Velbert. Busfahrer sind gesucht, doch der Bus-Führerschein alleine reicht nicht für den Job. Sich nebenbei qualifizieren auf eigene Kosten? Das ist teuer.

Für manche mag es ein Traum sein, einen Bus zu steuern. Die Gelegenheit ist da, denn Fahrpersonal wird allerorten gesucht. Doch ganz am Anfang steht die Fahrerlaubnis. So ein Bus-Führerschein ist reichlich kostspielig - und er reicht allein nicht aus, um beruflich Bus zu fahren.

„Wir haben bei der Bus-Ausbildung, die wir in unserer Fahrschule anbieten, seit langem schon so gut wie Null Nachfrage“, sagt Klaus Thielenhaus, Betreiber einer Fahrschule in Velbert, die auch Berufskraftfahrer ausbildet. Einer der Gründe aus seiner Sicht: „Beim Busführerschein ist alles genau vorgeschrieben. Das macht die Ausbildung sehr umfangreich.“ Wer sich in der Praxisausbildung besonders geschickt anstellt, kann zum Beispiel keine Fahrstunden sparen, wie das beim Pkw-Führerschein Klasse „B“ möglich ist, wenn man seine Mindeststunden absolviert hat und der Fahrlehrer einen für Prüfungs-fit hält.

Bus-Führerschein: So gut wie kein Spielraum bei den Mindeststunden

Die Führerscheinklassen sind EU-weit unterteilt: Für Busse bis 7,5 Tonnen braucht man die Klasse D1, für große Linien- und Reisebusse die Klasse D. Die vorgeschriebenen Fahrschul-Stunden sind erheblich: Wer schon einen Lkw-Führerschein hat, kommt mit 21 Theorie-Stunden aus, beim Pkw-Führerschein sind 48 Zeitstunden nötig für den großen Bus.

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Bei der Praxis-Ausbildung reicht die Spanne von 22 Stunden, bei entsprechendem Lkw-Führerschein, bis 89 Fahrstunden á 45 Minuten beim Start mit Pkw-Klasse „B“, erklärt Thielenhaus. Damit kann ein Bus-Führerschein der Klasse D zwischen 3300 und 10.300 Euro kosten, rechnet der 63-Jährige vor, der sich für den Fahrlehrerverband Nordrhein neben seiner Fahrschularbeit als Nutzfahrzeug-Referent engagiert. Beim ‚kleinen‘ Busführerschein D1 beziffert Thielenhaus die Spanne zwischen 2100 und 7800 Euro.

Die Zeiten sind vorbei, wo der Bus-Führerschein als Qualifikation reichte

„Wenn bei uns Interessenten kommen, sind es meist ältere Familienväter, die überlegen, sich auf eigene Faust mit dem Bus-Führerschein neue Job-Chancen zu schaffen“, berichtet Thielenhaus. „Wenn ich denen sagen, was das kostet, sind die wieder weg. Das Kapital haben viele nicht.“

Auch wer etwa in Teilzeit tätig ist und sich für ‚nebenbei‘ ein zweites Standbein als Busfahrer erhofft, um vielleicht an Wochenenden Kegelclubs auf Ausflüge zu kutschieren, fällt angesichts der Kosten eines Busführerscheins in der Regel aus. Hinzu kommt: Der Bus-Führerschein allein reicht nicht, um beruflich Menschen zu befördern, sagt Thielenhaus: Das ist erst – neben der dreijährigen Ausbildung zum Berufskraftfahrer oder zur „Fachkraft im Fahrbetrieb“ (FiF) - nach absolvierter „Grundqualifikation“ zum „EU-Berufskraftfahrer“ möglich. Und auch die ist mit Aufwand und Kosten verbunden.

Gewerblich Busse lenken geht nur mit IHK-Prüfung

Thorsten Jessen, bei der IHK zu Essen Referent für Verkehrswirtschaft, rechnet vor: Die „beschleunigte Grundqualifikation“ umfasst 130 Theorie-Stunden Unterricht – à 60 Minuten – und zehn Stunden Fahrpraxis. Als Abschluss folgt eine 90-minütige Prüfung bei der IHK; allein der mögliche Prüfungsfragen-Katalog, der bei der IHK Essen im Internet einsehbar ist, umfasst knapp 180 Seiten Text, darunter viele rechtliche Aspekte.

Die Lehrgangskosten dürften je nach Anbieter bei 2500 bis 3000 Euro liegen, die Prüfung kostet bei der IHK zu Essen 137 Euro, „die Gebühren der 16 IHKs in NRW können variieren“, sagt Jessen. Weitere Kosten sind: Gebühren für den „Fahrerqualifizierungsnachweis“, für die Ausstellung eines zusätzlichen Kartenführerscheins und den notwendigen ärztliche Gesundheits-Check.

Neun Stunden Prüfung - bei „Grundqualifikation“ im Selbststudium

Alle IHKs in NRW bieten diese Prüfungen an. Die Zahl der Absolventen bei der IHK zu Essen mit den Städten Oberhausen und Mülheim pendelte in den vergangenen Jahren zwischen 100 und 145; bis Anfang April dieses Jahres wurden 39 Personen zum Berufskraftfahrer mit Schwerpunkt Personenverkehr erfolgreich geprüft. Bundesweit wurden bei den IHKs im Jahr 2022 7039 erfolgreiche Prüfungen der „beschleunigten Grundqualifikation“ gezählt.

Alternativ kann man die Prüfung auch ohne vorherigen Lehrgang angehen, berichtet Jessen. Geld sparen lasse sich nicht, sagt Jessen, da die Theorie-Prüfung dann 240 Minuten dauern würde, plus bis zu fünf Stunden Fahr-Praxisprüfung mit einem TÜV-Prüfer und in einem „vom Prüfungsteilnehmer zu stellenden Bus-Fahrschulfahrzeug inklusive Fahrlehrer für die gesamte Prüfungsdauer“, erklärt Jessen. Neben 1420 Euro IHK-Prüfungsgebühr müsste also noch für Fahrzeug und Fahrlehrer gezahlt werden.

Bus-Verbände kritisieren: Hürden für Busfahrer-Nachwuchs sind zu hoch

Etwas günstiger wird es bei der „beschleunigten Grundqualifikation“, wenn man bereits als „grundqualifiziert“ für den Lkw-Bereich gilt, also die „Beschleunigte Grundqualifikation – Güterkraftverkehr“ abgelegt hat. Oder wenn man den Lkw-Führerschein vor dem 10.9.2009 erworben hat. Dann reicht ein 35 Stunden-„Umsteiger“-Lehrgang, erklärt Jessen. Die Abschluss-Prüfung ist dann auf 45 Minuten reduziert. Hinzu kommt in allen Fällen: Nach bestandener Grundqualifikation ist alle fünf Jahre eine Weiterbildung nötig, die 35 Unterrichtsstunden umfasst; diese Pflicht gilt auch für Lkw-Fahrer.

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Verkehrs- und Bus-Verbände machen sich unterdessen unter anderem stark dafür, die Führschein-Ausbildung zu vereinfachen. „Durch die Zusammenlegung der Führerscheinausbildung und der Berufskraftfahrerqualifikation „2 in 1“ könnte der größte Effekt erzielt werden. Die Ausbildung würde dadurch erheblich an zeitlicher Effizienz gewinnen und dadurch auch Kostenvorteile erzielen“, sagt Till Dreier, Sprecher vom Bundesverband der Omnibusunternehmen (bdo).

Bei der Berufsqualifikation ist Deutsch als Sprache Vorschrift

Wie in vielen Rechtsbereichen geht es hier um EU-Recht, erklärt Thorsten Jessen, das angepasst werden müsste. Im Anschluss wären dann die jeweiligen nationalen Rechtsvorschriften zu ändern, sagt der IHK-Experte.

Beim bdo glaubt Sprecher Dreier, „auch mit grundlegenden Reformen wird die Busbranche in Deutschland weiterhin stark auf ausländisches Fahrpersonal angewiesen sein.“ Auch hier müssten „dringend Hürden wie die Sprachbarrieren bei der Ausbildung“ abgebaut werden. Während man eine Fahrprüfung beim TÜV nicht zwingend auf Deutsch absolvieren muss, auch Fremdsprachen sind möglich, ist Deutsch bei der IHK-Prüfung bis dato Vorschrift. Fahrlehrer Thielenhaus hält gute Deutsch-Kenntnisse „in Wort und Schrift“ bei Busfahr-Personal indes für zwingend: „Sie müssen als Busfahrer auch mit Fahrgästen kommunizieren können.“