Berlin. Im Streit um den Inhalt seines Anrufs bei „Bild“-Chefredakteur Diekmann bekommt Bundespräsident Christian Wulff Rückendeckung von der ARD: Das „Morgenmagazin“ berichtet, dass Wulff tatsächlich nur um eine „Verschiebung“ des Berichts über seinen umstrittenen Hauskredits gebeten habe.

In seiner umstrittenen Mailboxnachricht an den Chefredakteur der "Bild"-Zeitung, Kai Diekmann, soll Wulff jedoch laut einem Medienbericht tatsächlich um einen Aufschub der Berichterstattung über die Kreditfinanzierung seines Hauses gebeten haben. Wulff habe, wie von ihm behauptet, lediglich von einer "Verschiebung" gesprochen, berichtete das ARD-"Morgenmagazin" am Freitag unter Berufung auf mit der Abschrift der Nachricht vertraute Kreise.

Die "Bild"-Zeitung hatte zuvor angegeben, Wulff habe die Berichterstattung mit seinem Anruf gänzlich unterbinden wollen. Die Zeitung hatte Wulff daraufhin am Donnerstag öffentlich vorgeschlagen, die auf Diekmanns Handymailbox aufgezeichnete Nachricht zu veröffentlichen. Wulff antwortete ebenfalls öffentlich, diese sei "in einer außergewöhnlich emotionalen Situation" aufgesprochen und "für sonst niemanden" als für Diekmann bestimmt gewesen. Die "Bild"-Chefreaktion bedauerte Wulffs Reaktion.

SPD-Fraktionsvize Heil plädiert für Veröffentlichung der Nachricht

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil plädiert derweil weiter für eine Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht. "Dann wissen wir, ob er tatsächlich eine Berichterstattung unterdrücken wollte - das wäre unwürdig für ein Staatsoberhaupt gegenüber freier Presse - oder ob es lediglich um die Bitte um Verschiebung ging", sagte Heil am Freitag im ARD-"Morgenmagazin".

Einen Rücktritt des Bundespräsidenten wollte Heil hingegen nicht fordern. Er halte nichts davon, öffentlich solche Appelle in den Raum zu stellen. Wulff müsse selbst wissen, ob er den Ansprüchen an das Amt noch gerecht werde. Heil forderte außerdem "ein klärendes Wort" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Wulff sei schließlich ihr Kandidat gewesen.

Der Präsident tue nichts, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften, erklärte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. "Ob er gelogen hat oder nicht, kann nur eine Veröffentlichung der Mailbox-Nachricht beweisen." Wulff habe "seine Glaubwürdigkeit endgültig auf den Nullpunkt gebracht", erklärte Linken-Fraktionsvize Ulrich Maurer. FDP-Vize Birgit Homburger forderte Wulff in der "Welt" auf, Klarheit über seinen Anruf bei Diekmann zu schaffen.

BW Bank bestreitet Kreditabschluss per Handschlag

Die BW Bank widersprach derweil der Darstellung von Bundespräsident Christian Wulff einem Medienbericht zufolge in einem zentralen Punkt widersprochen. Wie die Zeitung "Die Welt" berichtet, kam der Vertrag für ein langfristiges Darlehen zur Finanzierung seines Hauses anders als von Wulff in seinem Fernsehinterview am Mittwoch geschildert, nicht bereits im November zustande.

Die Details des Vertrages seien zwar im November mündlich vereinbart worden, antwortete die Bank auf eine Anfrage der "Welt". Dies reiche jedoch nicht aus, um den Vertrag wirksam werden zu lassen. Einen schriftlichen Vertrag schickte die Bank ihren Angaben zufolge erst am 12. Dezember an Wulff, unterschrieben hat er den Kreditvertrag am 21. Dezember und damit rund eine Woche nach den ersten Medienberichten über seine Hausfinanzierung. Bei der Bank sei der unterschriebene Vertrag demnach am 27. Dezember eingegangen.

Wulff hatte in dem Interview mit ARD und ZDF Vorwürfen widersprochen, der neue Kreditvertrag mit der BW Bank, der ein günstigeres Geldmarktdarlehen der BW Bank ablösen soll, sei deutlich später zustande gekommen als von ihm angegeben. "Denn wenn Sie am 25. November sich geeinigt haben (...), dann ist der Vertrag geschlossen", sagte er. Es gelte "Handschlagqualität". Die BW Bank bestätigte der "Welt" zwar, dass alle Konditionen des Kredits am 25. November vereinbart worden seien, betonte aber die Notwendigkeit der Schriftform.

60 Prozent wollen dem Bundespräsidenten "zweite Chance" einräumen

Die Mehrheit der Bundesbürger hat den Auftritt von Wulff im Fernsehen als nicht überzeugend empfunden. Das ergibt sich aus einem aktuellen ARD-DeutschlandTrend extra und aus einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-"heute-journal", deren Ergebnisse am Donnerstagabend veröffentlicht wurden. Allerdings sprachen sich gegenüber dem ARDDeutschlandTrend dennoch 60 Prozent dafür aus, Wulff jetzt "eine zweite Chance" einzuräumen.

Die Prozentangaben der beiden Umfragen weichen teilweise voneinander ab, laufen aber dennoch auf sehr ähnliche Ergebnisse hinaus. Laut ARD fanden 61 Prozent Wulffs Auftreten nicht überzeugend, laut Forschungsgruppe Wahlen 51 Prozent. Umgekehrt fanden 30 Prozent laut ARD Wulff überzeugend, nur 25 Prozent laut ZDF. Die Abweichungen kommen offensichtlich zum Teil zu Stande, weil die Forschungsgruppe Wahlen 24 Prozent verzeichnet, die dies nach eigenen Angaben nicht bewerten können.

37 Prozent halten Wulff laut ARD für glaubwürdig, 35 Prozent laut ZDF. Die Unglaubwürdigkeitswerte liegen mit 56 Prozent bei ARD und 59 Prozent bei ZDF deutlich höher. Für den ARDDeutschlandTrend wurden von dimap am Donnerstag 1000 Wahlberechtigte befragt, von der Forschungsgruppe Wahlen 1108 Bundesbürger. (afp/dapd)