Essen. Auf ihrem neuen Album „Octahedron” schlagen die Rockexperimentalisten „The Mars Volta” eine leisere Gangart an und klingen fast massentauglich. Eine willkommene Abwechslung.

Man sollte nicht jede Aussage von Omar Rodriguez-Lopez auf die Goldwaage legen. Wer traut schon jemandem, der darauf beharrt, dass seiner Band die Texte des 2008er-Albums „The Bedlam in Goliath” von einem Ouija, einem Hexenbrett, diktiert wurden? Wenn der Gitarrist mit der schwarzen Lockenmähne also davon spricht, er sehe das neue Album seiner Band The Mars Volta als deren Akustik-Album, dann heißt das nicht, dass sich die experimentelle Rockband um ein Lagerfeuer versammelt oder die Instrumente für eines der berüchtigten MTV-Unplugged-Konzerte ausstöpselt. Nein, The Mars Volta haben ihre eigene Interpretation des Begriffs Akustik.

Auf ihrem neuen Machwerk „Octahedron” (Universal) spielen die Texaner noch immer elektronisch verstärkt, doch geben sie sich eine Spur zahmer als auf den vier Vorgängeralben. Verzichten auf technische Spielereien. Präsentieren sich mit eingängigeren Songs, sind weniger anstrengend für den Hörer. In Maßstäben einer Band, die mit ihrer Musik jedes Genre sprengt, ihre kryptischen Texte in schnelle, psychedelische Songs mit Salsa-Anleihen verpackt, erscheinen die neuen Songs vergleichsweise wirklich: ja, geradezu akustisch.

Die neue Einfachheit

„Ich zügelte mich und behielt den Kern der Songs bei, wie er war”, sagt Rodriguez-Lopez. Ein Umstand, der ihm sicherlich nicht leicht gefallen sein dürfte. Der 33-Jährige ist ein Freigeist, der vor Experimentierfreudigkeit strotzt, die Spielerei im Studio liebt. Dies bewies er bereits bei der von vielen vergötterten Post-Hardcore-Band At The Drive-In, als kreativer Kopf von The Mars Volta und auf seinen Solo-Alben. Jüngst erschien mit Cryptomnesia sein 15. Alleingang – seit 2004! Dass der Octahedron-Nachfolger längst schon in der Schublade liegt, ist deshalb nicht einmal unwahrscheinlich.

Kein Album soll wie das andere klingen. Diesen Maßstab haben sich The Mars Volta selbst auferlegt. Mit den balladesken „Since We've Been Wrong” wird das 59-minütige Erlebnis eingeläutet und erst mit „Cotopaxi”, dem fünften Track, präsentieren Rodriguez-Lopez und Sänger Cedric Bixler-Zavala einen gewohnt hektischen Höllenritt. „Alles, was für mich zählt, ist ob mich die Musik bewegt oder nicht”, sagt Omar über die neue Einfachheit seiner Band. Ob der Gitarrist aber auf Dauer von technischen Spielereien lassen kann? Unwahrscheinlich!

Mars Volta Live: 29. Juni, Stahlwerk in Düsseldorf (20 Uhr)