Hohenlimburg. Paukenschlag in Hohenlimburg. Hier gibt es die erste Sahra-Wagenknecht-Fraktion der Stadt. Mit dabei: Ex-Genosse Mark Krippner.

Nun haben sie es also getan. Wie berichtet, waren Mark Krippner, einstiger SPD-Fraktionschef im Hagener Rat und Bezirksvertreter Fuat Aker neben einem Dutzend anderer Genossen kürzlich aus der SPD ausgetreten. Was sich bereits anbahnte, ist jetzt vollzogen. Krippner und Aker schließen sich dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) an, das es erst seit vergangenem Januar gibt und das - ebenfalls durch Übertritte - im Bundestag und in Landesparlamenten bereits vertreten ist. Der ehemalige Düsseldorfer Oberbürgermeister und BSW-Spitzenkandidat zur Europawahl, Thomas Geisel, machte sich am Mittwochabend extra auf den Weg nach Hohenlimburg, um den in der SPD zuletzt als isoliert zu bezeichnenden Bezirksvertretern Krippner und Aker als „Gebursthelfer“ zur Seite zu stehen, wie er selbst sagt.

Große Bauchschmerzen bei Austritt

Das bekannteste Gesicht der jungen Partei, Sahra Wagenknecht, war jahrelang Frontfrau der deutschen Linken neben Gregor Gysi. Ihr Austritt brachte die Abspaltung ins Rollen und wirkt hinein bis in lokale Räume. So auch nach Hohenlimburg. Mark Krippner äußerte sich zuletzt gegenüber unserer Zeitung so: „Ich gehe nicht im Groll, aber mit großer Enttäuschung. Die Entscheidung, die SPD, zu verlassen, hat mir große Bauchschmerzen bereitet. Ich bin sozialdemokratisch geprägt und war 27 Jahre in der SPD.“ Seit dem Jahr 2020 ist er mit einem Versicherungsbüro in Letmathe selbstständig, nachdem er zuvor 29 Jahre bei der Enervie gearbeitet hatte.

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Ein Frieden ohne Wert

Und weiter sagte Krippner: „Es hat nicht vordergründig damit zu tun, dass mich die SPD 2016 fallen lassen hat. Das ist acht Jahre her. Ich persönlich kann da gut einen Haken dran machen. Ich merke aber, dass von dem Frieden und den Vereinbarungen, die ich unter anderem mit Timo Schisanowski vor zwei, drei Jahren geschlossen habe, nicht viel übrig ist. Ich sollte politisch rehabilitiert werden und wir wollten friedlich zusammenarbeiten.“ Hagens SPD-Chef und Bundestagsabgeordneter Timo Schisanowski hatte dazu gesagt: „Mark Krippner ist seit unserem Friedensgespräch stellvertretender Vorsitzender des Parteirats im Unterbezirk geworden. Der Frieden, den wir vereinbart hatten, ist auch praktiziert worden.“

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„Ich bin stolz darauf, beim ersten Schritt in Hagen unterstützt zu haben. Nun wird das Bündnis Sahra Wagenknecht hier eine Rolle in der Kommunalpolitik spielen.“

Thomas Geisel,

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Als Fraktionschef 2016 abgewählt

2016 war Mark Krippner von seiner Partei als Fraktionschef im Hagener Rat abgewählt worden. Vorausgegangen war eine monatelange Debatte um seine Person. Die Stadtkanzlei von Oberbürgermeister Erik O. Schulz hatte bei einer Überprüfung der Abrechnungspraxis bei den Hagener Kommunalpolitikern den Anspruch auf Verdienstausfall-Erstattungen bei Krippner kritisiert. Dabei sollte es sich vorzugsweise um Bürotätigkeiten, Hintergrundgespräche oder auch Repräsentationstermine gehandelt haben, die Kripp­ner zu Unrecht bei seinen Stundenabrechnungen geltend gemacht haben soll. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen später eingestellt. Ein bewusster Betrug Krippners konnte nie festgestellt werden.

Geisel und Krippner mit ähnlichem Schicksal

Das liegt nun hinter ihm. Nun ist er Teil von BSW und bildet mit Fuat Aker eine BSW-Fraktion in der Bezirksvertretung Hohenlimburg. „Ich bin stolz darauf, beim ersten Schritt in Hagen unterstützt zu haben. Nun wird das Bündnis Sahra Wagenknecht hier eine Rolle in der Kommunalpolitik spielen.“ Geisel und Krippner eint, wenn man so will, das gleiche Schicksal. Beide haben nach vielen Jahren die SPD verlassen. Der SPD werde er nach 40 Jahren den Rücken kehren. Nach WDR-Recherchen warf Geisel seiner ehemaligen Partei vor, „Identitätspolitik an die Stelle einer Politik der Chancengerechtigkeit zu setzen.“ So sei nicht mehr die individuelle Leistung für die Verteilung staatlicher Funktionen und gesellschaftlicher Ressourcen maßgeblich, „sondern Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder sexuelle Identität und Orientierung“.

„Das Ziel muss es jetzt sein, bei der nächsten Kommunalwahl als BSW anzutreten“

Mark Krippner

Nachtreten in Düsseldorf

Von 2014 bis 2020 regierte er in Düsseldorf als OB, galt dort als umstritten. Nach seiner Abwahl soll er sich laut Landes-SPD bemüht haben, wieder als OB in Düsseldorf zu kandidieren. Die SPD Düsseldorf würdigt offiziell sein Wirken, erklärt öffentlich aber auch: „Seine Kandidatur ist weder formal noch inhaltlich mit seiner bisherigen Mitgliedschaft in der SPD vereinbar. Sahra Wagenknecht und ihr Bündnis stehen an der Seite des verbrecherischen Putin-Regimes.“ In der Tat wirbt Sahra Wagenknecht immer wieder öffentlich für einen anderen Umgang mit Russland und für Waffenstillstandsverhandlungen. Gegenüber der FAZ sagte Wagenknecht: „Er (Putin) sagt, wenn die Ukrainer in einem eigenen Staat leben wollen, dann sollen sie das tun. Und, dass er verhandeln will.“

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„Pragmatisch links orientiert“

Mark Krippner sieht sich selbst als „pragmatisch links“ orientiert, weswegen die Anknüpfungspunkte an BSW auch da seien. Der ehemalige Hagener SPD-Ratsherr Andreas Kroll und eben Thomas Geisel, in dessen Wohnzimmer Krippner schon gesessen habe, hätten ihn an BSW herangeführt. Andreas Kroll gab im Jahr 2016 sein Ratsmandat nach internen Grabenkämpfen innerhalb der SPD zurück. Er warf öffentlich nicht mit Schmutz, sagte damals eher augenzwinkernd: „Wenn Leute meinen, sie könnten so einen blöden Kampf gewinnen, verliert am Ende die Partei. Selbst wenn Mutter Teresa uns führen würde.“ Kroll galt in seinem Wahlkreis Kabel-Bathey und Garenfeld als hoch engagiert. In der CDU-Hochburg war es ihm sogar gelungen, den Wahlkreis zu gewinnen. Nun ist auch er BSW-Unterstützer.

Nachrücker „ohne Interesse“

Mark Krippner könne die Kritik jener verstehen, die sagen, dass man nicht so einfach die Partei wechseln könne, wenn man von ihr über eine aufgestellte Liste in die Bezirksvertretung gehievt wurde. Aber: Zum einen würde er die Nachrücker-Kandidaten kennen und traue ihnen kein großes Interesse an der Arbeit in Hohenlimburg zu. Zum anderen seien viele von denen, die ihm damals auf die Wahlliste geholfen hätten, auch ausgetreten und würden seinen Übertritt unterstützen.

Darüber hinaus habe es „gar nichts aus der Partei“ gegeben, so Krippner. Niemand habe sich bei ihm gemeldet, ihn auch nicht aufgefordert, den Platz in der BV zurückzugeben. „Das Ziel muss es jetzt sein, bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr anzutreten“, sagt Mark Krippner. Um flächendeckend in allen Wahlkreisen unter BSW-Flagge antreten zu können, werden 25 bis 30 Leute benötigt. An einem BSW-Unterstützer-Stammtisch, der sich regelmäßig bei „Irmchen“ (Braustube am Remberg) trifft, kommen so viele Leute laut Mark Krippner durchschnittlich zusammen.

Die SPD wird bis dahin mit der Einzelvertreterin Nadine Brandstätter in der Bezirksvertretung Hohenlimburg verbleiben. Eine Fraktion gibt es dort nun nicht mehr.