Berlin/Essen. Im Streit um mögliche Bürgschaften für Quelle haben Finanzminister Peer Steinbrück und Wirtschaftsminister Theodor zu Guttenberg die Rollen getauscht. Anders als bei Opel sagt Steinbrück nein zu einer Bürgschaft – der CSU-Politiker Guttenberg hält sich zurück.
Peer Steinbrück (SPD) stellte vorsorglich klar, dass er jedenfalls nicht die politische Verantwortung übernehmen will, sollte die Rettung des Versandhändlers Quelle letztlich scheitern. Den schwarzen Peter im Polit-Spiel um den Traditionskonzern aus Fürth möchte der Finanzminister seinem bayerischen Kabinettskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) unterjubeln. Der Bundeswirtschaftsminister hatte in Umfragen zuletzt beneidenswerte Zustimmungswerte erzielt, auch dank seiner konsequent ablehnenden Haltung zu Staatshilfen für den Autobauer Opel. Beim ähnlich gelagerten Fall Quelle steht Guttenberg nun unter sozialdemokratischer Sonderbeobachtung.
Rollentausch bei Steinbrück und zu Guttenberg
Auch die Arcandor-Tochter, mehrheitlich mit Arbeitsplätzen in Bayern vertreten, hofft auf staatliche Unterstützung, um das drohende Aus noch zu verhindern. Innerhalb der Bundesregierung vollzog sich nun ein bemerkenswerter Rollentausch. Nicht Guttenberg, sondern Steinbrück sagte strikt Nein zu einer Bürgschaft. Quelle sei überschuldet, eine Bürgschaft nicht angebracht, teilte Steinbrück mit – wenige Stunden vor der Sitzung des Bürgschaftsausschusses. Guttenbergs Ministerium reagierte prompt und erklärte sinngemäß, über Hilfen für Quelle sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) wurde deutlicher und warf Steinbrück „schlechten Stil” vor. Dieser habe verfrüht vollendete Tatsachen schaffen wollen, schimpfte Fahrenschon.
Doch auch Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte die Entscheidung zu Quelle gewissermaßen vorwegnehmen wollen. Als unlängst damit begonnen wurde, den neuen Quelle-Katalog in mehr als acht Millionen starker Auflage zu drucken, nannte der Landesvater dies einen „ersten wichtigen Schritt für einen erfolgreichen Neustart”.
Minister zu Guttenberg hörte sich zu diesem Zeitpunkt noch viel zurückhaltender an. Nach seinen Worten werde der zuständige Bürgschaftsausschuss nicht nach politischen oder „isoliert regionalen Kriterien” entscheiden, „sondern nach objektiven Vorgaben”, ließ der Franke wissen.
Direkte Staatskredite als Alternative
Doch auch das Nein zur Bürgschaft muss nicht das endgültige Aus für Quelle bedeuten. Als Alternative waren direkte Staatskredite („Massekredit”) über 50 Millionen Euro in der Diskussion. Bayern werde davon 21 Millionen Euro übernehmen, hieß es in München. Den größeren Rest könnten der Bund (25 Millionen) und das Land Sachsen (vier Millionen) beisteuern, wo ebenfalls viele Menschen für den Versender arbeiten. Eine direkte Geldspritze ist anders als eine Bürgschaft rechtlich nicht an bestimmte Ausfallwahrscheinlichkeiten geknüpft. Und falls Quelle trotz der Staatshilfe nicht überlebt, würde der Massekredit vor den Ansprüchen aller anderen Gläubiger vorrangig aus der Insolvenzmasse bedient. Diese wird auf rund 200 Millionen Euro geschätzt, womit der Kredit auch für den schlimmsten Fall abgesichert wäre.
Politisch lautete die große Frage: Würde sich der Senkrechtstarter Guttenberg in die bayerische Parteiräson zwingen lassen, obwohl es erhebliche Zweifel daran gibt, ob der Versandhandel, wie ihn Quelle betreibt, in seiner jetzigen Form zukunftsfähig ist? Otto Fricke (FDP), Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestages, stichelte: „Ich erwarte, dass Minister zu Guttenberg nicht auf nationaler Ebene den standhaften Ordnungpolitiker mimt, hingegen in Bayern aus wahltaktischen Erwägungen brav den Wünschen seines Ministerpräsidenten folgt.”