Witten. Stadt und Uni wollen Witten zu einem gesunden Ort machen - auch für junge Bewohner. Doch in bestimmten Vierteln ist die Lage noch kritisch.
Witten soll für alle Menschen, die hier leben, ein gesunder Ort werden. Dieses Ziel haben sich die Stadt und die Uni Witten/Herdecke (UW/H) schon vor fünf Jahren gesetzt. In einer Studie ging es etwa um die Frage, wie es um die Gesundheit von Jugendlichen in Witten tatsächlich bestellt ist. Die Ergebnisse wurden nun veröffentlicht. Sie sind: „Nicht überraschend, aber erschreckend“, sagt Projektleiterin Heike Bergemann.
Laut Sozialbericht lebten im Jahr 2022 insgesamt 15.428 Kinder und Jugendliche in Witten, das entspricht einem Anteil von knapp 16 Prozent. Knapp jedes zweite Kind unter 18 Jahren hat einen Migrationshintergrund. Für ihre Studie hat die Uni 649 Schülerinnen und Schüler der zehnten Klassen befragt. Sie haben Online-Fragebögen ausgefüllt, um einen Einblick in ihr persönliches Wohlbefinden zu geben.
Wittener Studie: Einkommensschwache Familien leben ungesünder
Wenig überraschend: Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Milieus oft in benachteiligten Wohnlagen leben, was wiederum zu einer gesundheitlichen Mehrfachbelastung führt – durch Schadstoffe, Lärm und wenige Grünflächen. Das kann negative Auswirkungen auf Bewegung und die psychische Gesundheit haben, so ein Fazit der Studie.
Die kleinräumige Analyse des städtischen Sozialberichts zeigt, dass insbesondere Teile der Innenstadt sowie von Annen und Heven stärker von diesen Umständen betroffen sind als Quartiere in Rüdinghausen, Stockum oder Herbede. „Dabei lässt sich auch feststellen, dass sich diese eher im Zeitverlauf manifestieren als auflösen.“ Heike Bergemann vom Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung an der UW/H warnt: „Das kann sich dann durchs ganze Leben ziehen und sogar Auswirkungen auf die Lebenserwartung haben.“
Die Hälfte der Wittener Zehntklässler frühstückt nicht
Ebenfalls keine neue Erkenntnis, aber durch die Studie nun wissenschaftlich belegt: Viele Jugendliche pflegen ungesunde Essgewohnheiten und sind nicht ausreichend körperlich aktiv. Gut die Hälfte der Befragten gab an, vor der Schule nicht zu frühstücken. Nur 18,2 Prozent erreichten die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlene körperliche Aktivität von 60 Minuten pro Tag. Ein Grund: Es fehlen Bewegungsräume - etwa Sportplätze - in der näheren Umgebung.
„Die Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse darüber, wie wir die Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen in Witten verbessern können“, so Heike Bergemann. Es sei nun wichtig, vorzubeugen und gesunde Lebensweisen zu fördern, um die Widerstandsfähigkeit der jungen Generation zu stärken.
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Aktuell planen die Wissenschaftlerin ein Projekt an der Holzkamp- sowie an der neuen Otto-Schott-Gesamtschule, das die jungen Menschen für „Positive Health“ sensibilisieren soll. Dahinter, so Bergemann, verbirgt sich ein Konzept, das das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität verbessern soll - statt nur Krankheiten zu behandeln oder vorzubeugen.
Dazu laufen bereits Workshops für die Lehrer, nach den Sommerferien soll es an den Schulen losgehen. Kinder- und Jugendcoaches begleiten das Projekt. Es geht um Kommunikation auf Augenhöhe und erstmal nur um kleine Dinge. Ganz wichtig: „Die Jugendlichen müssen das wollen“ - damit sie langfristig dranbleiben, etwa wenn es um gesunde Ernährung geht.
Die Studie „Gesunde Jugend Witten“ ist Teil des Verbundprojekts „Gesunde Stadt Witten“ (GeWIT). Die Techniker Krankenkasse unterstützt das Projekt und stellt 40.000 Euro zur Verfügung. Wirtschaftsförderer Klaus Völkel, der sich ganz dem Thema Gesundheit verschrieben hat, freut sich: „Wenn‘s gut läuft, geht die Förderung weiter.“ Und das sei doch schon mal eine positive Nachricht für eine Stadt, deren Haushalt tief im Minus ist.
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