Mülheim. . Fahrzeuge, die per Brennstoffzelle betrieben werden, sollen bald vermehrt auf den Straßen rollen. Doch nicht nur die Infrastruktur fehlt.

An der Star-Tankstelle vor dem Rhein-Ruhr-Zentrum in Mülheim steht ein Daimler F-Cell. Aus einer Säule schießt Wasserstoff mit 700 Bar in den Tank des Elektrowagens. Er wird per Brennstoffzelle betrieben.

Bereits Ende der 1960er-Jahre wurden erste Brennstoffzellen entwickelt, doch erst jetzt scheinen sie auf dem Weg zur Marktfähigkeit zu sein. Der Durchbruch wurde bereits mehrfach angekündigt, blieb aufgrund technischer Probleme allerdings aus. „Die Brennstoffzelle funktionierte, aber für die ersten Fahrzeugmodelle fehlten Ersatzteile“, erinnert sich Volker Lindner, Vorsitzender vom H2-Netzwerk-Ruhr, das die Technologie nach vorne bringen möchte.

Alternative zum Batterieantrieb

Denn sie hat einen großen Vorteil: Sie ist im Betrieb vollkommen emissionsfrei. Lediglich Wasser tropft über den Auspuff in die Umwelt. Die Brennstoffzelle ist somit eine Alternative zur Batterie. Im Motor erzeugt die Zelle durch kalte Verbrennung von Wasserstoff zu Wasser Strom.

Serienreif sind heute vorwiegend Pkw-Modelle von asiatischen Herstellern: Mirai (von Toyota), ix35 (Hyundai) und Clarity (Honda). In Deutschland drängt Daimler mit dem GLC auf den Markt. Doch die Kernprobleme sind gewaltig. Zum Beispiel die Finanzierbarkeit: Die Preise bewegen sich zwischen 55 000 und 80 000 Euro – zu teuer für den privaten Massenmarkt. Für Unternehmen seien Dienstwagen interessant, so Lindner.

Einheitspreis verhindert Konkurrenzkampf

Die Serie im Überblick

Ein Kilogramm Wasserstoff kostet übrigens 9,50 Euro – aktuell ein Einheitspreis in Deutschland, um in der Entwicklungsphase keine Konkurrenz zu entfachen. Im Vergleich zum Benzin (bei 1,30 Euro/Liter) sind die Tankkosten daher nicht viel niedriger, im Vergleich zu Diesel (1,12/Liter) sogar minimal höher, wenn man den jeweiligen Verbrauch hochrechnet.

Das muss nicht so bleiben, denn: „Der Produktionspreis von Wasserstoff liegt nur bei 1,50 Euro“, verrät Frank Koch, Wasserstoff-Experte bei der Energieagentur NRW. Mit seinem Dienstwagen verbraucht Koch rund ein Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometern.

Nur 33 Wasserstoff-Tankstellen in Deutschland

Das größte Problem ist jedoch die fehlende Infrastruktur. Das Netz an Wasserstoff-Tankstellen ist löchriger als ein Schweizer Käse. Zurzeit gibt es erst 33 Standorte in Deutschland, im Kernruhrgebiet nur den in Mülheim. Im Oktober gesellt sich in Essen-Katernberg ein weiterer hinzu. Für Unternehmen sind eigene Tankstellen noch nicht tragbar. Die Kosten: rund 1,5 Millionen Euro. Dafür besteht in NRW durch eine 240 Kilometer lange Pipeline die Möglichkeit, öffentliche Tankstellen nur wenige Kilometer versetzt von der Leitung mit Wasserstoff zu versorgen.

Auf einem Display können Fahrer eines Wasserstoff-Fahrzeuges der Betriebszustand der Brennstoffzelle kontrollieren.
Auf einem Display können Fahrer eines Wasserstoff-Fahrzeuges der Betriebszustand der Brennstoffzelle kontrollieren. © Volker Hartmann

Förderer versprechen sich zudem von der Reichweite der Wasserstoff-Fahrzeuge einen Vorteil. Neuere Modelle können 500 bis 700 Kilometer fahren und damit weiter als Elektroautos, die ausschließlich per Batterie betrieben werden. Außerdem dauert der Tankvorgang eines Wasserstoff-Fahrzeuges nur rund fünf Minuten.

Bundesregierung möchte 400 Tankstellen bis 2023

Dennoch kommt die Brennstoffzelle beim Fahrzeugstart und der Beschleunigung nicht ohne die Hilfe einer Batterie aus. „Die Zelle wäre beim Beschleunigen träger. Sie arbeitet in konstantem Rhythmus. Dadurch hat sie eine längere Lebenszeit“, erklärt Koch.

Bis 2019 möchte der federführende Förderer für Wasserstoff in Deutschland, H2-Mobility, 100 Tankstellen haben. Die Bundesregierung hat für 2023 das Ziel von 400 Tankstellen ausgerufen. Gespräche mit Betreibern laufen, bei den großen Firmen mit Shell und Total. Marktführer Aral habe noch kein Interesse, sagt Koch. Wenn nun aber die Infrastruktur nicht geschaffen wird, gerate die Technologie in einen Teufelskreis, statt in den kommenden Jahren wirklich den Durchbruch zu schaffen.