Fröndenberg. Erstmals seit 2017 steht in Fröndenberg eine Steuererhöhung zu erwarten. Die Ursachen - und auf was sich Fröndenberger nun einstellen müssen.

Es ist wohl eine der schwierigsten Haushaltsvorstellungen, seitdem Kämmerer Heinz-Günter Freck im Amt ist. Und eine, die für tausende Fröndenbergerinnen und Fröndenberger im kommenden Jahr spürbare Auswirkungen haben könnte. Gut 4,5 Millionen Euro fehlen unterm Strich. Um die Mehrbelastungen auszugleichen, greift der Kämmerer zwar auch auf den „Notgroschen“ der Stadt - die Ausgleichsrücklage - zurück. Doch mit einer möglichen Erhöhung der Grundsteuer B werden wohl auch über 8000 Grundstückseigentümer tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Hintergründe.

Brandbrief der Kämmerer an den Kreis Unna

„Das wird ein ziemlich schwieriges Jahr“, sagt Fröndenbergs Kämmerer Heinz-Günter Freck. Was bei manch einem in Zeiten der Inflation vielleicht noch eine Art Bauchgefühl ist, kann Freck an Zahlen für die kommenden Jahre bereits deutlich machen. Eine Zahl, die das Problem verdeutlicht, ist das für 2024 erwartete Jahresergebnis. Mit einem Minus von 4,4 Millionen Euro rutscht die Ruhrstadt tief in die roten Zahlen. Zum Vergleich: 2023 steht am Ende demnach ein Plus von 860.000 Euro. Wie dramatisch die Lage nicht nur in Fröndenberg ist, macht ein Blick in den Kreis Unna deutlich. In einem gemeinsamen Brandbrief aller zehn Kämmerer an Kreisdirektor Mike-Sebastian Janke kritisierten sie den Sparwillen des Kreises. Denn ein maßgeblicher Kostentreiber - die Kreisumlage - soll nach ersten Erkenntnissen um gut 40 Millionen Euro steigen. Kosten, die der Kreis für seine Arbeit an die Kommunen weitergibt.

Für Fröndenberg bedeutet das - allgemeine und differenzierte Kreisumlage in Summe - eine Steigerung um 21 Prozent. Von 20,1 Millionen auf 24,4 Millionen Euro steigen die Überweisungen, die die Ruhrstadt an den Kreis im kommenden Jahr leisten muss. Hinzu kommen „stagnierende Steuerzahlen und inflationäre Strömungen“, wie Heinz-Günter Freck erklärt. Sowie ungleich höhere Aufwendungen, die es zu stemmen gelte. Das Wirtschaften werde für die Kommunen zusehends schwieriger. Dass Fröndenberg im kommenden Jahr einer Haushaltssicherung entgeht, ist nur aufgrund der Ausgleichsrücklage und einer Erhöhung der Grundsteuer B möglich.

Das wird ein ziemlich schwieriges Jahr. Wir werden an der Steuerschraube drehen müssen
Heinz-Günter Freck, Kämmerer

Allerdings kommen im Jahr 2024 gleich mehrere Faktoren zusammen, die die Entwicklung für viele Kommunen in NRW so dramatisch beschleunigen. Mit dem Covid-Ukraine-Isolierungsgesetz war es bisher möglich, Mehrkosten und Mindereinnahmen im Zuge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges bilanziell auszuklammern und ab 2025 über 50 Jahre abzuschreiben. In Fröndenberg beläuft sich dieser Posten mittlerweile auf gut 5,5 Millionen Euro. Ohne diesen gesetzlichen Kniff hätte Fröndenberg bereits 2023 rote Zahlen geschrieben. Statt 860.000 Euro im Plus, wäre man bei 2,6 Millionen Euro im Minus gelandet. Zumindest aber sei hier Hilfe vom Land in Sicht, so Freck. Eine Weiterentwicklung des sogenannten NKF-Isolierungsgesetzes soll in den kommenden Wochen im Landtag eingebracht werden - und im besten Fall im Februar 2024, rückwirkend zum 1. Januar 2024, in Kraft treten. Was das am Ende für die Kommunen bedeutet, das vermag auch Fröndenbergs Kämmerer noch nicht einzuschätzen.

bisherige Steuern/JahrSteuerpflichtigeAnteilGesamtanteilZusatzkosten/JahrZusatzkosten/Monat
bis 100 Euro97611,89 %11,89 %43 Euro4 Euro
bis 200 Euro7959,69 %21,58 %86 Euro7 Euro
bis 300 Euro88310,76 %32,34 %129 Euro11 Euro
bis 400 Euro116314,17 %45,51 %173 Euro14 Euro
bis 500 Euro127315,51 %62,03 %216 Euro18 Euro
bis 700 Euro157719,22 %81,25 %302 Euro25 Euro
bis 1000 Euro85010,36 %91,60 %423 Euro36 Euro
bis 2000 Euro4915,98 %97,59 %863 Euro72 Euro
bis 2500 Euro580,71 %98,21 %1079 Euro90 Euro
über 2500 Euro1401,71 %100 %--

Die vor allem kommunalpolitisch zu diskutierende Frage wird in den kommenden Wochen ohnehin sein, ob und wie hoch die Grundsteuer B 2024 steigen wird. „Wir werden an der Steuerschraube drehen müssen“, sagt Freck. In seinem Haushaltsentwurf plant der Kämmerer mit einer Anhebung um 300 Punkte, von 695 auf 995. Damit würde man im kreisweiten Vergleich aus dem unteren Mittelfeld an die Spitze springen. Erstmals seit 2017 stehen den rund 8200 betroffenen Fröndenbergerinnen und Fröndenbergern damit buchstäblich Mehrkosten ins Haus. Was das konkret bedeutet, hat die Kämmerei auch gleich zusammengefasst. Gut die Hälfte der Betroffenen, die derzeit bis zu maximal 400 Euro Grundsteuer B im Jahr zahlen, werden bis zu 170 Euro mehr zahlen müssen. Mit der Anhebung sollen gut zwei Millionen Euro mehr als bisher in die Stadtkasse gespült werden. „Ohne diese Erhöhung wären unsere Reserven schnell aufgezehrt“, erklärt Heinz-Günter Freck. Um die Belastung für die Stadtgesellschaft zumindest etwas abzufedern, wolle er einen „dosierten Abbau der Ausgleichsrücklage“ anstreben. „Alles über die Grundsteuer abzufedern, wäre illusorisch“, weiß auch der Kämmerer.

Zankapfel Jugendamtspauschale

Was ihm - und zumindest Teilen der Fröndenberger Politik - seit Jahren ein sprichwörtlicher Dorn im Auge ist, ist die differenzierte Kreisumlage. Mit der Pauschale übernimmt der Kreis Unna für Fröndenberg, Holzwickede und Bönen die Aufgaben des Jugendamtes. Das Problem: Diese Pauschale steigt seit Jahren kontinuierlich. Zum Vergleich: 2017 betrug die differenzierte Kreisumlage 6,1 Millionen Euro, 2023 lag sie bei 9,45 Millionen. Verteufeln wollen aber weder Kämmerer Heinz-Günzer Freck noch Bürgermeisterin Sabina Müller diese Posten. „Das ist auch ein Ausdruck interkommunaler Zusammenarbeit“, sagt Müller. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass Fröndenberg im Grunde keinen Einfluss auf die Verwendung der überwiesenen Beträge hat. „Es gibt gewisse freiwillige Leistungen, die wir anders definieren würden“, betont Freck. Es ist eine herausfordernde Zeit für den Kämmerer, der sich angesichts zahlreicher externer Faktoren auch ein Stück weit „machtlos“ fühlt. Doch da müsse man nun eben durch und diese Effekte so gut es geht abfedern.

2019 sogar Grundsteuer-Senkung im Gespräch

Es ist keine vier Jahre her, da stand statt einer deutlichen Erhöhung der Grundsteuer B sogar eine Senkung im Raum. Auf Antrag der CDU sollte sie um 20 Hebesatz-Punkte fallen. Ursprünglich hatten die Christdemokraten sogar über eine Senkung um 100 Punkte nachgedacht. Das hätte eine Entlastung von 650.000 Euro für die Bürger bedeutet.

Gescheitert war das Vorhaben seinerzeit am Gegenwind von SPD, FWG und Grünen. Hauptargument: Eine zu unsichere finanzielle Zukunft angesichts umfangreicher Investitionen in Feuerwehr und Schulen.

Was die Ruhrstadt zusätzlich zu steigenden Kosten beschäftigt, sind umfangreiche Investitionen. Die Verbindlichkeiten der Stadt steigen im kommenden Jahr von 20,3 Millionen Euro auf 37,3 Millionen. Bis 2027 - so die mittelfristige Planung - werden diese Investitionskredite auf bis zu 45 Millionen Euro ansteigen. „Das sind allerdings Posten, an denen wir schlichtweg nicht sparen können“, betont Bürgermeisterin Sabina Müller. Das Gros dieser Investitionen entfällt nämlich auf den Aus- und Neubau der Feuerwehrstandorte, dienen damit dem Bevölkerungsschutz.