Essen. Die Hoffnungen des Essener Gerichts wurden enttäuscht: Der Bauunternehmer und Vermögensverwalter Josef Esch hat im Untreue-Prozess gegen den früheren Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, die Aussage verweigert. Da half auch ein Appell des Richters nicht.

„Wir freuen uns auf ihn, wir haben viele Fragen“, hatte der Essener Richter Jörg Schmitt, Vorsitzender im Middelhoff-Prozess, noch kürzlich über den Zeugenauftritt von Josef Esch gesagt. Doch die Freude ist durchaus einseitig. Josef Esch, der Vermögensverwalter der Superreichen, schweigt am Dienstag vor Gericht.

Von einem „umfassenden Auskunftsverweigerungsrecht“ spricht sein Rechtsanwalt Eberhard Kempf, und das Gericht will ihm da nicht widersprechen. Zu sehr ist Esch verstrickt in die geschäftlichen Aktivitäten des früheren Arcandor-Managers Thomas Middelhoff (61). Er sitzt selbst am Landgericht Köln auf der Anklagebank, weil er dazu beigetragen haben soll, die Kölner Privatbank Sal. Oppenheim in den Ruin zu treiben. Im Fokus steht auch immer der Kauf von fünf Karstadt-Warenhäusern durch einen Esch-Fonds, der die Häuser anschließend zu angeblich überteuerten Konditionen an den Konzern zurück vermietete.

Vermögensberatung in "allen Bereichen" für reiche Kunden

Ein untersetzter Mann mit mächtigem Schnauzbart, 57 Jahre alt, betritt am Dienstag den Essener Gerichtssaal. Ein Bankchef soll sein Aussehen mal mit „etwas gewöhnungsbedürftig“ umschrieben haben. „Kaufmann, Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften“ nennt Esch fürs Protokoll als seinen Beruf. Gelernt hat der Troisdorfer Maurer, erkannte aber früh die Vorteile von Immobilienfonds, die er in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts der Privatbank Sal. Oppenheim anbot. Sie biss an, warfen die Fonds des Maurers doch eine gute Rendite ab und ermöglichten den Privatkunden der Bank Steuersparmöglichkeiten.

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Thomas Middelhoff, der sich in Essen wegen Untreue zu Lasten Arcandors verantworten muss, hat öfter beschrieben, dass Esch den reichen Kunden eine Vermögensbetreuung in allen Bereichen anbot. „Family-Office“ heißt das, mit allen Sorgen und Nöten konnten die Kunden zu Esch kommen. Das ging bis zur defekten Dachrinne oder „den Autokauf mit Rabatt“ für ein Kind. Nicht nur Middelhoff zählte zu den Kunden, auch Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz gehörte dazu, auch die Essener Schuhhändler Deichmann sollen in die Immobilienfonds investiert haben.

Aussagen sollte Esch im Essener Prozess über das „Reiseverhalten von Herrn Middelhoff“, wie es Richter Schmitt vorsichtig formulierte. Angeklagt ist der frühere Manager, weil er viele private Flüge zu Unrecht als Dienstreise bei Karstadt/Quelle beziehungsweise dem Nachfolgekonzern Arcandor abgerechnet haben soll. Dafür nutzte er meist die private Fluggesellschaft Challenge Air. Besitzer: Josef Esch, sein Vermögensverwalter.

Esch verzichtet auf Zeugengeld

Middelhoff flog viel. In seiner Zeit bei Arcandor fielen 610 Charterflüge an, von denen Arcandor 400 bezahlte. Als 2009 Middelhoff das Unternehmen verließ, geriet die Fluggesellschaft von Esch in finanzielle Turbulenzen. „Das hat man schon gemerkt. Das hat einige Zeit gedauert, bis wir das aufgefangen haben“, sagte der Geschäftsführer von Challenge Air vor Gericht.

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Middelhoff beruft sich auf eine angebliche Zusage der Arcandor-Mehrheitsaktionärin Madeleine Schickedanz. Die habe ihm über Esch ausrichten lassen, er solle aus Sicherheitsgründen keine Linienflüge buchen, sondern einen Privatflieger nutzen. Die Quelle-Erbin hat diese Zusage vor Gericht dementiert. Ob Esch das aber zu Middelhoff gesagt hat, bleibt nach dessen Schweigen im Gericht offen.

Anders als Schickedanz, deren Milliardenerbe nach ihrer Betreuung durch Esch vernichtet sein soll, anders als die Privatbank Sal. Oppenheim, die nur durch die Deutsche Bank gerettet wurde, scheint „Kaufmann“ Josef Esch übrigens finanziell potent zu sein. Sein Anwalt Eberhard Kempf gehört zu den renommiertesten Strafverteidigern Deutschlands und wird nicht gerade billig sein. Und auf den Hinweis von Richter Schmitt, Esch habe Anspruch auf Zeugengeld, antwortet der Troisdorfer knapp: „Ich verzichte.“