Berlin. Fleischersatzprodukte wie Beyond Meat werden immer beliebter. Ernährungsexperte Riedl erklärt anhand der Zutatenliste, ob das gesund ist.

Pflanze statt Tier: Fleischersatzprodukte wie die von Beyond Meat gehören für viele ganz selbstverständlich auf den Speiseplan. Doch wie steht es um die gesundheitlichen Vorteile dieser Produkte? Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl erklärt im Interview, warum er und sein Team die Patties, Fleischbällchen und Co. des Unternehmens niemals essen würden.

Der Umsatz mit Fleischersatzprodukten ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen, auch wenn die Verkaufszahlen bei Beyond Meat mittlerweile rückläufig sind. Wie stehen Sie als Ernährungswissenschaftler zu dieser Entwicklung?

Dr. Matthias Riedl: Kurz und knapp: Ich finde es persönlich gut, dass die Menschen aktuell gerade ihren Fleischkonsum verringern. Viele Fleischersatzprodukte wie Beyond Meat sind aber keineswegs eine gesündere Alternative zu Fleisch. Sie sind deutlich ungesünder. Das haben die Verbraucherinnen und Verbraucher auch verstanden, das zeigen die rückläufigen Absätze.

Was ist gesundheitlich gesehen problematisch an den Produkten?

Riedl: Diese Burger sind eine Mixtur aus Chemie, viel Salz und Proteinisolaten. Wenn man sich einmal die Zutatenliste der Produkte anschaut, sieht man das deutlich. Je länger die Zutatenliste bei „normalen“ Produkten ist, desto schlechter ist auch die Qualität des Produktes, weil mit vielen Konservierungsstoffen und ähnlichem gearbeitet wird.

Dr. Riedl über Beyond Meat: „Viel Schädliches“

Können Fleischersatzprodukte wie die von Beyond Meat Bestandteil einer ausgewogenen Ernährung sein?

Riedl: Ganz klar Nein. Beyond Meat zählt zu den hochverarbeiteten Produkten, die in Studien klar zeigen, dass bei regelmäßigem Genuss das Risiko für Infarkte, Krebs, Geburtskomplikationen, Minderwuchs bei Kindern und andere Folgen auftreten. Der Grund: Erbsenproteinisolate enthalten nur das Protein der Erbse. Mehr nicht.

Die vielen anderen wertvollen Substanzen wie Mineralien, Ballaststoffe, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe mit gesundheitlichen Nebeneffekten fehlen komplett. Dafür ist viel Schädliches beigemengt, um alles zusammenzuhalten. Diese Mischung aus Emulgatoren, künstlichem Geschmack, zu viel Salz, oder Kleister (Meythylcellulose, Anm. d. Red.) für die Form setzen nicht nur unserer Darmflora zu. Salz erhöht auch das Risiko für Arterienverkalkung. Es gibt viele und sehr gute Fleischersatzmöglichkeiten, die man einfach zu Hause frisch und selbst herstellen kann. Rezeptanregungen haben wir in vielen unserer Kochbücher.

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Bei Beyond Meat gibt es vier Fleischersatzprodukte: Die Burger-Patties, Meatballs, Hack und die Beyond-Sausage. Wie bewerten Sie den Nährwert dieser Produkte im Vergleich zu ihren fleischhaltigen Pendants?

Riedl: Im Vergleich zu dem Nährstoffprofil von normalen Fleisch- und Fischprodukten haben die Fleischersatzprodukte einen geringeren Eiweißgehalt. Dazu kommt der hohe Salzgehalt. Hier hat der Hersteller auf die Kritik schon reagiert. Er verwendet auch Kaliumsalz, das den Blutdruck schont – nicht aber die Darmflora. Dieser Vorwurf bleibt.

Man kommt mit dem vielen Salz schnell über die empfohlenen 5 Gramm am Tag. Die ungesättigten Fettsäuren sind ebenfalls in diesen Produkten enthalten, wie bei den normalen tierischen Produkten auch. Außerdem enthalten die Produkte im Gegensatz zu fettarmen Fleischprodukten einen sehr hohen Fettanteil, was sich auch auf die Energiemenge auswirkt. Weniger Protein, mehr schlechte Fette und mehr Kohlenhydrate. Das fördert die Gewichtszunahme.

Fleischersatz: In einigen Produkten werden minderwertige Öle verwendet

Sticht ein Produkt aus gesundheitlicher Sicht besonders heraus?

Riedl: Nein, im Gegenteil: In einigen Produkte werden statt Rapsöl das minderwertige Sonnenblumen- oder Kokosöl verwendet. Niemand aus unserer Abteilung für Ernährungsmedizin würde solche Produkte essen. Alternativ sind Sojaprodukte oder echte Gemüsepatties immer die bessere Wahl. Chemieburger sind eine Sackgasse.

Ernährungsexperte Dr. Matthias Riedl ist Internist, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg. 
Ernährungsexperte Dr. Matthias Riedl ist Internist, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg.  © Julia Normann | Julia Normann

Beyond Meat schreibt auf der Unternehmenswebsite, dass sie kein Soja verwenden, sondern die Produkte ausschließlich aus Erbsenprotein-Isolat hergestellt werden. Hat dieses Isolat im Vergleich zu Soja(-isolat) gesundheitliche Vorteile?

Riedl: Ja es hat den Vorteil, dass Menschen mit einer Soja-Unverträglichkeit oder einer Soja-Allergie diese Produkte konsumieren können. Aber ist dann schon alles. Der Hersteller suggeriert damit, dass Erbse gesünder sei. Das finde ich irreführend. Isolate enthalten sowieso nur das Protein – sonst nichts von den sonst so gesunden Hülsenfrüchten.

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Auf der Website von Beyond Meat ist außerdem zu lesen, dass die Produkte „reich an pflanzlichen Proteinen sowie cholesterinfrei“ sind. Sind sie damit für Menschen mit hohen Cholesterinwerten besser geeignet als ein Fleischprodukt?

Riedl: Ja, die Produkte enthalten kein Cholesterin, aber bezogen auf die anderen Inhaltsstoffe wäre eine weniger stark verarbeitete Variante wie Tofu die bessere Variante. Hier suggeriert der Hersteller fälschlicherweise, dass Nahrungscholesterin ein großes Problem sei. Das ist falsch. Die Gesamternährung, das Gewicht, die Menge schlechter Fette spielen eine größere Rolle als das Nahrungscholesterin. Solche Hinweise sollen bewusst den Käufer Qualitäten einreden, die es nicht gibt.

Was müsste Ihrer Meinung nach auf dem Etikett eines Beyond-Meat-Produkts stehen, damit Verbraucher*innen genau wissen, was sie da eigentlich verspeisen?

Riedl: Da es sich um ein pflanzliches Fleischersatzprodukt handelt, sollte dies immer gut sichtbar auf der Verpackung deklariert werden, was auch teilweise schon der Fall ist. Der Salzgehalt und die angewandte Chemie müssen sichtbar sein. Damit wird dann auch klar, dass es sich um ein hochverarbeitetes Produkt handelt, und zwar der höchsten Stufe, der Nova Klasse 4. Schlechter geht es nicht. Verbraucher nehmen bei Dauergenuss Schaden.

Im Sinne einer ausgewogenen Berichterstattung hat unsere Redaktion auch beim Unternehmen Beyond Meat nach einer Stellungnahme gefragt. Trotz mehrmaliger Anfragen haben wir bislang keine Antwort erhalten.