Berlin. Gibt es nun einen Massekredit für den vom Aus bedrohten Versandhändler Quelle oder nicht? Die Hängepartie geht weiter. Finanzminister Steinbrück und Wirtschaftsminister zu Guttenberg schieben sich gegenseitig den Schwarzen Peter zu, warum es noch keine Entscheidung gibt.
Die Entscheidung über die Gewährung eines Massekredits für den insolventen Versandhändler Quelle ist angesichts der Zuständigkeitsstreits in der Politik weiter offen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Quelle, Ernst Sindel, forderte mit Blick auf den Streit ein Machtwort von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Im Deutschlandradio Kultur sagte Sindel, Quelle gerate zunehmend in die »Mühlen des Wahlkampfs«. Die Diskussion um die Zukunft des Unternehmens laufe nicht mehr auf der Sachebene, sondern »mittlerweile auf einer hohen politischen Schiene«. Dass Merkel kein Machtwort spreche, tue »sehr weh«. »Das werden auch die Mitarbeiter registrieren«, sagte Sindel.
Verwirrspiel um Zahlen
Das Bundesfinanzministerium wies die Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zurück, wonach Minister Peer Steinbrück (SPD) alle notwendigen Zahlen vorlägen und es nicht nachvollziehbar sei, warum noch keine Entscheidung getroffen worden sei. Das Finanzministerium erklärte, die Vorwürfe seien »vollkommen unverständlich«. Weder lägen dem Bundesfinanzministerium bisher die Zahlen vor, noch könne das Ministerium allein entscheiden.
Das Bundesfinanzministerium werde dem benötigten 50-Millionen-Euro-Kredit an Quelle zustimmen, heißt es weiter in der Mitteilung, wenn »ausreichend geprüfte Sicherheiten vorliegen« und wenn die Bundesländer Bayern und Sachsen zustimmen, dass die Staatsbank KfW den Erstzugriff auf Sicherheiten in Höhe von deren Anteil von 25 Millionen Euro eingeräumt bekommt. »Dafür muss Herr zu Guttenberg gegenüber seinem Parteichef, dem Ministerpräsidenten des Freistaats Bayern, Herrn Seehofer, jetzt endlich sorgen. Es ist vollkommen unverständlich, warum das nicht längst schon geschehen ist«, sagte Steinbrück.
CSU gegen Steinbrück, Steinbrück gegen CSU
Der «Leipziger Volkszeitung» sagte Steinbrück, er sei «gelinde gesagt überrascht über das Vorpreschen aus München mit Nachrichten über angebliche Entscheidungen des Bürgschaftsausschusses, die im Kern so auch nicht zutreffend sind».
Die CSU erneuerte derweil ihre Kritik an Steinbrück. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte den Minister auf, jetzt schnellstens den Weg für Quelle freizumachen. Bayern habe seinen Beitrag geleistet. »Dass es jetzt am vergleichbar kleinen Engagement des Bundesfinanzministeriums hängt, ist ein Armutszeugnis für den SPD-Minister", sagte Dobrindt.
Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) ist indes zuversichtlich, dass Quelle den beantragten 50-Millionen-Euro-Kredit schnell erhält. Nachdem die Grundsatzentscheidung gefallen sei, gehe er davon aus, dass diese halte. Er habe kein Verständnis für «diese ständigen Irritationen», sagte Zeil am Freitag im ZDF. Es seien lediglich noch Details zu prüfen und Unterlagen nachzureichen. Dies sei ein üblicher Vorgang, der «aus völlig unverständlichen Gründen hochgezogen wird», sagte Zeil.
Insolvenzverwalter bessert nach
Der Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters Klaus Hubert Görg, sagte der Nachrichtenagentur Dow Jones Newswires, zu dem Kreditantrag seien inzwischen schriftliche Ergänzungen nachgereicht worden. Nun werde auf die Entscheidungen aus Berlin und Brüssel gewartet. Wenn die Entscheidung zeitnah getroffen werde, könne die Bank Valovis, die die Geschäfte von Quelle finanziert, ihre Tätigkeit bereits Mittwoch kommender Woche wieder aufnehmen, sagte der Sprecher.
Die Bank hatte nach dem Insolvenzantrag von Quelle die Verträge gekündigt und eine Wiederaufnahme der Geschäftsbeziehungen an Sicherheiten wie eine Bürgschaft der öffentlichen Hand geknüpft. Quelle mit Hauptsitz im fränkischen Fürth benötigt den Massekredit zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs und vor allem für den Druck des neuen Versandkatalogs. (ddp)