Berlin. Bundespräsident Christian Wulff hat in den vergangenen Tagen nicht an Rücktritt gedacht. Das erklärte er in einem Fernsehinterview, das Wulff gegenüber Journalisten von ARD und ZDF in Berlin gab. Sein Anruf bei Bild-Chefredakteur Kai Diekmann sei ein schwerer Fehler gewesen.

Bundespräsident Christian Wulff hat im Umgang mit der Kreditaffäre Fehler eingeräumt, lehnt einen Rücktritt aber weiter ab und fordert Respekt vor seinem Privatleben. „Der Anruf beim Chefredakteur der Bild-Zeitung war ein schwerer Fehler, der mir leid tut und für den ich mich entschuldige“, sagte Wulff gestern abend in einem gemeinsamen Fernsehinterview von ARD und ZDF.

Das Vorgehen, bei dem Wulff eine erste Veröffentlichung über die Kreditaffäre am Tag darauf mit Drohungen verhindern wollte, sei „unwürdig“ für einen Präsidenten und mit seinem Amtsverständnis nicht vereinbar.

Wulff versicherte aber, dass er nicht an Rücktritt denke und seine Verantwortung gern wahrnehme. Er verwies auf die „große Unterstützung“ von Bürgern und Freunden und sagte, er wolle nach fünf Jahren eine Bilanz als „guter, erfolgreicher Bundespräsident“ vorlegen.
Mit den neuen Einlassungen kam Wulff Aufforderungen von Politikern der Koalition und Opposition nach. Kanzlerin Angela Merkel hatte deutlich gemacht, dass sie eine Erklärung erwartet. Wulff verteidigte aber seine Urlaube bei befreundeten Unternehmern und wies auch alle Vorwürfe wegen des günstigen Hauskredits zurück. "Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, in dem man sich von einem Freund kein Geld mehr leihen kann", sagte er.

Merkel bekennt sich zu Wulff

Ob Wulff damit der erhoffte Befreiungsschlag in der Kreditaffäre gelang, blieb zunächst unklar. Führende Unionspolitiker hatten sich nach längerem Schweigen schon zuvor hinter Wulff gestellt: Merkel ließ erklären, sie schätze Wulffs Arbeit außerordentlich und habe "davon nichts zu widerrufen". CSU-Chef Horst Seehofer sagte: "Die CSU steht zu diesem Bundespräsidenten Christian Wulff, und er hat auch unser Vertrauen." Aus der Opposition kam jedoch Kritik: SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil nannte Wulffs Erklärung „überfällig, aber nicht ausreichend.“ Wulff habe Fragen zu den Vorwürfen offengelassen, eine Aufklärung sei weiter nötig, sagte Heil unserer Zeitung. „Das war kein Befreiungsschlag, das wird die Debatte nicht beenden.“

Die CDU-Politikerin Vera Lengsfeld forderte den sofortigen Rücktritt Wulffs: Er sei „endgültig zur Witzfigur geworden.“Auch der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki meinte, Wulff müsse sich die Frage stellen, ob er noch im Amt bleiben könne. Nach einer neuen Forsa-Umfrage hat der Rückhalt für Wulff in der Bevölkerung drastisch nachgelassen: 46 Prozent der Bundesbürger sind jetzt für einen Rücktritt des Bundespräsidenten, ebenso viele dagegen.