Witten. In Witten ist seit kurzem ein neuer Schornsteinfeger im Einsatz. Zu seinen Aufgaben gehört immer stärker Beratung. Ein Thema sticht hervor.
Mit Jan Krawczyk-Andreas hat in Witten ein neuer Schornsteinfeger seinen Dienst angetreten. Doch Fegen ist nur noch ganz selten angesagt. Der Beruf, so der 33-Jährige, erlebt derzeit einen rasanten Wandel, der vor allem mit einem Unwort zu tun hat, nämlich dem Gebäudeenergiegesetz. Auch die Folgen des Ukrainekrieges beeinflussen sein Gewerbe. Aber der Reihe nach.
Zu dem Beruf hat der junge Mann aus Dortmund-Berghofen eher durch Zufall gefunden. Bei den Besuchen in seinem Elternhaus hat er den Schornsteinfegern bei der Arbeit gern mal über die Schulter geschaut. Als das Interesse einmal geweckt war, hatte er schnell eine Lehrstelle in einem Dortmunder Betrieb gefunden. Später erwarb er seinen Meistertitel. Als in Witten sein Kollege Volker Steffen in den Ruhestand ging, hat sich Krawczyk-Andreas um dessen Kehrbezirk beworben und von der Bezirksregierung zugesprochen bekommen.
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Viele Fragen zur Heiztechnik
Sucht er nun die Haushalte in Annen, Ardey und Teile der Innenstadt auf, für die er zuständig ist, wollen die Leute vor allem eines wissen: Welches Heizsystem empfiehlt sich für die Zukunft? „Ich kann durchaus verstehen, dass die Menschen einen großen Beratungsbedarf haben, denn es fällt schwer, den Durchblick zu behalten.“
Der Wittener Schornsteinfeger ist längst nicht der einzige seiner Zunft, der um Hilfe gebeten wird. „Unsere Kollegen führen bei ihren Terminen eine Menge Gespräche, denn es herrscht nach wie vor eine große Verunsicherung“, sagt Andreas Quentmeier, Pressesprecher der Innung. Hausbesitzer wollen vor allem wissen, ob sie ihre Gas- oder Ölheizung noch behalten oder auf die Wärmepumpe umsteigen sollen.
Wenngleich Krawczyk-Andreas auch keine konkrete Empfehlung ausgeben kann und möchte, „gehe ich mit den Kunden aber einige wichtige Punkte durch, die sie bedenken sollten“. Für den Einbau von Wärmepumpen sollte unter anderem vorher geklärt sein, wie das Gebäude gedämmt ist. Muss noch etwas an den Hauswänden gemacht werden, sind neue Fenster erforderlich oder braucht das Dach eine Sanierung? Eine ganze Reihe von Eigentümern möchte stattdessen Gas oder Öl behalten.
„In diesen Fällen weisen unsere Leute auf die aktuelle und auch recht komplizierte Gesetzeslage hin“, erklärt Quentmeier. Seit Jahresbeginn gilt unter anderem die strenge Vorgabe, dass im Falle von Neubauten Heizungen mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen.
Suche nach Alternativen zum Gas
Bevor im vergangenen Jahr das Gebäudeenergiegesetz so manche Hausbesitzer aufschreckte, hatten Schornsteinfeger mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges zu tun. Als Russland den Gashahn zudrehte, suchten Haushalte nach einem Ersatz für den Energieträger. Viele Leute wollten sich nun einen Kamin zulegen und natürlich von ihrem Schornsteinfeger wissen, ob sich die eigenen vier Wände dazu auch eignen. Mitunter schreckten schließlich die hohen Anschaffungs- und Einbaukosten die Leute ab.
Wenn in einem Haus ein Kamin vorhanden ist, „prüfen wir mindestens einmal im Jahr die Abgaswerte und schauen zweimal nach, ob der Schornstein verstopft ist“. Dann besteht die Gefahr, dass sich das tödliche Kohlenmonoxid bildet. In solchen Fällen stellt der Schornsteinfeger ein Verbot für den Weiterbetrieb aus. Das gefährliche Gas kann sich aber auch in einer Gasetagenheizung bilden, wenn es an Frischluftzufuhr mangelt. Deshalb „raten wir immer wieder dazu, in den Häusern Kohlenmonoxidmelder zu installieren“, betont der Fachmann. Sie sind zwar im Gegensatz zu Rauchmeldern keine Pflicht, aber „sie können Leben retten“.
Stadtgebiet hat neun Kehrbezirke
Das Stadtgebiet von Witten ist in neun Kehrbezirke aufgeteilt, für die jeweils ein Schornsteinfegermeister sowie dessen Mitarbeiter zuständig sind.
Sie gehören alle zum Bezirk der Arnsberger Schornsteinfegerinnung, die von der Fläche her mit dem Gebiet der Bezirksregierung deckungsgleich ist.
Da auch dieser Beruf unter Fachkräftemangel leidet, sucht Jan Krawcyzk-Andreas derzeit einen Auszubildenden. Die Stelle ist aktuell frei.
Wenn der Experte die Abgaswerte von Heizungen misst, dann dient das bei vielen Anlagen noch einem weiteren Zweck: Er kann dem Hauseigentümer Tipps zur Wirtschaftlichkeit der Heizung geben. Die Daten geben Aufschluss über den Energieverbrauch und damit über die entscheidende Größe, inwieweit sich die Heizung noch rechnet.
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Schornsteinfeger bieten zusätzlichen Service an
Dass nun absehbar die Öl- und Gasheizungen aus den Kellern verschwinden werden, wird sich auch deutlich in den Auftragsbüchern der Schornsteinfeger bemerkbar machen. Es fällt auf Dauer deutlich weniger Arbeit an, denn bei Fernwärme oder Wärmepumpen entsteht kein Ruß, entwickeln sich auch keine Abgase.
„Deshalb suchen wir uns bereits jetzt neue Aufgabenfelder“, unterstreicht Quentmeier. Die einen spezialisieren sich auf Energieberatung. Sie lassen sich entsprechend schulen, um bei Fragen rund um Wärmepumpe oder Geothermie mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Andere, wie der neue Kollege in Witten, empfehlen sich als Fachmann für den Brandschutz. Sowohl Privatleuten wie Unternehmen bietet er an, zu prüfen, inwieweit in den Gebäuden ausreichend Vorsorge getroffen ist. Dafür hat er sich eigens qualifizieren lassen. Wissen und Können bringt er auch deshalb mit, weil er der Freiwilligen Feuerwehr in seinem Wohnort im Dortmunder Stadtteil Berghofen angehört.