Fröndenberg. Mit der letzten Ratssitzung 2024 reden die Fraktionschefs in Fröndenberg nochmals Tacheles. Am Kreis Unna lassen die Politiker kein gutes Haar.

Zum Jahresende knallt es in Fröndenberg nochmal. Zumindest politisch. Schuld ist vor allem die angespannte Haushaltslage in der Ruhrstadt. Für die Fraktionsvorsitzenden gibt es gleich mehrere Schuldige an der Misere der klammen Kommunen. Das Defizit von fünf Millionen Euro im kommenden Jahr ist dabei nur der Beginn einer regelrechten finanziellen Talfahrt in Fröndenberg.

Angespannte Haushaltslage in Fröndenberg

Dass es in den kommenden Jahren alles andere als gut aussieht für die Ruhrstadt, das ist bereits seit gut sechs Wochen abzusehen. Denn als Kämmerer Heinz-Günter Freck und der Teamleiter der Finanzabteilung, Peter Holterhöfer, die Eckpunkte des Haushaltsplans Anfang November 2024 vorstellten, da stand fest: Es wird ernst. Seither scheint die Finanzabteilung in Zusammenarbeit mit den Fraktionen im Stadtrat allerdings nochmal den Rotstift angesetzt zu haben. Unterm Strich bleibt trotzdem ein Minus von gut fünf Millionen Euro. Mittelfristig wird sich dieser Trend wohl fortsetzen. Helfen wird da auch nicht die Ausgleichsrücklage, also der Notgroschen der Stadt. Denn die Rücklage wird nach aktuellem Stand bereits Ende 2026 aufgebraucht sein, immerhin gut 12 Millionen Euro. Für eine Stadt der Größe Fröndenbergs eigentlich eine ansehnliche Summe.

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Doch mit dem grundsätzlichen Problem steht Fröndenberg keinesfalls alleine da. Laut Städtetag NRW schaffen es gerade einmal 18 von 350 Kommunen, einen ausgeglichenen Haushalt für 2025 aufzustellen. Gründe für die klammen Kassen hatte Kämmerer Heinz-Günter Freck bereits benannt, allen voran den Kreis Unna mitsamt den fälligen Kreisumlagen. „Von jedem Euro Einnahme in 2025 führen wir 55 Cent gleich wieder ab, nur an den Kreis“, rechnete Freck seinerzeit vor. Wenngleich der Haushalt genehmigungspflichtig ist, komme Fröndenberg um eine Haushaltssicherung noch einmal herum.

SPD, CDU, Grüne: Viele Krisen, wenig Lösungen

Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich der Großteil der Ratsfraktionen sprichwörtlich auf den Kreis Unna eingeschossen hat. Trotz zunehmender „und sich überlagernder“ Krisen gelte es für die SPD, die Stadt weiterzuentwickeln - „und all das vor dem Hintergrund knapper werdender finanzieller Ressourcen“, wie Fraktionschef Klaus Böning betont. Für die Sicherheit der Fröndenberger müsse der Rat trotzdem weiter Sorge tragen, etwa durch die Umsetzung des Starkregenrisikomanagementkonzepts. „Die im Haushalt hinterlegten 500.000 Euro sind hier ein Starterpaket“, konstatiert Böning. Bekanntlich leiden vor allem Dellwig, Neimen oder das Löhnbachtal seit 2020 regelmäßig unter Wassermassen, die sich durch die Straßen wälzen, Gerümpel inklusive.

„Der Hilferuf der Kommunen an Bund und Land verhallt im Wald der Überforderungen.“

Klaus Böning
SPD-Fraktionsvorsitzender

Hinzu kämen Großinvestitionen in Grundschulen und Gesamtschule sowie der Ausbau der Feuerwehrgerätehäuser. Dass die Kommune bei all den Aufgaben allein gelassen wird, sorgt zumindest für Kopfschütteln bei den Sozialdemokraten. „Der Hilferuf der Kommunen an Bund und Land verhallt im Wald der Überforderungen“, betont Böning in seiner Haushaltsrede. Gleichzeitig begründet er das Nein seiner Fraktion zu differenzierten Hebesätzen bei der Grundsteuer. Ein Zankapfel, der im späteren Sitzungsverlauf noch für einen Eklat sorgen sollte (ausführlicher Bericht folgt). Bekanntlich sind die Grundsteuern die größte Stellschraube für zusätzliche Einnahmen der Kommunen.

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CDU-Fraktionsvorsitzender Gerd Greczka warnt im Zuge der Haushaltsdebatte vor zu viel Populismus - und zitiert prompt den wiedergewählten US-Präsident Donald Trump. Gleichwohl: In Zeiten politischer Unwägbarkeiten dürfe man sich auch in Fröndenberg nicht von der Angst leiten lassen. „Der vorliegende Haushaltsentwurf 2025 zeigt deutlich, wie schwierig die Lage geworden ist.“ Einen Seitenhieb auf die Konkurrenz im Stadtrat lässt sich Greczka dann aber ebensowenig nehmen. „Politisch klug ist es aus Sicht der CDU-Fraktion, das zu tun, was man sagt und nur das zu versprechen, was man auch halten kann. Gegenteilig verhält es sich, wenn versucht wird, mit politischen Anträgen nur für Show-Effekte zu sorgen.“

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Er meint zum einen den SPD-Vorstoß für eine Kita statt Flüchtlingsunterkunft in Strickherdicke und zum anderen eine Geldentnahme aus dem Abwasserbetrieb – zur Entlastung der Bürger. Beides aus Sicht der Christdemokraten reine Gedankenschlösser, die realpolitisch nicht umsetzbar seien. „Man könnte fast sagen: Je mehr solche Anträge, desto geringer sind Faktenwissen und Substanz in der Überlegung. Mit solchen Show- und Klamauk-Anträgen bringen Sie vielleicht ihre unmittelbaren Sympathisanten zum Johlen, aber erreichen keinerlei Verbesserung bei der Zukunfts- und Krisenfähigkeit unserer Stadt“, so Greczka. Ein maßgeblicher Kostentreiber aus Sicht der Ruhrstadt seien unbestritten die Kreisumlagen. „Gleichzeitig verweigert der Kreistag unter rot-grüner Mehrheit jede auch nur minimale Reduzierung von Standards und freiwilligen Leistungen, während unsere Stadt dadurch zunehmend handlungsunfähig wird“, moniert Greczka. In puncto Grundsteuer allerdings stehen CDU und SPD auf derselben Seite (Bericht folgt).

„Politisch klug ist es aus Sicht der CDU-Fraktion, das zu tun, was man sagt und nur das zu versprechen, was man auch halten kann.“

Gerd Greczka
CDU-Fraktionschef

Dass „Städte und Gemeinden in Deutschland im Grunde seit Jahrzehnten strukturell unterfinanziert“ seien, könne man laut Grünen-Fraktionschef Martin Schoppmann „nicht oft genug wiederholen“. Die größten Treiber der Misere lägen daher bei Bund und Land - und damit außerhalb der Zuständigkeiten der Ruhrstadt. „Die öffentliche finanzielle Decke ist schlicht zu kurz, um damit alle derzeit anstehenden drängenden Problemfelder gleichermaßen abzudecken“, sagt Schoppmann. Das gelte vor allem für steigende Sozialausgaben: U3-Betreuung, gesetzlicher Kindergartenanspruch, Inklusion, flächendeckende Ganztagsbetreuung, Schulsozialarbeit. Die Aufgaben in den Kommunen nähmen immer weiter zu – ein finanzieller Ausgleich dafür sei nicht in Sicht. Doch deshalb auf den Kreis „einzuprügeln“, greife für Schoppmann zu kurz, „wenn gleichzeitig die Bürger dieses Staates für sich selbst alle Errungenschaften des Sozialstaats mit Zähnen und Klauen verteidigen“. Derweil verpasse Fröndenberg zunehmend den Anschluss, etwa beim Thema energetische Umgestaltung. Bürger, Gewerbetreibende und Vereine „gehen da schon lange voran, die Stadt selbst schleicht hinterher“. Ohnehin tue sich beim ökologischen Umbau Fröndenbergs zu wenig – obwohl genau hier auch Chancen lägen.

„Die öffentliche finanzielle Decke ist schlicht zu kurz, um damit alle derzeit anstehenden drängenden Problemfelder gleichermaßen abzudecken.“

Martin Schoppmann
Grünen-Fraktionsvorsitzender

FWG kritisiert Kreis für Verschwendung

Am deutlichsten wird am Mittwochabend die Kritik vonseiten der FWG. Die Fröndenberger Wähler Gemeinschaft versagt im Rat erstmals die Zustimmung zum Haushalt. Eine Drohung, die Fraktionschef Matthias Büscher bereits vor dem letzten Haushalt im Dezember 2023 ankündigte. „Die ganze Problematik – die da oben in Bund, Land und Kreis, wissen weder was sie tun, noch was überhaupt in Deutschland los ist“, poltert Büscher. Die Grundsteuerreform – und damit Mehrbelastung für Eigentümer – ist aus seiner Sicht nur ein Teil der Gesamtproblematik. In puncto Kreisumlage wird der FWG-Fraktionsvorsitzende dann besonders deutlich: „Seit der Cannabisfreigabe wird vermutlich nicht nur in Berlin geraucht, nein, der schlechteste Shit ist scheinbar im Kreishaus angekommen und konsumiert worden.“ Der Kreis verschlinge mehr als die Hälfte des Fröndenberger Haushalts - und trickse nun auch noch „mit einem Doppelhaushalt für 2025 und 2026 die kreisangehörigen Städte aus“. Die Folge: Weiterhin steigende Umlagen in den kommenden Jahren.

„Seit der Cannabisfreigabe, wird vermutlich nicht nur in Berlin geraucht, nein, der schlechteste Shit ist scheinbar im Kreishaus angekommen und konsumiert worden.“

Matthias Büscher
FWG-Fraktionsvorsitzender

Ebenso wie die FWG lehnt auch die Soziale Wählergemeinschaft Fröndenberg (SWGF) den Haushalt mit den Daumenschrauben des Kreises ab. Die zunehmend „fatale finanzielle Situation“ in der Ruhrstadt „kann so nicht weitergehen“, betont Kurt Potthoff.

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Einzelratsmitglied Andreas Wette (FDP) kritisiert vor allem die Zusammenarbeit mit der Verwaltung und macht sich für weitere Sparmaßnahmen stark. „Wir müssen Wege suchen, um die Ausgaben zu optimieren.“ Ein Argument, das auch Einzelratsherr Lars Köhle aufgreift: „Wir leisten uns seit Jahren eine Tourist-Info ohne Touristen.“

Bei Gegenstimmen von SWGF, FWG, FDP sowie zwei Einzelratsmitgliedern wird der Haushalt dennoch mehrheitlich beschlossen.