Essen/Nürnberg. Die Unsicherheit über Nothilfen für den insolventen Versandhändler Quelle hält an: Nachdem das bayerische Wirtschaftsministerium am Abend mitgeteilt hatte, ein Massekredit für die Arcandor-Tochter sei genehmigt, hieß es später aus Berlin, es sei noch keine Entscheidung gefallen.
Über eine Nothilfe für den insolventen Versandhändler Quelle hat es am Mittwoch offenbar weiter Unsicherheit gegeben. Zwar teilte das bayerische Wirtschaftsministerium mit, der Bürgschaftsausschuss habe sich auf einen Massekredit für das Unternehmen geeinigt. Aus Kreisen der Bundesregierung verlautete später jedoch, im Ausschuss sei noch keine Entscheidung gefallen, weil die Sicherheiten des Konzerns nicht ausreichten.
Dem bayerischen Ministerium zufolge hatten der Bund sowie Bayern und Sachsen als beteiligte Länder im Bürgschaftsausschuss die Gewährung eines Massekredits «geprüft und positiv bewertet», nachdem eine staatliche Bürgschaft wegen des bestehenden hohen Risikos nicht in Betracht gekommen sei. Quelle hat seinen Sitz in Bayern.
"Eine gute Nachricht"
"Der Massekredit macht den Weg frei für die Entwicklung einer Fortführungslösung von Quelle», erklärten Bayerns Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) und Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel. Dies sei «eine gute Nachricht» für die Beschäftigten. «Der Massekredit verschafft dem Unternehmen erst einmal Luft, die offenen Fragen zu klären und die notwendigen weiteren Schritte anzugehen.»
Der Kredit soll demnach über die staatlichen Förderbanken finanziert werden. Den Angaben zufolge ist das Ausfallrisiko bei einem Massekredit wesentlich geringer als bei einer Bürgschaft. Über das Notdarlehen können insolvente Firmen den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten; die Kreditgeber erhalten dann vorrangig Geld vom Pleiteunternehmen.
Regierungskreise: Quelle muss nachbessern
Aus Regierungskreisen in Berlin verlautete indes am Abend, es sei im Bürgschaftsausschuss noch keine Entscheidung zu Quelle gefallen, weil der vorliegende Antrag nicht positiv habe beschieden werden können. Grund seien nicht ausreichende Sicherheiten seitens des Konzerns.
Das Unternehmen habe jetzt eine Woche Zeit, um fehlende Sicherheiten nachzureichen. Auf dieser Basis solle dann entschieden werden. Es werde weiter geprüft, das Unternehmen müsse entsprechend nachbessern. Aus dem Wirtschaftsministerium hieß es ebenfalls, für den Massekredit seien noch Bedingungen zu erfüllen.
Notkredit würde Winterkatalog sichern
Die Quelle-Beschäftigten hatten am Mittwoch erleichtert auf die positiven Nachrichten reagiert. «Damit ist die wichtigste Hürde genommen», sagte Gesamtbetriebsratschef Ernst Sindel. «Darauf haben die 8000 Beschäftigten lange gewartet.»
Er gehe davon aus, dass jetzt der normale Geschäftsbetrieb wieder aufgenommen werde. Mit dem Staatskredit könnte Quelle den Winterkatalog fertig drucken und Bankkredite über weitere 300 Millionen Euro erwarten, die an die Staatshilfe geknüpft sind.
Bürgschaft abgelehnt
Die zunächst geplante Staatsbürgschaft hatte der Bürgschaftsausschuss abgelehnt, weil Quelle überschuldet sei. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte, er schließe sich dieser Entscheidung an. Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil erklärte, bei einem Massekredit sei das Ausfallrisiko für den Staat wesentlich geringer, denn der Kredit sei über die Insolvenzmasse abgesichert. «Ich habe volles Verständnis für die Entscheidung, dass die Bürgschaftslösung nicht in Betracht kommt», sagte er. Zum Staatskredit sollen der Bund 25 Millionen, Bayern 21 Millionen und Sachsen 4 Millionen beisteuern.
Weil Quelle-Kunden bei Ratenkäufen oft erst im Laufe von Jahren zahlen, braucht das Versandhaus Überbrückungskredite, um seine Lieferanten zu bezahlen oder den Katalog zu drucken. Bekommt Quelle den Staatskredit, wollen die Essener Quelle-Hausbank Valovis, die Commerzbank und die BayernLB weitere 300 Millionen Euro Kredit geben. Der Kredit sei für die Banken so gut wie die Bürgschaft. Entscheidend sei, dass Quelle liquide bleibe und operativ weiterarbeiten könne, hieß es aus Verhandlungskreisen.
Quelle selbst arbeitet profitabel
Arcandor-Vorstandsmitglied Marc Oliver Sommer sagte der Wochenzeitung «Die Zeit», Quelle verbrenne kein Geld mehr. Lediglich Abschreibungen auf alte Forderungen hätten das Ergebnis zuletzt ins Minus gedrückt. «Wir sind dort seit Oktober 2008 Cashflow positiv», sagte der Manager.
Quelle könnte nun unnütze, aber noch lange laufende Mietverträge vorzeitig kündigen und den einzig wirklich maroden Teil des Unternehmens, die Technik-Center, schnell verkleinern. Gleichzeitig sänken die Marketingkosten, weil «wir schon eine Million Neukunden im Jahr im Internet gewinnen», sagte Sommer. (ap/afp)