Düsseldorf. Die Zinswende hat den Immobilien-Boom gebremst. Was Commerzbank-Manager Mario Peric nun Häuslebauern rät.
Nach Jahren des Immobilien-Booms bremst die Zinswende erstmals wieder das Geschäft mit Baufinanzierungen. Mario Peric, Bereichsvorstand der Commerzbank in West- und Süddeutschland, erklärt im Interview, worauf sich Häuslebauer jetzt einstellen müssen und warum sie mehr Eigenkapital benötigen.
Lange haben Geldinstitute ein Ende der Nullzins-Politik herbeigesehnt. Jetzt ist sie da. Sind Sie zufrieden?
Mario Peric: Das hängt davon ab, auf was ich konkret schaue. Beim Thema Inflationsbekämpfung sind wir nicht zufrieden. Hier hat die Europäische Zentralbank zu lange nicht entschieden genug gehandelt. Deshalb gibt es jetzt hier so viel Druck. Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass die EZB früher und konsequenter reagiert hätte.
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Sind höhere Zinsen ein geeignetes Mittel gegen die Inflation?
Peric: Natürlich. Aber die Inflationsrisiken sind weiter hoch. Die Inflation ohne die schwankungsanfälligen Preise für Energie und Nahrungsmittel ist weiter gestiegen. Zudem ziehen die Lohnabschlüsse an. Deshalb war die Entscheidung der EZB, die Leitzinsen im März weiter zu erhöhen, absolut richtig. Bei Zinsschritten sollte grundsätzlich darauf geachtet werden, dass die Wirtschaft nicht in eine Rezession rutscht.
Auf welche Inflationsrate wird sich Deutschland Ihrer Einschätzung nach einstellen müssen?
Peric: Wir rechnen auch für die nächsten Jahre mit einer Inflation von deutlich über zwei Prozent.
Die hohe Inflation bremst vor allem das bislang boomende Immobilien-Geschäft. Bekommt das auch die Commerzbank zu spüren?
Peric: Ja, das merken alle Geldinstitute. Das Baufinanzierungsgeschäft ist eingetrübt. In der Marktregion West der Commerzbank ist das Neugeschäft mit Immobilienkrediten im vergangenen Jahr um 30 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro zurückgegangen. Dafür kommt das Bausparen zurück. Hier haben wir einen Zuwachs um mehr als 50 Prozent auf 294 Millionen Euro verzeichnet.
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Zinsen und Baukosten steigen. Was raten Sie Kundinnen und Kunden, die dennoch in ein Eigenheim investieren wollen?
Peric: Man braucht deutlich mehr Eigenkapital als noch vor ein, zwei Jahren. Man sollte mindestens ein Drittel der Kaufsumme mitbringen, sonst ist ein Zinssatz von vier Prozent nicht leistbar. Die bisherige Faustregel von 20 Prozent Eigenkapital reicht nicht mehr aus.
Befürchten Sie Ausfälle laufender Baufinanzierungen, weil Kunden die Raten nicht mehr stemmen können?
Peric: Nein. In Deutschland sind Immobilienkredite in der Regel solide finanziert. Die meisten unserer Kunden gehen auf Nummer sicher und schließen Festzins-Verträge ab, die bis zu 20 Jahre laufen. Zudem haben wir unsere Kunden aktiv angesprochen, die Laufzeiten rechtzeitig zu verlängern, bevor die Zinsen noch weiter steigen. So konnten wir im Westen unser Bestandsvolumen an Baufinanzierungen um 23,2 Prozent auf knapp 8,7 Milliarden Euro steigern.
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Die Kreditzinsen steigen, auf vielen Tagesgeldkonten und Sparbüchern hat sich aber noch nicht viel bewegt. Haben Sie dafür eine Erklärung?
Peric: Sowohl Kunden als auch Neukunden erhalten seit Januar 2023 wieder Zinsen auf Tagesgeld (0,40 Prozent) und Spareinlagen (0,258 Prozent). Zum Glück haben Anlegerinnen und Anleger wieder mehr Wahlmöglichkeiten. Und hier sind insbesondere Wertpapiersparpläne das Stichwort: Wer vor 22 Jahren als 18-jähriger Berufsanfänger monatlich 100 Euro auf einem Sparbuch angelegt hätte, bei zwei Prozent Verzinsung über die Jahre, würde heute über knapp 33.000 Euro verfügen. Wenn er das Geld stattdessen über einen Wertpapiersparplan in einen internationalen Aktienfonds gesteckt hätte, würde er heute über ein Vermögen von 62.000 Euro verfügen.
Die Commerzbank hat ihr Filialnetz deutlich gestrafft. Ist Ihnen deshalb die Kundschaft weggelaufen?
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Peric: Im Gegenteil. Obwohl wir auf bundesweit rund 400 Filialen reduziert haben, konnten wir im vergangenen Jahr einen deutlichen Zuwachs bei Einlagen, Krediten und Wertpapieren verzeichnen. Unser Geschäftsvolumen in Nordrhein-Westfalen wuchs um rund drei Prozent auf 47,2 Milliarden Euro. Das zeigt, dass unsere Omni-Kanal-Strategie wirkt. Auch deshalb ist die Commerzbank in den Dax zurückgekehrt.
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Ungeachtet steigender Zinsen steigerte die Commerzbank in NRW ihr Kreditvolumen für Firmenkunden im vergangenen Jahr um neun Prozent auf 15,5 Milliarden Euro. „Für viele unserer Kunden standen Beschaffungssicherheit und Liquiditätssicherung im Fokus“, sagt Stefan Otto, Bereichsvorstand Firmenkunden. Die Unternehmen hätten Kreditlinien in Anspruch genommen, um auf gestiegene Preise zu reagieren.
Otto beobachtete aber auch die Verlagerung von Produktionsstandorten, eine Regionalisierung von Lieferketten und eine Stärkung der Lagerbestände. „Wir gehen davon aus, dass das Kreditgeschäft wachsen und die Investitionstätigkeit im Jahresverlauf zunehmen wird“, so der Commerzbank-Manager.