Brüssel. Der Grüne Daniel Cohn-Bendit und der Liberale Guy Verhofstadt wettern wider den erstarkenden Nationalismus. Und legen dar, wie die Politiker ein föderales Europa schaffen und so die Krise überwinden könnten. Eine “echte europäische Regierung“ müsse die Interessen der Staaten ebenso vertreten wie die Interessen der Bürger.
Daniel Cohn-Bendit und Guy Verhofstadt wollen die Bürger für Europa begeistern. Da haben sich die beiden EU-Parlamentarier – der eine ein Grüner, der andere ein Liberaler – einiges vorgenommen. Viele Menschen beäugen das europäische Treiben skeptisch. Kein Wunder: Der jahrelange Kampf gegen die Euro-Schuldenkrise scheint bisher keine Früchte zu tragen – und ist zudem unglaublich vielschichtig.
Die zwei überzeugten Europäer glauben, den Ausweg zu kennen. Ein vereinigtes Europa müsse her, fordern der Deutsch-Franzose Cohn-Bendit (67) und der Belgier Verhofstadt (59) am Montag in Brüssel. Sie wettern gegen all diejenigen, die das Heil in nationalen Staatsgrenzen suchen. „Deutschland allein wird es nicht packen“, ruft der Alt-68er Cohn-Bendit, der spielend mal Deutsch und mal Französisch redet. Doch der Grüne weiß genau: Viele Bürger sind „enttäuscht“ von Europa. „Verständlich“, findet er. Schließlich grassiert die Euro-Schuldenkrise weiter.
"Märkte haben die Oberhoheit der Nationen zerstört"
Cohn-Bendit macht dafür die Finanzmärkte und die Politiker verantwortlich. Er ist überzeugt: „Die Märkte haben die Oberhoheit der Nationen zerstört.“ Es gebe nur eine Möglichkeit für die Politiker, diese Souveränität zurückzugewinnen: Mehr Europa. Dass das die Losung von Cohn-Bendit und Verhofstadt ist, scheint logisch. Beide können eine Karriere als Europäer vorweisen. „Wenn ich nur Franzose oder Deutscher wäre, krieg ich Angstzustände, weil dies zu klein ist“, gab Cohn-Bendit erst jüngst zu Protokoll.
Der belgische Ex-Ministerpräsident Verhofstadt kämpft seit langem dafür, dass Europa zusammenrückt. Sein Traum: Die Vereinigten Staaten von Europa. Ein föderales Europa brauche eine „echte europäische Regierung“, sagt der Belgier, der mühelos zwischen Englisch, Französisch und Niederländisch hin und her wechselt. Auf EU-Ebene müssten die Interessen der Staaten ebenso vertreten sein wie die Interessen der Bürger.
Gemeinsames europäisches Verteidigungssystem
Zudem brauche Europa ein gemeinsames militärisches Verteidigungssystem, sagt der Liberale Verhofstadt. Und: „Wir brauchen einen europäischen Pass.“ Doch die zwei EU-Abgeordneten Cohn-Bendit und Verhofstadt wissen, dass Europa-Skeptiker Zulauf haben. „Für künftige Generationen reicht es nicht zu sagen: Europa ist ein Friedensprojekt“, sagt Verhofstadt, der 1953 - acht Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs – geboren wurde.
Also haben Verhofstadt und Cohn-Bendit ein Buch geschrieben. „Für Europa. Ein Manifest“, heißt es. Das Ziel ist für die zwei klar: Es soll den „Start in eine neue Epoche europäischer Politik“ markieren. Wie schwer der Weg hin zu „mehr Europa“ werden dürfte, ist Cohn-Bendit klar. „Wird es klappen? Ich weiß es nicht“, sagt er. „Aber wenn es nicht klappt, wird es ganz ganz schwierig für die Völker Europas.“