Essen. Mark Oliver Everett ist nicht der Typ, mit dem man gern ein Bier trinken gehen würde. Der 46-Jährige aus Virginia, der allenthalben „E” genannt wird, gilt in der Musikszene als komplizierter Kauz und Sonderling, dessen berührende Alben von einer Fangemeinde jedoch kultisch verehrt werden.

Wann immer sich „E” und seine Band „Eels” mit neuen Stücken zu Wort melden, sind die Reaktionen – von euphorisch bis glückselig – eine wahre Wonne, weil „E” mit verlässlicher Sicherheit ein Kunststück gelingt, für das ihn viele seiner Musikerkollegen beneiden: Er schreibt Melodien, die so simpel, einprägsam und wundervoll sind, dass man sich ernsthaft fragt, warum da vor ihm nicht schon längst ein Lennon, Dylan oder Young drauf gekommen ist.

Dabei sollte man wissen: „Eels” als feste Band existiert im Grunde gar nicht. Sie besteht vielmehr nur aus einem lockeren Verbund an Musikern, die „E” nach Lust und Laune um sich schart. Je nachdem, zu welchen musikalischen Ufern es ihn zieht, klingt das mal nach Rüpelrock für Raufbolde, mal nach zartem Streichquartett. Als treuesten Wegbegleiter weiß „E” eigentlich nur einen an seiner Seite: seinen Hund Bobby Jr.

Für sein neues Eels-Album „Hombre Lobo” (spanisch: Werwolf) hat sich „E” wieder einen mächtigen Bart stehen lassen – und da wissen Kenner längst: Es könnte düster zur Sache gehen. Denn in welcher Stimmungslage sich „E” gerade befindet, lässt sich meist an der Länge seines Bartes ablesen: Das geht von fröhlich-verspielt (und nahezu bartfrei auf „Shootenanny”) bis hin zu schwer depressiv (auf „Souljacker”). Diesmal sieht das Gewächs in seinem Gesicht besonders bedrohlich aus – und das hört man einem krachledernen Song wie dem sagenhaften „Fresh Blood” auch an.

Todtraurige Ohrwürmer

Irgendwo unter dem wild wuchernden Bartwuchs steckt jedoch eine höchst empfindsame Seele. „E” war immer ein Mann, der von seinen persönlichen Befindlichkeiten, von Schmerz, Trauer und manch tiefem Tal in seinem Leben offen erzählt hat. Das streift bisweilen die Grenze zur Nabelschau, bringt ihm aber höchstes Kritikerlob ein. Vom Selbstmord seiner Schwester und dem schwierigen Verhältnis zum unnahbaren Vater, einem bedeutenden Physiker, erzählte er in seiner weit beachteten Biografie „Glückliche Tage in der Hölle” (Kiepenheuer & Witsch).

Doch so richtig in seinem Element ist „E”, wenn es rumpelt und dröhnt. Wenn sein kratziger Gesang über schmutzigen Gitarrenriffs liegt und die schnellen, heillos übersteuerten Stücke (wie „Prizefighter”) mit manch nostalgischen Balladen (etwa „That look you give that guy”) einhergehen. Vier Jahre nach seinem Opus Magnum, dem Doppelalbum „Blinking Lights and other Revelations”, sind „E” auf „Hombre Lobo” wieder eine Reihe von todtraurigen Ohrwürmern eingefallen. Vielleicht sollte man mit „E” irgendwann doch mal ein Bier trinken gehen, der Kerl ist ein Faszinosum.