Mönchengladbach. . Aufschlussreich und emotional geriet die „Elefantenrunde“ der Spitzenkandidaten für die NRW-Landtagswahl. Nach dem TV-Duell von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und CDU-Kandidat Norbert Röttgen standen vor allem die Vertreter der kleinen Parteien im Fokus.
Drei Frauen, drei Männer, sechs Parteien und ein ungewohnt schräger Meinungsmix: Die WDR-Wahlarena der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl geriet am Mittwochabend im Mönchengladbacher „Kunstwerk“ zu einer aufschlussreichen und emotionalen Darbietung.
Nach dem TV-Duell zwischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und CDU-Herausforderer Norbert Röttgen zu Wochenbeginn standen diesmal vor allem die Vertreter der kleinen Parteien im Fokus. Dabei hatte Ober-Pirat Joachim Paul, ein promovierter und freundlicher Medienpädagoge aus Neuss, seine Live-Premiere vor großem Fernsehpublikum.
Ein wenig arglos: Ober-Pirat Joachim Paul
Arglos rollte Dr. Paul das Konzept eines ticketlosen Nahverkehrs in NRW aus und ließ sich auch nicht von Krafts Einwand stoppen, dass dies mehr als vier Milliarden Euro kosten würde. Die Städte Hasselt in Belgien und Tallin in Estland ließen die Menschen auch umsonst Bus und Bahn fahren, sagte Paul: „Wir Piraten kopieren ja gerne und wollen es mal ausprobieren.“
Und ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ wollen die Piraten auch noch obendrauf geben. Der Mensch sei ja „nicht von Grund auf faul“. Zum Thema Pendlerpauschale hingegen seien die Piraten noch in der Meinungsbildung: „Sind wir noch dran am entwickeln“, so Paul.
CDU-Spitzenkandidat Röttgen bemühte sich um eine einfachere Sprache
Gleich von mehreren Seiten umzingelt sah sich derweil CDU-Mann Röttgen. Im Gegensatz zum Duell bemühte er sich diesmal um eine einfachere Sprache, wollte „den kleinen Mann“ nicht geschröpft und „nicht im Regen stehen“ sehen. Vor seiner Sparpolitik soll man weniger Angst haben als vor dem Zahnarzt und dessen Beschwichtigungsfloskeln, betonte der Bundesumweltminister. Dennoch verweigerte Röttgen ein konkretes Einsparbeispiel für den Landeshaushalt: „Ein Beispiel macht kein Konzept aus.“ Grünen-Spitzenkandidaten Sylvia Löhrmann ereiferte sich darob: „Kein einziger Vorschlag, kein einziger.“ Kraft rieb Röttgen die für NRW teuren „Steuergeschenke“ der Bundesregierung an „Hoteliers und reiche Erben“ unter die Nase.
Linke-Spitzenfrau Katharina Schwabedissen bereicherte die Spardebatte mit allerhand neuen Steuerideen, um bei den „Reichen und Superreichen“ abzugreifen. Pirat Paul bekannte offen, keine Antwort auf die Finanzprobleme zu haben: „Aber wir stellen die richtigen Fragen.“ Kraft wirkte einigermaßen fassungslos über derartige Unbedarftheit.
FDP-Spitzenkandidat Lindner beim Betreuungsgeld auf der Seite von Rot-Grün
Der medial gewandte FDP-Spitzenkandidat Christian Lindner hielt Röttgen, dem lieben „Norbert“, auch noch vor, einzelne CDU-Programmpunkte hätten „von den Piraten kommen können“. In der Ablehnung des von der Bundesregierung geplanten umstrittenen „Betreuungsgeldes“ für Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita schicken, schlug sich Lindner ungeahnt offen auf die Seite von Rot-Grün. Man bekomme ja auch kein Geld von der Stadt, wenn man nicht ins Konzerthaus gehe. Lindner rutschte zugleich die deprimierende Feststellung heraus, dass er im Bundestag trotzdem aus schwarz-gelber Koalitionsräson für die als „Herdprämie“ beschimpfte Familienleistung stimmen werde. So ist Realpolitik. Das wird auch Ober-Pirat Paul noch erfahren.