Berlin. Im Fall der Bürgschaften für Quelle könnte es für Wirtschaftsminister zu Guttenberg (CSU) kompliziert werden. Der Konzern hofft auf staatliche Hilfe, Bayerns Ministerpräsident Seehofer hat diese indirekt zugesagt. Aber als Wirtschaftsminister muss zu Guttenberg einen anderen Weg suchen.
Im Ausnutzen klarer Chancen ist Gerhard Schröder immer noch gut beieinander. "Ich glaube, dass sich Opel wiederholen wird", sagte der Altkanzler zu Wochenbeginn in Berlin nicht ohne Süffisanz. Er meinte die staatlichen Stützungsmaßnahmen für den Autokonzern, die vor allem einer bekanntermaßen bis zuletzt für ziemlich unangebracht hielt: Bundeswirtschaftsminister Karl Theodor zu Guttenberg (CSU).
Unter sozialdemokratischer Sonderbeobachtung
Letzterer steht ab sofort in einem ähnlich gelagerten Fall nicht nur unter sozialdemokratischer Sonderbeobachtung: Die Arcandor-Tochter Quelle, mehrheitlich mit Arbeitsplätzen in Bayern vertreten, hofft auf staatliche Bund/Länder-Bürgschaften in Höhe von rund 50 Millionen Euro. Befunden wird darüber voraussichtlich bin der kommenden Woche in den üblichen Bahnen Ausschüssen, deren Tun der Öffentlichkeit weithin verborgen bleibt.
Neue Kataloge werden schon gedruckt
Problem dabei: Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat die Entscheidung gewissermaßen bereits vorweggenommen. Als am Wochenende damit begonnen wurde, den neuen Quelle-Kataloge in acht Millionen starker Auflage zu drucken, nannte der Landesvater dies einen "ersten wichtigen Schritt für einen erfolgreichen Neustart". Minister zu Guttenberg hörte sich da bisher deutlich unentschiedener und zurückhaltender an. Nach seinen Worten werde der zuständige Bürgschaftsausschuss nicht nach politischen oder "isoliert regionalen Kriterien" entscheiden, "sondern nach objektiven Vorgaben", ließ der Franke eine Sonntagszeitung wissen. Bis es soweit sei, werde es von ihm "öffentliche Vorfestlegungen wie immer nicht geben".
Viele trauen zu Guttenberg den Spagat nicht zu
Das klingt so, als würde zu Guttenberg ein begründetes Nein zu Quelle-Bürgschaften akzeptieren und politisch aktiv mittragen, auch wenn "sein" Ministerpräsident und Parteichef unmittelbar vor anstehenden Wahlen sozusagen von Berufs wegen das Gegenteil anstreben muss.
Diesen Spagat trauen dem politischen Senkrechtstarter in Berlin viele offenbar nicht unbedingt zu. Insgeheim wird damit gerechnet, dass sich zu Guttenberg, anders als im Fall Opel, in die bayerische Parteiräson zwingen lässt, obwohl es erhebliche Zweifel daran gibt, ob der Versandhandel, wie ihn Quelle betreibt, in seiner jetzigen Form zukunftsfähig ist.
Keine politische Unvernunft
Otto Fricke (FDP), Vorsitzender des Haushaltsausschusses des Bundestages, sagte im Gesrpäch mit der WAZ-Gruppe: "Ich erwarte, dass Minister zu Guttenberg nicht auf nationaler Ebene den standhaften Ordnungpolitiker mimt, hingegen in Bayern aus wahltaktischen Erwägungen brav den Wünschen seines Ministerpräsidenten folgt." Bei Quelle, so der Liberalen-Politiker, müsse gelten, was auch in anderen Fällen angezeigt sei: "Wirtschaftliche Vernunft darf nicht durch politische Unvernunft ersetzt werden."