Witten. Mehrere Wittener Schulen stimmen ihre Schüler mit einer „Juniorwahl“ auf die Europawahl ein. Welche Themen finden sie wichtig, gibt es Favoriten?

Am Sonntag (9.6.) steht die Europawahl an. In den Wittener Schulen wurde schon am Dienstag (4.6.) gewählt. Mit „Juniorenwahlen“ bereiten einige Wittener Schulen ihre Schüler auf den anstehende Urnengang vor. Dabei lernen sie, wie eine Wahl abläuft. Sie leiten selbst ein Wahllokal und helfen beim Auszählen der Stimmen. Auf den Wahlzetteln stehen die gleichen Partein wie bei der richtigen EU-Wahl. Mit der Aktion sollen Hemmschwellen abgebaut und die Demokratie gestärkt werden. Funktioniert das? Das sagen Schüler und Lehrer.

Im Wittener Berufskolleg (BK) herrscht Ausnahmezustand. Neben der Juniorwahl feiert die Schule an der Husemannstraße auch noch einen eigenen „Tag der Demokratie“. Wer ins Foyer kommt, wird von einer Erzieherinnenklasse begrüßt, die sich ein besonderes Projekt ausgedacht hat. An ihrem Stand können Schüler und Lehrer „Haltung“ zeigen. Dafür haben die Mädchen in mehrstündiger Arbeit Jutebeutel mit politischen Botschaften bedruckt und eine meterhohe Fotowand gebastelt.

Schüler und Lehrer setzen ein Zeichen für die Demokratie

Wer sich vor der Wand fotografieren lässt, steht unter dem Schild „#BKWitten zeigt Haltung!“. Abgerundet wird das Motiv von Plakaten mit der Aufschrift „Wer in der Demokratie schläft, wacht in der Diktatur auf“ und „Nazis essen heimlich Döner“. Veröffentlicht werden die Fotos, auch aus Gründen des Datenschutzes, allerdings nur schulintern.

Die Erzieherinnenklasse setzt im Foyer des Berufskollegs ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte.
Die Erzieherinnenklasse setzt im Foyer des Berufskollegs ein Zeichen für Demokratie und Menschenrechte. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

Die 18-jährige Dalina betreut mit ihren Klassenkameradinnen den Stand der Erzieherinnen im Schulfoyer. Dass sie am Sonntag „richtig“ wählen gehen möchte, weiß sie schon jetzt. Welcher Partei sie ihre Stimme gibt, stehe aber noch nicht fest, sagt sie. Ihr liegen die Themen Tierschutz, Familie und Umwelt am Herzen. Sie werde wohl eine kleinere Partei wählen, „weil da nicht so viel Chaos ist“, sagt sie.

Während im Foyer Fotos geschossen und Beutel verschenkt werden, wuseln ganze Schulklassen durch die Gänge. In den Händen halten die Jugendlichen ihre für die Juniorwahl extra erstellten „Wahlbenachrichtigungen“. Schließlich soll alles so wie bei einer richtigen Wahl sein. Als Höhepunkt wird dann natürlich das Kreuzchen gesetzt.

Der letzte Jutebeutel mit politischer Botschaft geht schon zur Mittagszeit über den Tresen. Ganz zur Freude der angehenden Erzieherinnen, die sie gestaltet haben.
Der letzte Jutebeutel mit politischer Botschaft geht schon zur Mittagszeit über den Tresen. Ganz zur Freude der angehenden Erzieherinnen, die sie gestaltet haben. © FUNKE Foto Services | Walter Fischer

„Die Juniorwahl wird von der Landeszentrale für politische Bildung, aber auch vom Bund gefördert. Sie stellen Materialien zur Verfügung, um die Wahl möglichst realitätsgetreu ablaufen zu lassen“, erklärt Politiklehrerin Julia Vetter (28). Ausgezählt werden die Stimmen zwar schon am Mittwoch. Das Ergebnis gibt‘s aber erst am Sonntag, 18 Uhr, zeitgleich zur ersten Hochrechnung der richtigen Europawahl. Deutschlandweit nehmen rund 5000 Schulen an der Juniorwahl teil. In Witten sind das neben dem Berufskolleg die drei Gymnasien und die Holzkamp-Gesamtschule.

Nicht jeder weiß schon, ob er wählen geht

Vor einem Klassenraum, der heute als Wahllokal herhält, hat sich bereits eine Schlange gebildet. Mittendrin steht Erstwähler Tarek (Name geändert). Ob er am Sonntag wählen geht? „Wahrscheinlich“, sagt der 18-Jährige, „wenn ich Zeit habe“. Dann werde er entweder für die CDU oder die AfD stimmen. Ganz sicher scheint er aber noch nicht zu sein. „Hm, weiß ich nicht. Ich muss mich vielleicht noch mal ein bisschen durchfuchsen.“

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Am Ruhr-Gymnasium (RGW) haben Christian und Lennard bei der Juniorwahl mitgemacht. Die 16-Jährigen dürfen am Sonntag erstmals auch richtig wählen. Es fühle sich schon ein bisschen besonders an, nun „auch mal mitbestimmen zu können“, sagt Christian. Sein Klassenkamerad und er wünschen sich vor allem, „dass Europa Europa bleibt“.

Gymnasiasten fordern europäischen Zusammenhalt

Nationale Alleingänge, wie den Brexit, sehen die beiden Zehntklässler kritisch. Sie wollen mit ihren Stimmen verhindern, dass sich „die Länder weiter voneinander abkapseln“. Zumindest wissen sie schon, wen sie nicht wählen wollen. Lennard möchte sich am „Wahl-O-Mat“ orientieren. „Was da rauskommt, wird dann entweder gewählt oder ich nehme die nächstgrößere Partei“, sagt Lennard. Der Wahl-O-Mat ist ein Frage-Antwort-Tool, das am Ende jene Partei ermittelt, die der eigenen Position am nächsten kommt.

Politikverdrossenheit war in den Gesprächen mit den Erstwählern übrigers nicht zu spüren. Die Wahlbeteiligung ließ sich ebenfalls sehen, zumindest bei der „Juniorwahl“....

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