Vorhaller Steinbruch geschaffen.
Vom Sporbecker Weg aus, an der Bushaltestelle Ziegelei, geht es auf einem asphaltierten Weg nun hinein in den Steinbruch. Nach etwa 150 Metern biegt ein (noch) unbefestigter Weg ab. Noch, weil auch dieser Weg noch hergerichtet wird. Er ist aktuell aber sehr gut begehbar. Man fühlt sich klein. Man steht mitten in der alten Abbaubaugrube. Junge Buchen versuchen vom Boden empor zu wachsen, schaffen es gerade auf Kniehöhe. Oben rechts, Richtung „In den Erlen“, wo früher schroffe Abbruchkante war, steht jetzt das Neubaugebiet Steinbruch Süd. Ansonsten hat die Natur die Szenerie im Griff.
Weitere knapp 200 Meter weiter ist man am Ziel. Man steht vor der Kersbergwand, ein geologisch weltweit bedeutendes Naturdenkmal. Millionen Jahre alte Spuren der Tektonik lassen sich daran ablesen. Sie ist benannt nach dem Hagener Professor Herbert Kersberg (1928 bis 2012), der sich dafür einsetzte, dass die tektonisch und paläontologisch bedeutsame Nordost-Wand des Steinbruchs unter Schutz gestellt wurde. Die Tonsteinschichten stammen aus der Oberkarbon-Zeit (vor 318 Millionen Jahren). Sie entstanden vollständig im Meer. Genauer: an dieser Stelle in einem Delta, in dem süßes Flusswasser und salziges Meerwasser zusammenkamen. Deshalb fanden sich auch ganze Baumstämme als Treibgut aus jener Zeit hier.
Das Gelände rund um die Wand, die nach Jahren des Ideenstatus nun endlich erlebbar ist und mit Tafeln erklärt wird, ist die bedeutendste Fundstelle der Welt, was versteinerte Insekten und Gliedertiere angeht. Bis 1986 wurde zur Klinkerherstellung hier noch abgebaut. Zwischen 1990 und 1997 gruben Top-Archäologen hier riesige Schätze in langen Kampagnen aus. Nach dem ersten Fund eines Geißelskorpions im Jahr 1982 führte das Westfälische Museum für Naturkunde die Grabungen durch. Es wurden Fossilien geflügelter Insekten gefunden - mit einer Spannweite von über 30 Zentimetern. Für Geologen gerade so, als hätte man den Heiligen Gral entdeckt. Der erste Nachweis flugfähiger Insekten auf dem Planeten. Vergleichbar, wie Archäologen sagen, mit dem Fund des Archäopterix.
Seit 2006 ist der Steinbruch Natur- und Bodendenkmal und Nationales Geotop. „Es ist ein toller Moment, zu sehen, dass er nun begehbar ist“, freut sich Volker Wrede, Vorsitzender von Geopark Ruhrgebiet. Und verweist gleich mit darauf, dass er durch die Öffnung für die Öffentlichkeit nun auch „ewiger Pflege“ bedarf. Wrede rät - auch Nicht-Geologen - zum Spaziergang in den Steinbruch hinein. Allein, um vor der Kersbergwand mit eigenen Augen die Entstehungsgeschichte der Welt sehen zu können.
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Vor 317 Millionen Jahren lag Hagen an der Stelle, an der sich heute Nordafrika befindet. Auf dem Gebiet der Stadt entstand in jener Zeit eine Lagunenlandschaft. Genau diese Phase ist im Vorhaller Steinbruch dokumentiert. Nun erlebbar bei einem Spaziergang oder einer kleinen Radtour.