Essen. Studie: Entwicklung der Kaltmieten für Familien relativ stabil. Eigentümerverband sieht eher die Nebenkosten als Treiber der Wohnkosten.
Neben der alles überlagernden Debatte um Migration gehören die Mieten zu einem der wenigen anderen Themen, die im Bundestagswahlkampf eine Rolle spielen. Mit einer aktuellen Studie will der Eigentümerverband Haus & Grund unterstreichen, dass die Mieten nicht flächendeckend und vor allem nicht im Ruhrgebiet durch die Decke gehen. Den Preisauftrieb bekommt danach eine Personengruppe besonders zu spüren.
„Die Mieten in Deutschland bleiben bezahlbar“, fassen die Autoren Jakob Grimm und Matthias zu Eicken vom Institut Emiprica die Ergebnisse ihrer Studie zusammen. Sie haben die Nettokaltmieten mit den verfügbaren Einkommen zwischen den Jahren 2014 und 2023 verglichen und kommen zu dem Schluss, dass die durchschnittliche Mietbelastung in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren „relativ stabil geblieben“ sei. Den Zahlen zufolge sind die Einkommen in manchen Regionen stärker gestiegen als die Kaltmieten, es gibt aber auch umgekehrte Fälle. Die Nebenkosten wie Heizung, Grundsteuer und Müllabfuhr sind in der Studie ausdrücklich nicht berücksichtigt worden.
Der Erhebung im Auftrag von Haus & Grund zufolge müssen aktuell Familien mit Kindern im bundesweiten Durchschnitt knapp 15 Prozent ihres Einkommens für die Kaltmiete ausgeben, bei alleinlebenden Menschen sind es fast 21 Prozent. Die Autoren zeichnen ein ausgeprägtes Stadt-Land-Gefälle nach. So müssen Mieterinnen und Mieter in einigen ländlichen Regionen unter zehn Prozent ihres Einkommens in die Kaltmiete stecken, während für die gleichgroße Wohnung in Berlin oder München 30 Prozent fällig werden.
Mietkostenbelastung für Familien im Bestand und beim Umzug in den vergangenen zehn Jahren
- Bochum: 14,1 % (-1,5 %) | 18,5 % (+1,3 %)
- Bottrop: 12,6 % (-2,0 %) | 16,1 % (-0,5 %)
- Dortmund: 15,8 % (+0,6 %) | 19,5 % (+2,8 %)
- Duisburg: 13,6 % (-1,2 %) | 17,3 % (+1,7 %)
- Düsseldorf: 19,4 % (+0,6 %) | 24,9 % (+2,4 %)
- EN-Kreis: 12,7 % (-0,9 %) | 16,5 % (+1,2 %)
- Essen: 14,5 % (-1,4 %) | 17,8 % (+0,6 %)
- Gelsenkirchen: 13,0 % (-0,6 %) | 16,1 % (+0,8 %)
- Herne: 14,1 % (-0,5 %) | 17,4 % (+2,0 %)
- Mülheim: 13,6 % (-1,4 %) | 17,0 % (-0,4 %)
- Oberhausen: 13,4 % (-0,6 %) | 16,5 % (+0,5 %)
- Kreis Recklinghausen: 12,5 % (-1,3 %) | 15,4 % (+0,2 %)
- Kreis Wesel: 12,3 % (-1,2 %) | 16,2 % (+0,6 %)
Die Städte an Rhein und Ruhr liegen zwischen diesen Welten. „Es stimmt einfach nicht, dass die Mieten deutschlandweit explodieren. Das trifft vor allem nicht für das Ruhrgebiet zu“, sagt Walter Eilert, Vorsitzender des Landesverbands Ruhr bei Haus & Grund. „Im Ruhrgebiet zu wohnen, ist noch absolut bezahlbar. Das zeigt auch die Entscheidung der Landesregierung, die Mietpreisbremse nur in Dortmund einzuführen“, erklärt Eilert.
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Der aktuellen Studie zufolge müssen Familien etwa in Bottrop 12,6 Prozent ihres Einkommens für die Kaltmiete aufbringen – zwei Prozent weniger als vor zehn Jahren. Nach einem Umzug sind es aufgrund der gestiegenen Neuvertragsmieten allerdings bereits 16,1 Prozent. Mieten für frei werdende Wohnungen steigen deutlich stärker als die Bestandsmieten. Deutlich mehr müssen Alleinstehende für die Kaltmieten aufbringen. In laufenden Verträgen in Bottrop sind es 16,4 Prozent des Einkommens, nach dem Umzug bereits 20,9 Prozent.
Die höchste Mietbelastung im Ruhrgebiet weist demnach Dortmund auf: Die Quote beträgt für Familien 15,8 und 19,5 Prozent, für Singles 19,5 und 25,3 Prozent. Den geringsten Teil ihres Einkommens müssen dagegen Familien und Alleinstehende im Kreis Recklinghausen für die Kaltmiete reservieren.
Mietkostenbelastung für Alleinstehende im Bestand und beim Umzug
- Bochum: 18,9 % (-0,5 %) | 23,9 % (+1,9 %)
- Bottrop: 16,4 % (-2,0 %) | 20,9 % (-0,6 %)
- Dortmund: 19,5 % (+0,5 %) | 25,3 % (+3,9 %)
- Duisburg: 18,8 % (-0,1 %) | 23,2 % (+2,6 %)
- Düsseldorf: 23,6 % (-0,9 %) | 32,9 % (+3,8 %)
- EN-Kreis: 16,7 % (-0,7 %) | 21,5 % (+2,0 %)
- Essen: 18,7 % (-1,5 %) | 23,4 % (+1,1 %)
- Gelsenkirchen: 18,3 % (-0,3 %) | 21,2 % (+1,4 %)
- Herne: 18,9 % (+0,6 %) | 22,7 % (+2,4 %)
- Mülheim: 16,4 % (-3,0 %) | 21,5 % (-0,3 %)
- Oberhausen: 16,4 % (-2,1 %) | 21,7 % (+1,1 %)
- Kreis Recklinghausen: 16,2 % (-1,3 %) | 20,2 % (+0,6 %)
- Kreis Wesel: 16,7 % (-1,3 %) | 21,4 % (+0,7 %)
Unter steigenden Mieten leiden vor allem Alleinlebende, die in eine Großstadt ziehen oder innerhalb einer Großstadt die Wohnung wechseln. 2014 mussten sie noch im bundesweiten Durchschnitt 29,5 Prozent ihres Einkommens in die Kaltmiete investieren. Inzwischen sind es 33,2 Prozent.
Aus dem Zahlenwerk von Empirica zieht Andreas Noje, Geschäftsführer von Haus & Grund Ruhr, einen klaren Schluss. „Die Nettokaltmieten sind nicht die Preistreiber. Vielmehr steigen die Nebenkosten wie Gebäudeversicherungen, die Grundsteuer und Gebühren für Müll und Abwasser spürbar.“ Im Wahlkampf werde da viel zu wenig differenziert, kritisiert er. Mieterschützer bezeichnen die Nebenkosten längst als die „zweite Miete“, die oftmals kaum geringer sei als die Kaltmiete.
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Um die Kosten für das Wohnen zu begrenzen, hält Noje deshalb die Mietpreisbremse für das falsche Instrument. Zum 1. März hat die schwarz-grüne Landesregierung die Mietpreisbremse von 18 auf 57 NRW-Kommunen ausgeweitet. Dort darf die Miete bei neu abgeschlossenen Verträgen höchstens zehn Prozent oberhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. In laufenden Verträgen dürfen Vermieter die Miete um nicht mehr als 15 Prozent (anstatt 20 Prozent) und nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus erhöhen.
„Die Mietpreisbremse ist das falsche Instrument, weil sie für Gering- und Gutverdienende gilt. Spürbare Entlastungen für Mieter kann es deshalb nur über die Betriebskosten geben“, meint Haus & Grund-Manager Noje. Diese Tarife legen allerdings die Kommunen, Energieversorger und Versicherungen fest. Vermieter haben darauf keinen Einfluss.
>>> So steigen Kaltmieten und Einkommen
Laut der Empirica-Studie hatten Paare mit Kindern im Jahr 2014 ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 3275 Euro. Zehn Jahre später waren es 4214 Euro. Das entspricht einem Plus von 28,7 Prozent. Die Kaltmiete für eine 90-Quadratmeter-Wohnung stieg im gleichen Zeitraum von 498 auf 625 Euro – ein Plus von 25,3 Prozent.
Bei 50-Quadratmeter-Wohnungen, in denen typischerweise Singles leben, ging die Durchschnittsmiete um 28,8 Prozent in die Höhe. Das Nettoeinkommen der Alleinlebenden stieg um 26,4 Prozent von 1416 auf 1789 Euro.
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