München. Zwei Befangenheitsanträge, dann war schon wieder Schluss: Kurz nach seinem Beginn ist der NSU-Prozess vertagt worden. Vorwürfe, Beate Zschäpes Anwälte würden das Verfahren gezielt verzögern, will Wolfgang Heer nicht gelten lassen. Im Interview rechtfertigt er das Vorgehen der Verteidigung.

Wolfgang Heer ist einer der drei Verteidigen von Beate Zschäpe, der Hauptangeklagten im NSU-Prozess. Mit ihm sprach Martin Debes.

Herr Heer, ist Ihre Taktik aufgegangen, den Prozess zu verzögern?

Das ist Unsinn. Für uns war die Vertagung der Hauptverhandlung auch eine Überraschung. Wir haben nicht damit gerechnet – und schon gar nicht darauf abgezielt.

Ein Vertreter der Nebenklage hält die Vertagung für einen Skandal, als einen Schlag in das Gesicht der Opfer. Sehen Sie das auch so?

Nun, der Vorsitzende Richter ist frei in seinen Entscheidungen. Was ich allerdings nicht verstehe, ist, dass er zunächst die Verhandlung fortsetzte, obwohl diverse Befangenheitsanträge vorlagen, und die dagegen gerichteten Beanstandungen zurückwies – und anschließend die Hauptverhandlung bis zur nächsten Woche unterbrochen wurde.

"Man hätte den Antrag bis Montag früh behandeln können"

Sie meinen: Wenn er früher unterbrochen und eine schnelle Entscheidung herbeigeführt hätte …

… hätte er nicht für eine ganze Woche unterbrechen müssen. Dann hätte womöglich ein halber oder ganzer Tag ausgereicht, um über die Befangenheitsanträge zu entscheiden. Ich möchte zudem betonen, dass unser Antrag bereits am Samstag per Fax dem Gericht zugestellt wurde. Man hätte ihn also schon bis Montag früh behandeln können.

Der rechte Terror der NSURichter Götzl soll befangen sein, weil Sie und Ihre Verteidiger-Kollegen zu Beginn der Sitzung einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen werden. Ist das wirklich zu viel verlangt? Den Anwälten der Nebenkläger ergeht es doch ebenso.

Aber nicht den Vertretern der Bundesanwaltschaft, den Richtern und den Polizisten. Das heißt, es gibt eine Ungleichbehandlung. Das ist schlicht Diskriminierung.

Noch eine Frage zu Ihrer Mandantin: Verstehen Sie Menschen, die ihren Auftritt als provozierend empfanden?

Wir haben Verständnis für die Situation der Verletzten und Hinterbliebenen. Dennoch sind sämtliche Einschätzungen des Verhaltens von Frau Zschäpe ausnahmslos Spekulationen.

Auftakt zum NSU-Prozess

Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat begonnen.
Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen die Neonazi-Terrorgruppe NSU hat begonnen. © REUTERS
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wird wieder dem Richter vorgeführt.
Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe wird wieder dem Richter vorgeführt. © TA
Mit Zschäpe stehen vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle vor Gericht.
Mit Zschäpe stehen vier mutmaßliche Helfer der Terrorzelle vor Gericht. © REUTERS
Bevor der Prozess fortgesetzt wird, spricht Zschäpe mit ihrem Anwalt Wolfgang Heer.
Bevor der Prozess fortgesetzt wird, spricht Zschäpe mit ihrem Anwalt Wolfgang Heer. © REUTERS
Die Anwälte der Ermordeten werfen den Verteidigern der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vor, den Prozess zu verschleppen.
Die Anwälte der Ermordeten werfen den Verteidigern der Hauptangeklagten Beate Zschäpe vor, den Prozess zu verschleppen. © REUTERS
Der erste Prozesstag gegen die rechte Terrorgruppe NSU: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe ....
Der erste Prozesstag gegen die rechte Terrorgruppe NSU: Die Hauptangeklagte Beate Zschäpe .... © REUTERS
.... betrat ohne Handschellen den Gerichtssaal. Ihr wird ...
.... betrat ohne Handschellen den Gerichtssaal. Ihr wird ... © REUTERS
... die Mittäterschaft an den Morden und Anschlägen der rechtsradikalen Untergrundgruppe vorgworfen. Die beiden mutmaßlichen anderen Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begingen  vor ihrer Verhaftung Selbstmord.
... die Mittäterschaft an den Morden und Anschlägen der rechtsradikalen Untergrundgruppe vorgworfen. Die beiden mutmaßlichen anderen Mittäter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begingen vor ihrer Verhaftung Selbstmord. © dpa
Mitangeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorgruppe wie André E., Holger G., Carsten S., der die Tatwaffe besorgt haben soll, und der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben.
Mitangeklagt sind vier mutmaßliche Helfer der Terrorgruppe wie André E., Holger G., Carsten S., der die Tatwaffe besorgt haben soll, und der frühere NPD-Funktionär Ralf Wohlleben. © Getty Images
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Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm (r.), Wolfgang Heer and Wolfgang Stahl (l.).
Beate Zschäpe mit ihren Anwälten Anja Sturm (r.), Wolfgang Heer and Wolfgang Stahl (l.). © REUTERS
Die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Prozess sind enorm. Das Verfahren gilt als größter Terroristenprozess seit der juristischen Aufarbeitung der linksradikalen RAF.
Die Sicherheitsmaßnahmen rund um den Prozess sind enorm. Das Verfahren gilt als größter Terroristenprozess seit der juristischen Aufarbeitung der linksradikalen RAF. © Getty Images
Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt beobachten das verfahren. Im Gerichtssaal selbst ...
Hunderte Journalisten aus der ganzen Welt beobachten das verfahren. Im Gerichtssaal selbst ... © AFP
... sind nur 50 Plätze für Presse vertreter reserviert. Das Verfahren zur Vergabe der Plätze hatte für Proteste gesorgt - und musste nach einem Urteil des Verfassungsgerichtes wiederholt werden.
... sind nur 50 Plätze für Presse vertreter reserviert. Das Verfahren zur Vergabe der Plätze hatte für Proteste gesorgt - und musste nach einem Urteil des Verfassungsgerichtes wiederholt werden. © dpa
Vor dem Prozessgebäude kam es zum Teil zu ...
Vor dem Prozessgebäude kam es zum Teil zu ... © dpa
... tumulartigen Szenen und Demonstrationen gegen rechte Gewalt.
... tumulartigen Szenen und Demonstrationen gegen rechte Gewalt. © AFP
Eine junge, türkischstämmige Frau versucht gewaltsam in die Bannmeile vor dem Gericht einzudringen und wird von Polizisten abgeführt.
Eine junge, türkischstämmige Frau versucht gewaltsam in die Bannmeile vor dem Gericht einzudringen und wird von Polizisten abgeführt. © dpa
Adile Simsek (L), Witwe des von der NSU ermordeten Enver Simsek mit ihrer Rechtsanwältin - die Hinterbliebenen der Terroropfer sind als Nebenkläger vor Gericht vertreten.
Adile Simsek (L), Witwe des von der NSU ermordeten Enver Simsek mit ihrer Rechtsanwältin - die Hinterbliebenen der Terroropfer sind als Nebenkläger vor Gericht vertreten. © REUTERS
Die Anwälte von Beate Zschäpe auf dem Weg ins Gerichtsgebäude:  Wolfgang Stahl, Anja Sturm and Wofgang Heer (von links).
Die Anwälte von Beate Zschäpe auf dem Weg ins Gerichtsgebäude: Wolfgang Stahl, Anja Sturm and Wofgang Heer (von links). © AFP
Die Angeklagte Beate Zschäpe und die vier Mitangeklagten kommen in einem Fahrzeugkonvoi zum Gericht in München.
Die Angeklagte Beate Zschäpe und die vier Mitangeklagten kommen in einem Fahrzeugkonvoi zum Gericht in München. © dpa
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude.
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude. © Getty Images
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude
Die Angeklagten auf dem Weg ins Gerichtsgebäude © REUTERS
Proteste gegen rechtsradikale Gewalt vor dem Prozess.
Proteste gegen rechtsradikale Gewalt vor dem Prozess. © REUTERS
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