Vorhalle. . Die zerklüftete Kersbergwand ist eine einzigartige Fossilien-Fundstätte. Nicht weit entfernt gibt es das letzte Vorkommen der Kreuzkröte in Hagen.
Vor 317 Millionen Jahren lag Hagen an der Stelle, an der sich heute Nordafrika befindet. Auf dem Gebiet der Stadt entstand in jener Zeit eine Lagunenlandschaft. Genau diese Phase ist im Vorhaller Steinbruch dokumentiert, dort wurden bei Grabungen 16.000 Fossilien gefunden.
Trotz dieser immensen geologischen Bedeutung, die dem Steinbruch mit der beeindruckenden Kersbergwand nach Ansicht von Experten ein weltweites Alleinstellungsmerkmal verleiht, ist das Gebiet weder geschützt noch als Besuchermagnet ausgewiesen.
Veräußerung an RVR geplant
Wilhelm Bögemann, Vorsitzender des Naturschutzbeirates in Hagen, hält diese Haltung für unverantwortlich: „Hier befindet sich ein wunderbares Naturdenkmal, und im Hagener Rathaus glänzt man mit Desinteresse.“
Dabei gibt es längst Pläne, wie das Gelände zukünftig zu gestalten ist. Die Stadt bzw. die Hagener Erschließungsgesellschaft (HEG), der das Grundstück gehört, steht in Verhandlungen über eine Veräußerung des Geländes an den Regionalverband Ruhr (RVR). Die Behörde in Essen verfügt über finanzielle Möglichkeiten, die der Stadt Hagen fehlen und könnte den aufgelassenen Steinbruch touristisch erschließen.
Schau- und Infotafeln
Dazu gehört, die Kersbergwand mit ihren einmaligen paläontologischen Funden vor unbefugtem Betreten und Beklettern zu sichern, dafür jedoch eine Art Aussichtspunkt samt Schau- und Informationstafeln zu schaffen. Sollten weitere Fossilien, darunter Muscheln, Krebse, Insekten, Fische und Pflanzen, entdeckt werden, sollen sie im Museum des Werdringer Wasserschlosses ausgestellt werden, wo bereits einige der früher geborgenen Präparate lagern (die meistens wurden allerdings ins Museum für Naturkunde nach Münster geschafft).
„Beabsichtigt ist auch, Museum und Steinbruch durch einen Fuß- und Radweg miteinander zu verbinden“, gibt Ralf-Rainer Braun, Umweltamtsleiter der Stadt Hagen, einen Einblick in die Planungen. Der RVR hat zudem ganz andere Möglichkeiten als die Stadt, den Steinbruch als international bedeutende geologische Fundstelle bekannt zu machen.
Dass das Projekt nicht so recht vorankomme, habe mit fehlender Wertschätzung in der Stadtverwaltung nichts zu tun, sagt Braun und gibt zu bedenken: „Den meisten Hagenern ist wahrscheinlich nicht bekannt, dass wir mit dem Steinbruch über ein weltweites Alleinstellungsmerkmal verfügen.“ Vordringliche Aufgabe müsse es sein, das Gelände an den RVR zu verkaufen.
Gelände muss gerodet werden
Erst danach kann auch eine zweite Schutzmaßnahme in Angriff genommen werden. Im Steinbruch, in dem die Vorhaller Klinkerwerke bis 1989 Ziegel produzierten, befindet sich das letzte Vorkommen von Kreuzkröten auf Hagener Gebiet. Diese Amphibien benötigen nicht zugewachsene Bodenbereiche und Steine mit kleinen Tümpeln und Pfützen, die als Laichgewässer dienen.
Genau diesen Ansprüchen wird das Areal in Vorhalle gerecht. „Für das menschliche Auge mag es sich um eine unansehnliche Schutthalde mit ein paar Tümpeln handeln, für die Kreuzkröte ist es der perfekte Lebensraum“, sagt Ralf Blauscheck, Leiter der Biologischen Station in Hagen.
Kein Geld für notwendige Rodung
Deshalb müsse das Gelände regelmäßig gerodet bzw. von Bewuchs befreit werden, sonst werde die Kröte bald auch hier verschwinden. Für diese Arbeit würden der Biologischen Station jedoch keine Geldmittel zur Verfügung gestellt, weshalb auch Blauscheck darauf setzt, dass der RVR diese Aufgabe bald übernimmt.
Eigentlich sind sich alle Beteiligten einig, dass es sich beim Vorhaller Steinbruch um ein Kleinod handelt, das unbedingt geschützt werden muss. Den Worten müssen jetzt nur noch Taten folgen.