München. . Tag 48 im NSU-Prozess in München drehte es sich am Dienstag um mehrere Zeugenaussagen. So soll das Terrortrio des NSU bei einem Autovermieter über mehrere Jahre immer wieder Fahrzeuge gemietet haben - angeblich für Urlaube. Beate Zschäpe sei mehrmals dabei gewesen.

„Geschminkt und frisiert“, so blieb Beate Zschäpe einem 52-jährigen Autovermieter aus Zwickau in Erinnerung. Als ordentlich und normal gekleidet beschreibt er die Frau, die vier, vielleicht fünf oder sechs Mal als Freundin eines Holger G. bei ihm in der Autovermietung gewesen war. Welchen Namen sie wirklich trug, wusste der Zeuge damals nach eigenen Angaben nicht.

Das junge Pärchen, welches angeblich für mehrwöchige Ostseeurlaube mehrmals Fahrzeuge bei ihm mietete, sei nicht aufgefallen. Den jungen Mann beschreibt er als „sportlichen Typ, kurze Haare, ganz normal“. Er habe ihn unter Holger G. gekannt, weil dieser zwischen 2004 und 2011 häufiger Autos gemietet habe.

Mietwagen seien immer in bar bezahlt worden

„Mit den Fahrzeugen gab es nie Probleme, es ereigneten sich keine Unfälle und die Anmietungen wurden bar bezahlt“, erklärt der Zeuge. Einmal habe er den jungen Mann gefragt, ob dieser seine Freundin nicht heiraten wolle. „Nein. Das bleibe alles so, er brauche seinen Rückzugsraum“, soll dieser da geantwortet haben.

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Das Pärchen habe auf ihn wie Leute gewirkt, die bereits einige Zeit zusammenleben. Zschäpe-Verteidigerin Antje Sturm wollte es genau wissen und fragte nach Zärtlichkeiten. Diese seien ihm nicht aufgefallen, so der Zeuge. „Sie wirkten wie ein eingefleischtes Paar.“ Er bestätigte noch einmal, dass der junge Mann immer bar bezahlt habe.

Der Zeuge erkannte in der jungen Frau Beate Zschäpe. Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess saß ihm mit fünf Meter Abstand auf der Anklagebank gegenüber. Ihre Haare hielten eine Spange zusammen. Gekleidet war sie am Dienstag in ein hellgraues Kostüm. Während seiner Aussage blickte sie zumeist auf dem Laptop, der vor ihr auf dem Tisch stand.

Den Anmieter der Fahrzeuge identifizierte der Zeuge bereits während einer Vernehmung bei der Polizei Ende 2011 nach Fotos als Uwe Böhnhardt. Dieser habe ihm damals erzählt, dass er in Zwickau bei einem Autohersteller arbeite, aber noch in Hannover wohne. Das erschien dem Zeugen plausibel. Die Urlaubsfahrzeuge habe er immer mit Fahrradträgern ausstatten müssen.

Der rechte Terror der NSUNach Angaben des Autovermieters habe der junge Mann immer mit einem Führerschein und einem Ausweis die Fahrzeuge bestellt und angemietet. Als ihm gestern im Gerichtssaal der Original-Führerschein des Mitangeklagten Holger G. gezeigt wurde, erklärte er, diesen noch nie gesehen zu haben.

Zeugin will Zschäpe 2005 in Nürnberg gesehen haben

Zu Beginn des 48. Verhandlungstages im NSU-Prozess am Oberlandesgericht in München erinnerte sich noch eine weitere Zeugin an Beate Zschäpe. Allerdings begegnete die 35-jährige Frau ihr nach eigenen Angaben am 9. Juni 2005 in Nürnberg an einer Supermarkt-Kasse.

Die Begegnung soll sich nur kurze Zeit vor dem Mord an Ismail Yasar zugetragen haben. Das war der sechste von neun Fremdenfeindlichen Morde, die mit dem NSU in Verbindung gebracht werden. Sie erinnere sich deshalb so gut, erzählte die 35-Jährige Zeugin, weil die Frau, die sie damals gesehen habe, einer Schauspielerein aus der US-Serie „Rosaenne“ sehr ähnlich sah.

Allerdings wusste die 35-Jährige gestern viele Details ihrer damaligen Aussage bei der Polizei nicht mehr. Zu einigen Angaben, die ihr Richter Manfred Götzl aus ihrer Aussage vorhielt, erklärte sie: „Wissen sie Herr Richter, das ist, als wenn das nicht meine Aussage ist. Ich kann mich daran gar nicht erinnern.“

Dass sie Beate Zschäpe 2005 in Nürnberg gesehen haben will, hatte die Zeugin erst 2012 der Polizei gesagt, als sie noch einmal zum Mord an Ismail Yasar befragt wurde. Das Gericht zeigte der Zeugin auch drei Fotos der Schauspielerin Sara Gilbert aus der Fernsehserie. Sie bestätigte noch einmal, die Ähnlichkeit erkannt zu haben.

"Ausspähungen vor Ort in Kassel"

Das Gericht lehnte die Vereidigung der Zeugin ab. Ein Nebenklageanwalt stellte die Forderung. Auch Bundesanwalt Herbert Diemer wiedersprach. Für eine Vereidigung lägen die Voraussetzungen nicht vor. Die Aussage der Zeugin sei auch „nicht von ausschlaggebender Bedeutung“, ließ er wissen.

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Für ein kurzes Raunen im Gerichtssaal sorgte zudem ein Antrag der Opferanwälte der Familie Yozgat. Sie forderten Nachermittlungen zum früheren Verfassungsschützer Andreas T. Ein im Brandschutt des letzten NSU-Quartiers in Zwickau gefundener Stadtplan von Kassel mit diversen Markierungen solle mit den Fahrtrouten des früheren Verfassungsschützers abgeglichen werden.

Nach Angaben von Rechtsanwalt Alexander Kienzle würden sich bei acht der neun Markierungen Übereinstimmungen mit den Fahrstrecken des Andreas T. ergeben. Die „Ausspähungen vor Ort in Kassel“ seien „unmittelbar mit der Person des ehemaligen Beschuldigten Andreas T. in Verbindung zu bringen“, so der Anwalt.

Der Verfassungsschützer soll sich während des Mordes in dem Kassler Internet-Café aufgehalten haben, das von dem Opfer betrieben wurde. Vor zwei Wochen erklärte Andreas T. vor Gericht, nichts von der Tat bemerkt zu haben. Damals hatte er sich auch nicht bei der Polizei gemeldet. Die Ermittler waren ihm erst nach der Auswertung von Computern auf die Spur gekommen.

Auf zahlreichen im Brandschutt gefunden Listen und in Stadtplänen wurden nach Aussage eines Ermittlers des Bundeskriminalamtes Einträge gefunden, die nur durch ein Ausspähen vor Ort entstanden sein könnten. Die Bundesanwaltschaft wies den Antrag gestern zurück. Es sei nicht erkennbar, welche Tatsachen ermittelt werden sollen, erklärte Herbert Diemer. Etwa zehn weitere Nebenklageanwälte schlossen sich dagegen der Forderung an.