Düsseldorf. Immer weniger junge Familien können sich ein Eigenheim leisten. Eine Studie zeigt, wo es hakt und wie eine Immobilie erschwinglich wird.
Der Traum vom eigenen Haus ist ungebrochen. Doch die Eigentumsquote in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen sinkt seit Jahren. Eine Studie hat die Ursachen ermittelt: Insbesondere jungen Familien fehlt das Ersparte, und die Nebenkosten wie die Grunderwerbssteuer und Notargebühren sind hoch.
Mit ihren 174.000 Wohnungen ist die LEG der größte Vermieter in NRW und hat inzwischen auch Immobilien in anderen Bundesländern dazu gekauft. Beim Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hat das Düsseldorfer Unternehmen eine Studie in Auftrag gegeben, die Wege aufzeigen soll, wie junge Familien zu Wohneigentum kommen können. Einen Widerspruch zu seinem Kerngeschäft, Wohnungen zu vermieten, sieht LEG-Chef Lars von Lackum darin ganz und gar nicht.
LEG: Mischung von Mietern und Eigentümern schafft Stabilität
Im Gegenteil: „Die Zufriedenheit in einem Wohnquartier wächst bei einer guten Mischung von Mietern und Eigentümern. Gemischte Nachbarschaften erhöhen nachweislich die Stabilität“, sagt von Lackum im Gespräch mit unserer Redaktion. Das solle aber nicht bedeuten, dass sich die LEG Verkaufspläne in großem Stil verfolge. „Wir als LEG privatisieren jährlich rund 100 Wohnungen – das ist also nicht unser Kerngeschäft. Daran soll sich auch nichts ändern. Uns geht es nicht darum, Tausende von Wohnungen zu verkaufen“, so der Vorstandsvorsitzende.
Zumal Wohnungen knapp sind, weil zu wenig gebaut werde. „Auf Deutschland kommen enorme Investitionen zu, in Straßen, Brücken, die Bundeswehr und den Wiederaufbau der Ukraine. Ich befürchte, dass deshalb wenige Mittel für den Wohnungsbau übrigbleiben werden“, prophezeit der LEG und legt noch eine weitere düstere Prognose drauf: „Uns droht auf Seiten privater Bauherren ein Preisschock. Es wird zu enormer Nachfrage nach Material und immer knapper werdenden Baufirmen-Kapazitäten für die Infrastruktur kommen.“
In NRW ist die Eigentumsquote besonders gering
Dabei sei ein Häuschen oder eine Eigentumswohnung in Zeiten unsicherer Rentenniveaus auch ein Beitrag zur Altersvorsorge. Die Zahlen, die der führende Wissenschaftler Michael Voigtländer mit seinem Team vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) zusammengetragen hat, zeigen den Handlungsbedarf. „Deutschland ist eine Mieternation“, sagt er. Hierzulande leben gerade einmal 47,6 Prozent der Menschen in selbstgenutztem Wohneigentum. Das ist mit Abstand die niedrigste Quote in Europa. Frankreich kommt auf 67 Prozent, Italien auf 75 Prozent und Rumänien sogar auf über 95 Prozent.
Und in Deutschland ist die Eigentumsquote in den vergangenen Jahren sogar noch einmal gesunken, obwohl die Zinsen bis zum Jahr 2022 auf einem Rekordtief lagen. Mit rund 40 Prozent liegt der Anteil der Menschen mit eigener Immobilie in NRW noch einmal deutlich unter dem Bundesdurchschnitt, wenngleich es große regionale Unterschiede gibt. Der Kreis Wesel kommt auf 47,2 Prozent, die Stadt Essen aber nur auf knapp 26 Prozent.
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In Nordrhein-Westfalen liegen nicht nur die meisten Großstädte, in denen die Immobilienpreise in der Regel besonders hoch sind. Den Hauptgrund für hohe Hürden zu einem Eigenheim sieht Voigtländer aber ganz woanders. „Nicht Ungleichheit bei den Einkommen in Deutschland wächst, sondern bei den Vermögen. Den Menschen fehlen die Ersparnisse. Das macht es ihnen so schwer, an Eigentum zu kommen“, sagt der Professor im Gespräch mit unserer Redaktion und nennt ein Beispiel. „Mit einem Durchschnittsvermögen von 10.800 Euro der unter 35-Jährigen kommt man nicht weit, wenn ein Einfamilienhaus aktuell mehr als 300.000 Euro kostet und man 60.000 Euro Eigenkapital bräuchte.“ Auf dieses Polster kommen aber gerade einmal zwölf Prozent der jüngeren Mieterinnen und Mieter. Menschen bis 45 Jahre haben im Schnitt 22.300 Euro gespart.
IW-Forscher Voigtländer: Dringend die Erwerbsnebenkosten senken
Wenn das Geld in den Haushalten fehlt, benennt Voigtländer nun andere Stellschrauben, um die Erschwinglichkeit von Immobilien zu verbessern. „In Deutschland müssen dringend die Erwerbsnebenkosten gesenkt werden bis hin zu denen für Notar und Makler. Ich fürchte nur, da wird es große Widerstände geben“, meint der Professor. Spielraum sieht er vor allem bei der Grunderwerbssteuer, die in NRW stolze 6,5 Prozent beträgt. Bei einem Immobilienwert von 300.000 Euro kommen deshalb noch einmal locker fast 20.000 Euro für den Staat obendrauf.
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In seiner Studie zeigt er mögliche Auswege auf, wie für Familien der Weg zum Häuschen erleichtert werden kann. „Ich kann mir vorstellen, dass die NRW-Bank die Grunderwerbssteuer vorfinanziert und die Menschen sie über einen längeren Zeitraum hinweg abbezahlen“, nennt Voigtländer ein Beispiel.
Von einem anderen Instrument verspricht er sich allerdings den größeren Effekt. „In Schleswig-Holstein gibt es Nachrangdarlehen ohne Einkommensgrenze. Dort können die Menschen fast ohne Eigenkapital Häuser kaufen“, blickt der Wissenschaftler in den Norden der Republik. Diese Nachrangdarlehen, die im Falle von Zahlungsausfällen erst nachrangig bedient werden, könnten von der NRW-Bank für besonders einkommensschwache Haushalte angeboten werden.
Für diesen Weg macht sich auch LEG-Chef Lars von Lackum stark. „Die schleswig-holsteinische Förderbank vergibt Nachrangdarlehen ohne Einkommensgrenze“, sagt er. „Das ist ein großartiges Beispiel und sollte nach Möglichkeit auch von der NRW-Bank übernommen werden.“
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