Essen. . Zum 150-jährigen Bestehen der deutschen Marke Opel will der US-Mutterkonzern General Motors die Astra-Produktion offenbar nach England und Polen verlagern. Mit jedem Detail, das aus dem Sanierungsplan bekannt wird, wird es wahrscheinlicher, dass in Bochum 2015 Schicht ist.
Im Spätsommer wollten sie richtig groß feiern bei Opel. Den 150. Geburtstag der Marke mit dem Blitz – und den 50. Geburtstag des Bochumer Werks. Mit dem Kadett A der ersten Stunde und ein paar schicken Jubiläums-Modellen. Doch daran denkt in Bochum derzeit niemand mehr. Denn schon wieder droht dem Werk die Schließung. Und mit jedem Detail, das aus dem Sanierungsplan der US-Mutter General Motors bekannt wird, wird es wahrscheinlicher, dass in Bochum 2015 Schicht ist.
Opel schreibt Verluste, in diesem Jahr knapp 200 Millionen Euro allein von Januar bis März. Bis 2014 hat GM den europäischen Opel-Werken samt Belegschaften Bestandsschutz gegeben. Doch was danach passiert, nimmt in diesen Tagen immer schärfere Konturen an. Dass 2015 das neue Modell des Massenautos Astra anlaufen soll, will GM zu einem Umbau seiner Werke in Europa nutzen. Aus der Zentrale in Detroit wird seit Wochen gestreut, ein bis zwei Werke müssten schließen. Mit dieser Drohung ging das Management auf Tour und horchte in die Belegschaften hinein, zu welchem Verzicht sie bereit wären, wenn ihr Werk verschont bliebe.
Der neue Astra soll wohl nur noch in England und Polen gebaut werden
Das vorläufige Ergebnis lautet nach Informationen der WAZ Mediengruppe wie folgt: Der neue Astra soll nur noch in zwei Werken gebaut werden, im britischen Ellesmere Port und im polnischen Gliwice. Die britische Regierung hat laut europäischen Betriebsratskreisen massiv Druck auf GM ausgeübt, mit einer Verbannung aus den staatlichen Dienstwagenflotten gedroht und mit versteckten Lohnsubventionen gelockt. Für Polen spricht das niedrigere Lohnniveau.
Damit das Stammwerk in Rüsselsheim nach dem Verlust des Astra besser ausgelastet wird, soll der Personalvorstand als Ersatz den Zafira angeboten haben. Auch dort soll die Belegschaft auf Lohnbestandteile verzichten und 30 Prozent Leiharbeiter im Werk dulden. Der Bochumer Belegschaft hat Opel kein solches Angebot unterbreitet. Denn in diesen Plänen spielt ihr Werk nach 2014 keine Rolle mehr.
Betriebsräte und IG Metall rüsten zur Abwehrschlacht. „Solche Pläne müssen mit entsprechendem Business-Plan im Aufsichtsrat besprochen werden. Sollte das Management daran vorbeigehen, wäre das ein Verstoß gegen das Aktienrecht“, sagt Rainer Einenkel, Betriebsratschef in Bochum. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr zu entscheiden, dass kein Astra mehr in Deutschland gebaut wird, wäre für ihn „reiner Wahnsinn – das würde den Absatz in Deutschland gefährden“.
Strackes „Richtigstellung“ liefert Argumente gegen Rüsselsheim
Auch die IG Metall vermisst eine Wachstums-Strategie für Opel. „Es geht bei Opel mittlerweile längst nicht mehr um Werksschließungen alleine. General Motors gefährdet mit solchen Plänen die Marke im Ganzen“, sagt Oliver Burkhard, Chef der IG Metall in Nordrhein-Westfalen.
Opel verbreitete Montag zu einem FAZ-Bericht über die Astra-Verlagerung eine „Richtigstellung“ von Vorstandschef Karl-Friedrich Stracke, der jedoch mit keinem Wort darauf einging, wo der neue Astra denn gebaut werden soll. Vielmehr betonte er, dass „2011 nur 18.300 Astra in Rüsselsheim vom Band“ gelaufen seien und lieferte damit gleich ein Argument, die Produktion zu verlagern. In Ellesmere Port werden ausschließlich Astra gefertigt, eine Aufstockung würde das Werk besser auslasten. Und die Produktion in Polen ist ohnehin günstiger.