Essen. . Drei Tage nach seiner eidesstattlichen Versicherung und dem Sprung aus dem Fenster gibt sich Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff in seinem Prozess wegen Untreue wieder unbekümmert. Details über sein Leben als Top-Manager werden bekannt. Und sein Fahrer erklärt, warum der Manager Staus hasste.

Am Freitag ist er noch vor Journalisten geflüchtet, als er dem Haus der Gerichtsvollzieher mit einem Sprung in den Hinterhof entschwand. Aber da ging es für Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff um die gerichtlich angeordnete Vermögensauskunft, früher Offenbarungseid genannt. Am Montag ist er dagegen zum 17. Tag in seinem Untreueprozess in Essen wieder ganz der Alte: unbekümmert, strahlend, braun gebrannt. Er wirkt wie ein Angeklagter, der ohne Scheu den Gerichtssaal betritt.

Schon seine Ankunft um 9.10 Uhr wirkt, als drehe Hollywood einen Film über sein Leben. Unmittelbar vor dem Gericht entsteigt er seinem im absoluten Halteverbot gestoppten Audi, das Handy am Ohr. Den Finger auf die Lippen gelegt, signalisiert er den umstehenden Kameraleuten: „Pst! Wichtiges Gespräch.“ Als ein Gerichtsreporter das später als gute Inszenierung lobt, widerspricht er sofort: „Das war nicht fingiert, das war ein ,conference call’.“

Sprung aufs Dach war keine Flucht

Er betont noch einmal, dass sein Sprung aufs Garagendach keine Flucht war. Es hätte ihn auch sehr erfreut, dass ein Reporter vom „Spiegel“ bis 19 Uhr vor dem Haus der Gerichtsvollzieher ausgeharrt habe, obwohl er schon weg war.

Auch interessant

Fälschlich hatten viele Medien berichtet, Middelhoff sei mit Hilfe von Justizmitarbeitern am Freitag aus dem Land- und Amtsgericht Essen entschwunden. Tatsächlich sprang er aus einem Bürogebäude auf der anderen Seite der Zweigertstraße, wo mehrere Gerichtsvollzieher Räume angemietet haben. Die Fenster liegen knapp oberhalb der Garage, anstrengender war dann wohl der Sprung von der Garage in den Hof. Rechtsanwalt Peter Küpperfahrenberg, dessen Kanzlei in der zweiten Etage liegt: „Ich habe ihn knapp verpasst und nur noch unseren Hausmeister rufen gehört, dass auf seinem Dach niemand herumturnen dürfe.“

47 500 Euro brutto im Monat

Im Gerichtssaal, in dem es darum geht, ob Middelhoff den Konzern mit privaten Reisen finanziell belastete, ließen sich dann andere Details über das Leben eines Top-Managers hören. Richter Jörg Schmitt verlas den Dienstvertrag vom 12. Mai 2005, den die Karstadt-Quelle AG mit Middelhoff schloss. Gut verdient hat er wohl: 47 500 Euro brutto im Monat, mindestens 180 000 Euro Tantiemen jährlich und bis zu 900 000 Euro Boni im Jahr. Dass der Konzern ihm eine Wohnung in Essen anmieten wollte, ist auch schriftlich zugesichert. Tatsächlich wurde es eine in Düsseldorf, für 3500 Euro Miete im Monat. „Warum nicht Essen?“, fragt Richter Schmitt. Middelhoff verlegt mal eben die Lage ganzer Städte und spricht tatsächlich von „der Ortsgrenze Düsseldorf/Essen“. Das sei so gewesen, „als ob ich in einem Vorort von Essen wohne“.

Sein Fahrer wird auch gehört. Der 43-Jährige, der ihn zu Karstadtzeiten aus Sicherheitsgründen „mit Waffe“ fuhr, sagt, dass sein Chef bis zu 15 Stunden am Tag gearbeitet habe. Dass Middelhoff der Arbeitsweg von Bielefeld nach Essen und zurück per Hubschrauber angekreidet wird, versteht er offenbar nicht. Bauarbeiten am Kamener Kreuz hätten die Fahrtzeit manchmal auf vier Stunden und mehr verlängert. Unkalkulierbar für einen Manager, sagt der Fahrer. Und: „Stau war für ihn das Schlimmste.“