Brüssel. Der geplante dauerhafte Euro-Nottopf ist verfassungsgemäß. Das entschied das Bundesverfassungsgericht. Damit ist – aus deutscher Sicht – der Weg frei für eine der wichtigsten Waffen der Europäer im Kampf gegen die Schuldenkrise. Die wichtigsten Fragen und Antworten
Die Europäer atmen auf: In Deutschland gibt es keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsfonds. Nun soll der Nottopf für klamme Euro-Staaten möglichst bald arbeitsfähig sein.
Warum wollen die Politiker einen neuen Nottopf?
Er soll den bisher bestehenden Rettungsfonds ablösen. Der neue Fonds (EU-Jargon: „ESM“) gilt als stabiler als der aktuelle vorläufige Nottopf („EFSF“). Den errichteten die Europäer eilig im Frühjahr 2010, nachdem sie Griechenland mit milliardenschweren Notkrediten vor der Pleite bewahrt hatten.
Derzeit gewährt der EFSF Portugal und Irland Notkredite. Auch das zweite Hilfspaket für Griechenland soll aus dem Nottopf finanziert werden. Zudem beantragte Spanien Notkredite für seine Bankenbranche. Zypern wird den Rettungsfonds wohl ebenfalls anzapfen.
Was soll der Rettungsfonds leisten?
Der 500 Milliarden Euro schwere Nottopf ist als alternative Kreditquelle für klamme Euro-Staaten gedacht. Sie sollen relativ günstig Geld aus dem ESM borgen können, falls das für sie auf dem normalen Weg zu teuer wird. Hilfe gibt es aber nur unter Auflagen: Die Regierung des bedürftigen Staates muss sich zu einem Sparkurs und Wirtschaftsreformen verpflichten.
Zudem soll der ESM einem Staat nur beispringen, wenn die Stabilität des Euro-Währungsraums gefährdet ist. Mittlerweile gilt der Euroraum allerdings als gefährdet. Schließlich tobt die Schuldenkrise bereits seit mehr als zwei Jahren, ohne dass die Politiker sie eindämmen konnten.
Eigentlich leihen sich Staaten an den Finanzmärkten – also bei Banken, Versicherern, Investment- oder Pensionsfonds – Geld. Je mehr sich diese Investoren um die Zahlungsfähigkeit eines Staats sorgen, desto mehr Zinsen verlangen sie für ihre Kredite. Die Schuldscheine eines Landes heißen im Fachjargon „Staatsanleihen“.
Was kann der ESM und woher kommt das Geld?
Kann der ESM noch mehr?
Ja. Steckt in einem Staat die Bankenbranche in der Finanzklemme, kann die Regierung Notkredite für diesen wichtigen Wirtschaftssektor erbitten. Auch diese Hilfe gibt es nur unter Auflagen.
Zudem soll der Euro-Rettungsfonds – ebenfalls unter Reform- und Spar-Auflagen – Schuldscheine darbender Staaten aufkaufen können. Das soll bewirken, dass diese Länder sich zu niedrigeren Zinsen am Finanzmarkt Geld borgen können.
Woher erhält er Geld?
Zum einen von den 17 Euro-Staaten. Sie zahlen einen Betrag als „Kapital-Sockel“ in den Fonds ein. Insgesamt sollen 80 Milliarden Euro zusammenkommen. Deutschland stemmt als größtes EU-Land etwa 22 Milliarden Euro.
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Das reicht aber nicht. Die Staaten bürgen zudem für den Fonds – mit insgesamt 620 Milliarden Euro Garantien. Davon schultert Deutschland rund 168 Milliarden Euro. Insgesamt steht die Bundesrepublik also mit etwa 190 Milliarden Euro für den Nottopf gerade.
Das Geld, das der ESM an notleidende Staaten als Notkredite zahlt, kommt aber nicht direkt von den Staaten. Er borgt es sich an den Finanzmärkten.
Um dafür möglichst wenig Zinsen zu zahlen, braucht der Nottopf eine Spitzen-Kreditwürdigkeit. Um diese zu erhalten und zu sichern, stemmen die Euro-Staaten Kapital und Bürgschaften insgesamt 700 Milliarden Euro - damit sich der ESM im Bedarfsfall bei Investoren bis zu 500 Milliarden Euro besorgen und diese dann an Länder in Not ausleihen kann.
Gibt es Kritik?
Ja. Sorgen kursieren, dass Deutschland die Haftungssumme von 190 Milliarden Euro erhöhen muss, falls sich die Krise erneut verschärft. Einige Wirtschaftswissenschaftler und Politiker forderten bereits einen größeren und damit schlagkräftigeren Nottopf.
Anderen Experten sind die Regeln für hilfsbedürftige Staaten zu streng und kompliziert, weiteren sind sie dagegen zu lasch.
Zudem monieren manche Fachleute, dass der ESM Staaten dazu verführe, nicht genug zu sparen und zu reformieren. Schließlich sei der Nottopf eine alternative Geldquelle zu den Finanzmärkten.