Dortmund/Essen. Die scheidenden Oberbürgermeister in Dortmund und Essen stehen unter Druck. Kritiker fordern, dass sie ihre Posten im RWE-Aufsichtsrat aufgeben. Tenor: Ohne politisches Amt können sie nicht mehr die Interessen der Städte vertreten.

Bei den Dortmunder Parteien stößt die Weigerung von Noch-Oberbürgermeister Gerhard Langemeyer (SPD), seinen RWE-Posten abzugeben, auf Unverständnis. „Wir fordern seit Wochen, dass Herr Langemeyer sein Mandat an seinen Nachfolger übergibt, wer immer das sein mag. Die Aktien gehören der Stadt und nicht Herrn Langemeyer”, so Annette Littmann (FDP). Für Grünen-Chef Mario Krüger dient das Mandat einer engen Abstimmung mit der Kommune, „und dieser Funktion kann Langemeyer nicht mehr Rechnung tragen”.

Die OB-Pension steht auf dem Spiel

„Schlechten Stil” wirft Frank Hengstenberg (CDU) Langemeyer vor. „Es ist klar, dass ein OB in den Aufsichtsrat gewählt wird, weil die Stadt Anteilseigner ist.” Der Nachfolger müsse eine Chance haben, Dortmund im RWE-Aufsichtsrat zu vertreten.

Hält Langemeyer an seinem Standpunkt fest, wird der 65-Jährige wohl bis zum Ende des RWE-Mandats 2011 auf seine OB-Pension verzichten müssen. Laut Beamtenversorgungsgesetz werden Einkünfte auf die Altersversorgung angerechnet. Übersteigt ihre Summe das Gehalt aus dem aktiven Dienst, entfällt die Pension. Langemeyer erhielt 2008 von RWE 209 000 Euro. Er ist auch Mitglied im WestLB-Aufsichtsrat, die 2008 an ihre Aufseher insgesamt 1,1 Millionen Euro ausschüttete. Langemeyer dürfte einen fünfstelligen Betrag erhalten haben.

"Kein Job für einen Politik-Rentner"

Auch der Druck auf Essens scheidenden OB Wolfgang Reiniger (CDU) wächst. Der Bund der Steuerzahler, die Grünen als bisheriger Koalitionspartner, FDP und Linke fordern Reiniger auf, den RWE-Posten zu räumen. Obwohl dieser gestern selbst ankündigte, seine Aufsichtsratsbezüge von 139 000 Euro pro Jahr wie bisher bis auf 6000 Euro an die Stadt abzuführen.

Eberhard Kanski vom Steuerzahlerbund hält Reinigers Verhalten zwar für rechtlich vertretbar. „Dies ist aber kein Job für einen Politik-Rentner”. SPD und CDU billigen Reinigers Verbleib – offenbar aus strategischen Gründen. Sie wollen die Chancen des gewählten OB Reinhard Paß (SPD) erhöhen, 2011 in den Aufsichtsrat nachzurücken.

Keine Einzelfälle

Der Dortmunder Langemeyer ist nicht der Einzige, der RWE-Gelder behält. Schlagzeilen machte 2002 in Mülheim auch Jens Baganz, heute Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium. Nach seinem Rücktritt als OB blieb der CDU-Politiker noch ein Jahr im Aufsichtsrat der RWE Power AG. Zum Leidwesen der Stadt Mülheim, die prüfen ließ, ob Baganz den einträglichen Posten abzugeben habe. Vergeblich: Er durfte bleiben und auch seine Tantiemen behalten, weil RWE ihn in den Aufsichtsrat berufen hatte.

2005 nahm Baganz sogar seine Nachfolgerin, Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, in Schutz. Noch bevor die SPD-OB in den Aufsichtsrat der RWE AG eingezogen war, entbrannte in Mülheim eine Debatte über ihre Bezüge. „Die Politik hat das nicht zu interessieren”, kommentierte Baganz damals die politische Debatte.

Mühlenfeld behält bis heute nach eigenen Angaben 6000 Euro als Aufwandsentschädigung, die ihr zustehen. Den Rest führt sie an die Stadt ab – 2008 laut RWE-Geschäftsbericht über 200 000 Euro.