Bochum. Weiter Streit um Rauchmelder „mit Komfortfunktionen“ von Vonovia. Einbau in fünf Bundesländern. Mieterschützer warnen auch vor Kosten.
Ungeachtet der Proteste von Mieterschützern will der Immobilienriese Vonovia nun doch auch in Nordrhein-Westfalen sogenannte „Spionage-Rauchwarnmelder“ einbauen. Der Pilotversuch war bislang auf Baden-Württemberg und Hessen begrenzt.
„Wir rüsten Ihre Wohnung mit dem neuen Multisensor Plus aus. Hierbei handelt es sich um einen innovativen Rauchwarnmelder, der Ihre Sicherheit verbessert und optionale Komfortfunktionen für ein besseres Raumklima bietet“, heißt es in einem Schreiben, das Vonovia mit Datum 6. Dezember 2024 an Mieterinnen und Mieter in Essen verschickt hat. Der Brief liegt dieser Zeitung vor.
Rauchwarnmelder, den Vonovia einbauen lässt, hat auch etliche „Komfortfunktionen“
Am 13. Dezember hatte der Bochumer Dax-Konzern noch auf Anfrage unserer Redaktion mitgeteilt, dass die Entscheidung, ob die Rauchmelder auch über Hessen und Baden-Württemberg hinaus installiert werden sollen, noch nicht gefallen sei. Inzwischen hat ein Vonovia-Sprecher gegenüber unserer Redaktion die früheren Aussagen korrigiert und den neuen Entscheidungs-Stand bestätigt. Der Multisensor Plus wird demnach auch in NRW, Niedersachsen und Bayern zum Einsatz kommen.
Die neue Generation von Rauchmeldern wurde gemeinsam mit dem Gebäudedienstleister Techem entwickelt und ist in der Lage, nicht nur vor Rauchentwicklung in der Wohnung zu warnen, sondern auch vor großer Hitze und gefährlichem Kohlenmonoxid. Vonovia preist zudem umstrittene „optionale Komfortfunktionen, um das Wohnklima zu optimieren“, an. Diese „Komfortfunktionen“ wie Lüftungsempfehlungen in den Rauchmeldern werden nach Angaben des Unternehmens aber nur aktiviert, wenn die Mieterinnen und Mieter zuvor aktiv zugestimmt hätten. Davon habe bereits „rund die Hälfte unserer Mieterinnen und Mieter“ Gebrauch gemacht, sagt ein Vonovia-Sprecher auf Anfrage. Sie sind damit einverstanden, dass ihre Daten an die Vonovia-App gesendet werden.
Mieterbund: Es geht auch um Mieterhöhungen
Mit der Deaktivierung der „Komfortfunktionen“ ist Vonovia bereits einen Schritt auf Mieterschützer zugegangen, die vor Datenmissbrauch und vor der Ausspionierung von Mietern warnen. Ursprünglich hätten die Mieter aktiv widersprechen müssen, sonst wären alle Funktionen beim Einbau scharf geschaltet worden. Das Zugeständnis der aktiven Einwilligung geht Jochem Witzke aber nicht weit genug. „Wir raten allen Mieterinnen und Mieter dringend davon ab, die Einwilligung zur Datenverarbeitung zu unterschreiben“, sagt der Vorsitzende des Mieterbundes NRW und schiebt gleich eine Forderung hinterher: „Vonovia fordern wir auf, keine Hightechgeräte gegen den Willen der Mieterinnen und Mieter zu verbauen, sondern auf gängige Modelle zurückzugreifen, die alle notwendigen Sicherheitsstandards erfüllen.“
Denn Witzke vermutet, Vonovia habe beim Einbau des Multisensor Plus einen Hintergedanken. Dem Unternehmen gehe es „weder um die Sicherheit oder das Wohlergehen der Mieterinnen und Mieter, sondern um ein paar Euro Mieterhöhung und die Sammlung von Mieterdaten“, erklärt der Mieterschützer. In dem Vonovia-Schreiben heißt es, der Austausch der Rauchmelder sei eine Modernisierungsmaßnahme, die „teilweise auf die Mieter umgelegt“ werden könne. „Daher wird es nach Abschluss der Arbeiten eine geringe Anpassung Ihrer Grundmiete geben“, schreibt Vonovia. „Aktuell schätzen wir die Umlage pro Monat auf insgesamt 3,42 Euro.“ Die Betriebskosten für vier Geräte des Multisensor Plus beliefen sich auf 1,17 Euro pro Monat.
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