Ingolstadt. Die 100-Jahr-Feier für Audi steht ganz im Zeichen des Machtkampfes zwischen Porsche und Volkswagen. Seit Monaten liefern sich die beiden Autobauer eine erbitterte Übernahmeschlacht, die längst zur Familienfehde geworden ist. Am Ende aber scheinen die Blutsbande wieder erstarkt zu sein.
An Familienfesten, so gehört es sich nicht nur bei Porsches und Piëchs, ist Ruhe und Frieden angesagt. Erst recht, wenn sich hoher Besuch die Ehre gibt. Und die Bundeskanzlerin, die am Donnerstagabend zum 100-jährigen Gründungsfest von Audi die Rede hält, ist gewiss ein sehr hoher Besuch.
Und so werden sie alle gute Miene zum bösen Spiel machen. Der Machtkampf zwischen Porsche und der Audi-Muttergesellschaft Volkswagen ist längst zur Fehde geraten – zwischen Porsche-Chef Wendelin Wiedeking und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Porsche auf der einen Seite und Porsche-Vetter Ferdinand Piëch, der dem VW-Aufsichtsrat vorsitzt, auf der anderen Seite. Nun aber, auf dem Höhepunkt dieser wohl absonderlichsten Übernahmeschlacht der Wirtschaftsgeschichte, scheint die Blutsbande der Piëchs und Porsches wieder erstarkt zu sein, oder anders ausgedrückt: Es siegt die Vernunft.
Nicht der Stuttgarter Familienbetrieb Porsche – zu über 50 Prozent dominiert von der Familie Porsche, zu knapp 50 von den Piëchs – finanziert die Übernahme des vielfach größeren VW-Konzern mit Hilfe des Emirats Katar. Stattdessen soll sich Ferdinand Piëch mit seinem Vorschlag durchgesetzt haben, wonach VW sich an Porsche mit knapp 50 Prozent beteiligt, die beiden Hersteller einen gemeinsamen Konzern bilden und Katar mit 20 Prozent bei Volkswagen einsteigt. So jedenfalls berichteten es am Donnerstag mehrere Zeitungen.
Wäre es so, was in dieser öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht mit allerhand Intrigen und Durchstechereien nicht sicher ist, dann hätte der Ingenieur Ferdinand Piëch einmal mehr als Maschinist der Macht die Oberhand behalten.
Die Pedanterie hat dem 72-jährigen Vater von vermutlich zwölf Kindern den Spitznamen Fugen-Ferdi eingebracht – auch dank der Geschichte, der Ingenieur habe seinerzeit gerne eigenhändig Spaltmaße an Kotflügeln nachgemessen. Piëch hat während seiner Karriere reichlich Siege davon getragen. Etwa, als er den VW-Chef Pischetsrieder kurz nach dessen Vertragsverlängerung schasste, damals mit Hilfe der IG Metall, die bei VW eine traditionell starke Rolle spielt. Auch diesmal gelang es Piëch, mit den Gewerkschaften, aber auch dem niedersächsischen CDU-Ministerpräsidenten Christian Wulff eine Allianz gegen Porsche-Chef Wiedeking zu schmieden.
Der härteste Schlag aber gegen Wiedekings kühne Übernahmepläne war, dass auch die Bundesregierung am VW-Gesetz festhielt. Das Gesetz sichert Niedersachsen eine Sperrminorität, obwohl das Land nur 20 Prozent der Aktien besitzt. Ein ordnungspolitischer Sündenfall, den die EU-Kommission beenden wollte. Wiedeking setzte alles auf einen Brüsseler Erfolg – und darauf, dass er dann mehr als 75 Prozent an VW hätte kontrollieren können und Zugang gehabt hätte zu den finanziellen Reserven bei VW. Mit denen wollte der Porsche-Chef den Deal finanzieren. Nun aber ist das VW-Gesetz in langwierige Brüsseler Gesetzesmühlen geraten.
Für Wiedeking könnte das nach 17 Jahren das Ende bei Porsche bedeuten. Anfang der 90-er Jahre stieg er bei Porsche ein – auf eigenes Risiko –, um den angeschlagenen Sportwagenbauer zu sanieren. Die persönliche Haftung trug ihm später eine Gewinnbeteiligung ein, die Wiedeking mit zuletzt knapp 80 Millionen Euro zum bestverdienenden deutschen Manager machte.