Düsseldorf. Kritiker greifen ihn als Insolvenz-Minister an. Doch das lässt Wirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU) kalt. "Der Begriff Insolvenz ist leider stigmatisiert und wird oft allein für Panikmache missbraucht", sagte er im Interview mit der WAZ-Gruppe. Bei Opel sieht er noch "offene Fragen".

Ihre Kritiker greifen Sie als Insolvenz-Minister an. Ärgert Sie das?

Guttenberg: Aber nein. Ich bin zwar viel dafür kritisiert worden, dass ich es gewagt habe, das Wort Insolvenz in den Mund zu nehmen. Aber ich behalte es mir vor, es weiter tun, weil man eine Insolvenz nicht von vorneherein als Option für ein Unternehmen in Schwierigkeiten ausschließen sollte. Der Begriff Insolvenz ist leider stigmatisiert und wird oft allein für Panikmache missbraucht. Aber eine Insolvenz kann durchaus auch Chancen für einen Neuanfang bieten und einem Unternehmen neue Perspektiven eröffnen. Ich werde mich hier nicht einschüchtern lassen von denjenigen, die sagen, man dürfe im Wahlkampf nicht über Insolvenzen reden. Auch im Wahlkampf darf sich die Politik solchen für sie und die Bürger gleichermaßen vordergründig unangenehmen Themen nicht verschließen.

Gehen Sie davon aus, dass der Karstadt-Mutterkonzern Arcandor ein positives Beispiel für eine geglückte Sanierung in der Insolvenz sein wird?

Ich bin zuversichtlich, dass innerhalb des Insolvenzverfahrens, in dem sich Teile von Arcandor befinden, erfolgreiche Restrukturierungen möglich sind. Für bestimmte Unternehmensbereiche gibt es offensichtlich Interesse von Investoren.

Schützt das deutsche Insolvenzrecht - so gut es geht - die Interessen der Beschäftigten?

Ja. Insbesondere das Insolvenzplanverfahren schützt die Interessen aller Beteiligten. Auch wenn Einsparungen bei Arbeitsplätzen in den meisten Fällen nicht zu vermeiden sein werden, bietet es Chancen, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben. Voraussetzung für einen Erfolg ist aber immer, dass dem Unternehmen ausreichend Zeit verbleibt. Das heißt insbesondere, dass zum Zeitpunkt des Insolvenzantrags noch genügend liquide Mittel vorhanden sind. Frühzeitiges Handeln ist also auch hier von Vorteil.

Die Kaufhauskette Hertie wird nach der Insolvenz in wenigen Tagen schließen. Müssen wir uns darauf einstellen, dass traditionsreiche Marken auch einmal verschwinden können?

Zum Grundverständnis der sozialen Marktwirtschaft gehört nicht der Erhalt von Strukturen um jeden Preis. Eine Insolvenz kann auch dazu führen, dass am Ende des Tages eine Abwicklung steht, wenn es drastische Managementfehler gab oder sich ein Unternehmen nicht auf dem Markt behaupten kann. Wir sollten uns als Politik davor hüten, falsche Heilsversprechungen abzugeben.

Gilt das auch für Opel? Man hat den Eindruck, das Gezerre um den Autobauer will nicht enden. Können Sie den Opelanern die Unsicherheit nehmen?

Ich halte den Begriff „Gezerre“ hier für völlig unangebracht. Wir sind derzeit in einer Situation, in der es eine Absichtsbekundung von General Motors und Magna gibt. Dieses Modell ist naturgemäß unverbindlich und entsprechend offen ist der Verhandlungsprozess. Es ist nichts Unnormales, dass in einer solchen Situation auch andere Unternehmen Interesse zeigen.

Sie ermutigen andere Bieter für Opel neben Magna?

Ich habe mich nie dagegen ausgesprochen, dass bei Opel unterschiedliche Optionen im Spiel sein sollen. Es ist jedem unbenommen, in der jetzigen Phase Angebote zu setzen.

Wann sollte man den Sack zumachen?

Das ist nicht Sache der Bundesregierung, sondern hängt von den Beteiligten ab. Wir haben natürlich ein Interesse daran, dass die staatlichen Mittel für die Brückenfinanzierung nicht verloren gehen. Die Verhandlungen sollten nur nicht dazu führen, dass am Ende keine Interessenten mehr für Opel bieten. Ich nehme das ehrgeizige Ziel von Magna zur Kenntnis, Mitte Juli einen Vertrag unterschreiben zu wollen. Allerdings scheinen hier noch einige Fragen offen zu sein.

Machen Sie sich nach Opel und Arcandor auf weitere Konzerne gefasst, die Staatshilfe beantragen?

Das wird sich zeigen. Fest steht jedenfalls, dass die Laufstärke der Rufe nicht ausschlaggebend dafür sein darf, ob ein Unternehmen eine staatliche Unterstützung erhält. Wenn hier die Dämme brechen, werden wir der Flut nicht mehr Herr.