Luxemburg. Hilfsbedürftige Euro-Staaten haben ab sofort eine neue Anlaufstelle: Der dauerhafte Euro-Rettungsfonds „ESM“ nahm seine Arbeit am Montag in Luxemburg auf. Länder können bei ihm Notkredite beantragen – wenn sie im Gegenzug Spar- und Reform-Zusagen machen.

Seit Montag spannt sich ein dauerhafter Rettungsschirm über den gebeutelten Euro-Raum. Der neue Nottopf (EU-Jargon: Europäische Stabilitätsmechanismus ESM) für klamme Euro-Staaten nimmt in Luxemburg mit dreimonatiger Verspätung seine Arbeit auf. Chef wird der Deutsche Klaus Regling. Zugleich steigen die Risiken für die Steuerzahler im Kampf gegen die Schuldenkrise.

Der neue Nottopf soll 500 Milliarden Euro ausleihen können. Wer ihn anzapfen will, muss aber Bedingungen erfüllen. So muss sich ein Hilfe suchender Staat auf Reform- und Sparprogramme verpflichten und sich regelmäßige Kontrollen gefallen lassen, ob er sich an die Vorgaben hält. Parallel zum neuen Nottopf läuft der alte befristete Euro-Rettungsfonds (EU-Jargon: EFSF) weiter. Er finanziert die schon ausgehandelten Notkredit-Pakete für Irland, Griechenland und Portugal.

Damit können der alte und der neue Rettungsfonds zusammen bis zu 700 Milliarden Euro verleihen. In den neuen Nottopf zahlen die Euro-Staaten bis 2014 insgesamt 80 Milliarden Euro ein. Deutschland als größter Staat stemmt davon rund 22 Milliarden Euro. Das Geld bleibt als eine Art Sicherheit im Nottopf. Die Staaten treten zudem als Bürgen für den Euro-Rettungsfonds auf. Sie stehen für 620 Milliarden Euro gerade. Deutschland bürgt hierbei für rund 168 Milliarden Euro.

190 Milliarden aus Deutschland

So kann der ESM insgesamt 700 Milliarden Euro vorweisen. Das braucht er, um sich zu günstigen Bedingungen bei Investoren an den Finanzmärkten bis zu 500 Milliarden Euro leihen zu können. Diese Investoren – Banken, Versicherer, Investment- oder Pensionsfonds – borgen dem Euro-Rettungsfonds also das Geld, was er als Notkredite an bedürftige Euro-Staaten weiter verleiht.

Trotzdem entstehen für die Steuerzahler Risiken. Deutschlands Gesamtanteil – eingezahltes Geld und Garantien – beträgt etwa 190 Milliarden Euro. Zahlt ein klammer Staat seine Notkredite zurück, entstehen keine Verluste. Eventuell fallen sogar Zinsgewinne an. Verluste entstehen Deutschland und den anderen Euro-Ländern lediglich, falls ein Staat die Notkredite nicht (komplett) zurückzahlen kann. Ein Staat kann nicht nur für sich selbst um Geld bitten. Er kann auch Notkredite für seine Bankenbranche beantragen.

Hilfen gibt es nur unter Auflagen

Zur Erinnerung: Alle Nothilfen aus dem Euro-Rettungsfonds gibt es nur unter Auflagen. Über diese Auflagen entscheiden die Finanzminister der 17 Euro-Staaten. Sie bilden den Gouverneursrat. Dieses Gremium muss einstimmig beschließen, dass ein Euro-Staat Nothilfe erhält. Wenn alle 17 Finanzminister zustimmen, können sie auch das Ausleih-Volumen des Nottopfs erhöhen.

Der Gouverneursrat trat am Montag in Luxemburg zur Gründungssitzung zusammen. „Das ist ein historischer Meilenstein“, sagte der Chef der Eurogruppe – sie umfasst die Finanzminister der Euro-Länder -, Jean-Claude Juncker zum neuen Rettungsfonds. „Der Euro-Währungsraum hat nun eine dauerhafte und wirksame Brandschutzmauer.“ Der Euro-Rettungsfonds kann bis zu 500 Milliarden Euro verleihen.

"Wir sind verlässlich"

Bundesfinanzminister Schäuble (CDU) wertete den Start des ständigen Nottopfs als stabilisierendes Signal an die Märkte. „Was wir verabredet haben, setzen wir Schritt für Schritt um“, sagte er. „So tritt jetzt der ESM in Kraft. Wir sind berechenbar, wir sind verlässlich, und irgendwann werden es die Finanzmärkte auch begreifen“.

EU-Währungskommissar Olli Rehn betonte, in Party-Stimmung sei aber niemand. Der Euro-Raum habe noch viele Probleme in der Schuldenkrise zu meistern.

Spanien wird der erste Euro-Staat sein, der den neuen Fonds anzapft. Die Regierung braucht etwa 60 Milliarden Euro, um Spaniens marode Bankenbranche zu unterstützen. Sie hatte einen Hilfsantrag beim bisherigen vorläufigen Euro-Rettungsfonds („EFSF“) gestellt. Der ESM löst den EFSF nun ab.

Auch beim neuen Nottopf müssen die Finanzminister aller 17 Euro-Staaten zustimmen, damit ein Staat Notkredite erhält. Sie legen auch die Bedingungen für diese Finanzhilfe fest. Deutschland und die anderen Euro-Länder bürgen für die Notkredite.