Berlin. . Der frühere Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) startet mit einer Attacke auf den Finanzsektor in den Wahlkampf. Sein Konzept sieht unter anderem vor, dass die Banken einen eigenen Rettungsschirm finanzieren sollen und die Macht der Ratingagenturen beschnitten wird.

Der mögliche SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück will die Banken zwingen, mit Milliardenbeträgen für künftige Finanzkrisen selbst vorzusorgen. Dies geht aus seinen Vorschlägen für einen „neuen Anlauf zur Bändigung der Finanzmärkte“ hervor. Ein von den Banken selbst finanzierter Rettungsschirm auf europäischer Ebene solle als „Zielvolumen 200 Milliarden Euro“ umfassen, heißt es in dem Papier, das der Ex-Finanzminister am Dienstag in der Bundestagsfraktion in Berlin vorstellte. Steinbrück will zudem Manager-Gehälter und die Beleihung von Immobilien begrenzen. Sein Papier war mit Spannung erwartet worden: Die SPD will mit dem Thema im Bundestagswahlkampf 2013 punkten. Die Bankenbranche kritisierte die Pläne.

In der Fraktion stieß Steinbrück nach Angaben von Teilnehmern mit seinem knapp halbstündigen Vortrag auf Zustimmung. Er habe „großen Beifall“ erhalten. Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier habe ihm gedankt. Steinmeier hatte zuvor die „Auswüchse an den Finanzmärkten“ als „die größten Bedrohungen Europas“ bezeichnet.

Steinbrück: „Banken sind Dienstleister, keine Zockerbuden“

Der Öffentlichkeit vorstellen will Steinbrück das 25-seitige Papier, das er im Auftrag der Fraktion ausgearbeitet hat, am Mittwoch. Der frühere Bundesfinanzminister will mit seinen Vorschlägen sicherstellen, dass weder Sparer noch der Staat angeschlagenen Banken künftig zur Seite springen müssen. „Die Finanzmärkte haben Maß und Mitte verloren“, heißt es in dem Papier. Banken seien „Dienstleister und keine Zockerbuden“.

Ein von den Kreditinstituten selbst finanzierter „Banken-ESM“ mit einem europäischen Restrukturierungsfonds soll künftig Instituten helfen, die ins Straucheln geraten. Die Höhe der Abgabe an den Fonds soll sich an den „Zinsvorteilen der impliziten Staatsgarantie“ orientieren, die Banken derzeit als Gewinn einstrichen. Allein die Deutsche Bank realisiere daraus jedes Jahr „einen Zinsvorteil von ein bis zwei Milliarden Euro“, weil die Märkte unterstellten, dass sie zu wichtig sei, als dass der Staat sie fallenließe.

In der Aufbauphase soll dieser „Banken-ESM“ Anleihen emittieren können, die von den Banken erworben werden sollen. Dabei soll die Europäische Zentralbank (EZB) unterstützen. Der Aufbau des Fonds würde dadurch massiv beschleunigt. Steinbrück unterstützt zudem eine direkte Aufsicht durch die EZB „über große, systemrelevante Banken“. Kleinere und mittlere Institute sollen weiter durch die nationale Aufsicht kontrolliert werden. Das ist auch die Haltung der schwarz-gelben Bundesregierung. Das deutsche System der eigenen Einlagensicherungen von Sparkassen und Genossenschaften soll erhalten bleiben. Spekulationen mit Rohstoffen wie etwa Getreide will Steinbrück verbieten.

Steuerliche Vergünstigungen für Manager-Vergütungen einschränken

Steinbrück plädiert auch für eine stärkere Trennung des Kredit- und Einlagengeschäfts vom Investmentbanking. Sie sollen als rechtlich eigenständige Töchter mit Banklizenz unter dem Dach einer Holding nach dem OECD-Modell mit getrennten Vorständen geführt werden. Von einer Aufspaltung der Deutschen Bank ist nicht die Rede.

Als Lehre aus der Immobilienblase in den USA fordert Steinbrück auch eine Begrenzung der Beleihung von Immobilien. „Zukünftig muss in ganz Europa eine Obergrenze für die Beleihung von Immobilien von 80 Prozent verbindlich vorgeschrieben werden“, heißt es in dem Papier. In Boomphasen müsse die Aufsicht die Obergrenze bei 60 Prozent verankern dürfen. Auch Managergehälter und Boni sollen begrenzt werden. „Die variable Vergütung darf das Festgehalt nicht übersteigen“, heißt es.

Auch die steuerlichen Vergünstigungen für Manager-Vergütungen sollen eingeschränkt werden: „Die vom Steuerzahler subventionierte steuerliche Absetzungsfähigkeit von Managergehältern und Abfindungen als Unternehmensausgaben muss auf maximal die Hälfte der Beträge, die eine Million Euro übersteigen, beschränkt werden.“

Deutsche Bank warnt vor Umsetzung der Pläne

Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner lehnt Steinbrücks Idee ab, Universalbanken in einzelne Geschäftsbereiche unter einer Holding zu trennen. „Man würde mit der Zerschlagung der heutigen Universalbank ohne Zweifel etwas zerstören, was auch für die deutsche Industrie wichtig ist“, sagte Achleitner dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe). Anders als von Steinbrück behauptet, würden damit keineswegs die richtigen Lehren aus der Finanzkrise gezogen.

Der Bankenverband verwies darauf, dass Deutschland bereits einen Abwicklungsfonds habe, viele andere europäische Länder mit Instituten in Schieflage dagegen nicht. „Wer für angeblich systemrelevante Großbanken einen gesonderten Topf auf europäischer Ebene errichten will, verkennt, dass die Krise gerade von kleinen und mittleren Banken wie von den spanischen Sparkassen verschärft wurde“, teilte der Verband mit. (rtr/dapd)