Vorhalle. Die Kersbergwand im Vorhaller Steinbruch ist zwar unter Geologen in der ganzen Welt berühmt, doch die Behörden lassen das Denkmal verkommen.
Beobachter könnten zynisch bemerken, dass das Thema bald so alt ist wie die Fossilien aus dem Vorhaller Steinbruch selbst. Etwas hoffnungsvoller könnte man hingegen meinen, dass die verantwortlichen Betriebe und Institutionen irgendwie an der Sache dran sind. Tatsache ist: Die unter Geologen weltberühmte Kersbergwand im Vorhaller Steinbruch, der eine Fossilien-Fundstelle von Weltrang ist, wuchert schlichtweg zu. Es liegt ein Schatz vor den Augen der Menschen, den niemand sieht und der weiterhin unerklärt bleibt.
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Diplom-Geologin Antje Selter schlug dieser Tage Alarm. „In Broschüren über Hagen wird die ehemalige Ziegelei in Vorhalle als Sehenswürdigkeit angepriesen, die man zu Fuß oder per Rad besuchen sollte. Am Tag des Geotops, jedes Jahr der dritte Sonntag im September, werden Führungen in verschiedenen Geotopen in Deutschland kostenfrei angeboten. In diesem Jahr wird diese Führung in Vorhalle wahrscheinlich ausfallen müssen, wenn man weiterhin diese Sehenswürdigkeit so vernachlässigt.“
Örtlichkeit nicht zu finden
Wegen fehlender Beschilderung finde der interessierte Besucher die Örtlichkeit nicht, auch sei der Trampelpfad zur Kersbergwand recht beschwerlich. Derzeit sei von der Wand vor lauter Bäumen nichts mehr zu sehen. Größere Bäume und Sträucher wüchsen in der Wand, so dass die geologischen Merkmale nicht mehr lange existierten, wenn diese nicht entfernt würden: „Es ist eine Schande, wie dieses Bodenschutzdenkmal langsam verfällt.“
Im Frühjahr 2019 sei bei einem Ortstermin mit den zuständigen Ämtern der Stadt Hagen sowie beteiligten Institutionen besprochen worden, dieses Projekt herzurichten, berichtet Selter. Wilhelm Bögemann erklärte bereits Ende 2018 als Vorsitzender des Naturschutzbeirates in Hagen: „Hier befindet sich ein wunderbares Naturdenkmal, und im Hagener Rathaus glänzt man mit Desinteresse.“
Gutachten liegt längst vor
Dabei gab es längst Pläne, wie das Gelände zukünftig zu gestalten sein sollte. Die Stadt bzw. die Hagener Erschließungsgesellschaft (HEG), der das Grundstück gehört, stand schon damals in Verhandlungen über eine Veräußerung des Geländes an den Regionalverband Ruhr (RVR). Bis heute stockt die Sache aber. Dabei hat der Verein Geopark Ruhrgebiet bereits ein Gutachten nebst Empfehlung vorgelegt, wie die weltberühmte Kersbergwand für Besucher erlebbar gemacht und der Steinbruch, der seit 2006 Nationales Geotop ist, insgesamt attraktiviert werden kann.
Die Kersbergwand ist ein geologisch weltweit bedeutendes Naturdenkmal. Millionen Jahre alte Spuren der Tektonik lassen sich daran ablesen. Sie ist benannt nach dem Hagener Professor Herbert Kersberg (1928 bis 2012), der sich für die Unterschutzstellung der tektonisch und paläontologisch bedeutsamen Nordost-Wand des Steinbruchs einsetzte.
Behörden-Gezänk
Bislang konnte zwischen dem Steinbruch-Eigentümer, der HEG, dem Regionalverband Ruhr, der Stadt und Geopark noch keine Einigung erzielt werden. Bei der HEG heißt es auf Nachfrage, man stehe in Gesprächen mit dem RVR wegen einer Übernahme des Steinbruch-Areals durch den Verband. Beim RVR erklärt man ebenfalls, dass man sich in Gesprächen befinde. Ein Freischnitt der Wand läge aber in der Verantwortung der HEG. Die wiederum, so heißt es dort, werde das nur tun, wenn alle Fragen in den Gesprächen geklärt seien. Geologie-Freunde werden sich also weiter gedulden müssen, ehe der Vorhaller Steinbruch touristisch in Szene gesetzt werden kann.
Ein Teil des Radweges
Im Vorhaller Steinbruch selbst mag sich zwar sichtbar noch nichts tun, doch die Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG) treibt die Planungen voran. Das seit vielen Jahren geplante, aber bislang nie umgesetzte Radweg-Projekt von Eckesey durch den Vorhaller Steinbruch Richtung Wetter wird zumindest auf Vorhaller Seite bald Wirklichkeit werden. Dort baut die HEG im Zuge des Neubaugebiets Steinbruch ihren Teil des Radweges. „Wir möchten gerne dieses Jahr noch mit den Bauarbeiten beginnen“, sagt HEG-Chef Joachim Bihs.
Um von Eckesey in Richtung Vorhalle zu kommen, soll es gemäß der Idee unter den Gleisen der Märkischen Bahn an der Becheltestraße, entlang der Kante des hinter der Anhöhe liegenden Vorhaller Steinbruchs und entlang der ehemaligen Reichsbahntrasse bis in den Vorhaller Ortskern gehen. Später sogar bis zum Museum für Ur- und Frühgeschichte in Werdringen, wo Fossilien aus dem Vorhaller Steinbruch ausgestellt sind.
Aktuell gibt es Probleme
Die HEG baut den Radweg durch das Baugebiet am Steinbruch zwischen Sporbecker Weg und Kersbergwand, die dadurch vernünftig angebunden und erlebbar werden soll. Richtung Eckesey ist die Stadt wiederum am Zug. Doch dort gibt es aktuell Probleme. „Die Bahnquerung durch den Tunnel unterhalb der Märkischen Bahn ist ein großes Problem, da diese unmittelbar vor einem Steilhang endet“, erklärt Franziska Michels für die Stadt Hagen. Ein nicht versetzbarer Mast der Bahn sei eine weitere Hürde. Michels: „Der Tunnel ist somit ungeeignet und es muss Ersatz geschaffen werden, um die Wohngebiete in Vorhalle radtechnisch gut anzubinden.“ Die Planungen dazu würden laufen.