Essen. Verdi ruft zum Streiks im öffentlichen Nahverkehr am Freitag auf. Das dürfte allerdings nicht der letzte Streik in den nächsten Wochen sein.
Zusammenfassung
- Warnstreiks legen Nahverkehr in NRW lahm: Millionen Menschen sind betroffen.
- Verdi fordert 350 Euro und vier freie Tage mehr
- Der Tarifkonflikt eskaliert: Weitere Streiks im öffentlichen Dienst werden erwartet
Der Nahverkehr steht in NRW vielerorts still: Millionen Fahrgäste des ÖPNV in Nordrhein-Westfalen müssen heute mit großen Einschränkungen bei Straßenbahnen, U-Bahnen und Bussen rechnen. Verdi in NRW rief für heute 35.000 Beschäftigte in landesweit mehr als 30 Unternehmen zu Warnstreiks auf, teilte die Gewerkschaft mit. Der Streik hat mit Dienstbeginn am frühen Freitagmorgen begonnen und soll mit dem Schichtende am selben Tag enden.
Betroffen sind laut einem Verdi-Sprecher alle größeren Städte in NRW. S-Bahnen, RE oder ICE von der Deutschen Bahn seien nicht Teil des Warnstreiks. Die kommunalen Verkehrsbetriebe informieren auf ihren Webseiten darüber, ob und welche Verbindungen in der Stadt oder Region noch bedient werden.
Aufgerufen sind auch die Beschäftigten der Ruhrbahn in Essen und Mülheim, der Vestischen in Bottrop, Recklinghausen und weitere Städten im nördlichen Ruhrgebiet sowie der Verkehrsbetriebe in Oberhausen, Duisburg, Bochum, Gelsenkirchen, Dortmund, Unna - also im gesamten Revier. „In Dortmund wird die DSW21 komplett bestreikt, dort steht alles still“, kündigt der Verdi-Bezirk Westfalen an. Bestreikt wird der Nahverkehr auch in Baden-Württemberg, Bremen, Hessen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Bundesweit waren zudem bereits am Donnerstag die Beschäftigten der Stadtwerke, der Wasserversorgungs- und Abwasserentsorgungsbetriebe sowie der Müllverbrennungsanlagen zur Arbeitsniederlegung aufgerufen.
Verdi vermisst Angebot: „Fatales Signal“
Auslöser ist die ergebnislose zweite Tarifrunde mit den Kommunen und dem Bund, die am Montag und Dienstag keine nennenswerten Fortschritte brachte. Die Arbeitgeber haben Verdi zufolge kein Angebot für die 2,6 Millionen Beschäftigten in Bund und Kommunen vorgelegt, in NRW geht es um 640.000 Beschäftigte. „Das ist ein fatales Signal an die Beschäftigten und an die Bürgerinnen und Bürger, die in einer Zeit wachsender Verunsicherung auf einen funktionierenden öffentlichen Dienst angewiesen sind“, erklärte Verdi-Chef Frank Werneke. Die dritte Runde ist erst für den 14./15. März 2025 in Potsdam angesetzt.
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Warum diese sechs Bundesländer? In ihnen sind die Entgelte im kommunalen Nahverkehr durch die Landestarifverträge TV-N an die Lohnentwicklung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVÖD) gekoppelt. Viele Pendlerinnen und Pendler in NRW werden sich gut, aber ungern an die massiven Streiks erinnern, die es bereits im letzten Winter im Nahverkehr gegeben hat. Damals ging es um den Manteltarifvertrag, konkret um zusätzliche freie Tage und eine volle Jahressonderzahlung. Im Mai gab es schließlich eine Einigung, die noch bis 2026 gilt. Diesmal geht es um die Löhne, weshalb das Bus- und Bahnpersonal erneut streiken darf.
Viele Bus- und Bahnfahrer gehen in Rente, der Stresspegel steigt
„Die Situation der Beschäftigten im ÖPNV ist außerordentlich problematisch. Es gibt viel zu wenig Personal, so dass die Arbeitsverdichtung ständig zunimmt“, betont Verdi-Vizechefin Christine Behle. „Dazu kommt, dass in den kommenden Jahren tausende Menschen auch im Nahverkehr in Rente gehen. Von denen, die heute neu dazukommen, bleiben viele nur kurz: Für die Belastung ist der Lohn zu niedrig, sagen sie.“ Bei den Verbleibenden stiegen dadurch die Stresspegel und damit auch die Krankenstände, „darum fallen Busse und Bahnen viel zu oft aus“, so Behle.
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Um mehr Nachwuchs werben zu können, müssten die Löhne kräftig steigen. Behle wies darauf hin, dass der ÖPNV Daseinsvorsorge sei. Die Kommunen dürften mit der Finanzierung attraktiver Arbeitsbedingungen im ÖPNV nicht allein gelassen werden. Bund und Länder müssten die Zukunft des ÖPNV endlich als ihre Aufgabe verstehen.
Verdi fordert 350 Euro und vier freie Tage mehr
Vergangene Wochen wurden im Ruhrgebiet unter anderem Kitas, Seniorenheime und Kliniken bestreikt. Da die nächste Tarifrunde erst Mitte März stattfindet, dürften einige weitere Arbeitskampfmaßnahmen folgen. Das zumindest hat Volker Geyer, der Verhandlungsführer des Beamtenbunds, bereits am Dienstag angedroht: „In den nächsten drei Wochen werden wir deshalb überall im Land Warnstreiks und Protestaktionen organisieren. Anders kriegen wir die Arbeitgebenden offensichtlich nicht aus ihrer Blockadehaltung“, sagte er nach der zweiten Runde, in der es keinerlei Annäherung gegeben habe.
Verdi und der Deutsche Beamtenbund (dbb) haben eine Forderung von acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat aufgerufen. Ausbildende und Praktikanten sollen 200 Euro mehr erhalten. Darüber hinaus wollen sie drei zusätzliche freie Tage durchsetzen, für Gewerkschaftsmitglieder sogar vier. Bund und Kommunen halten das für unbezahlbar.
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