Witten. Seit Januar testet die Wittener Firma Lobotec die Vier-Tage-Woche – was mehr Arbeit an weniger Tagen bedeutet. So lautet das Fazit des Teams.
Nur noch vier Tage pro Woche arbeiten, dafür einen Tag länger Wochenende haben, ohne auf Gehalt verzichten zu müssen – für viele klingt das verlockend. Über die Vier-Tage-Woche wird immer wieder diskutiert. Doch nur wenige Firmen in Witten setzen sie bisher um. Eine davon ist Lobotec, ein Unternehmen, das im Wullener Feld Produkte aus Acrylglas herstellt.
Anfang des Jahres hatte sich der Betrieb unter der Leitung von Kai Ostermann und Frank Lobenstein entschieden, testweise einen Tag weniger in der Woche zu arbeiten, zunächst ein Jahr lang als Test. Nach der Hälfte der Zeit zieht Geschäftsführer Frank Lobenstein nun ein erstes Fazit. „Sehr gut“ sei der bisherige Eindruck, sowohl bei der Firmenleitung als auch der Belegschaft.
Wittener Firma profitiert von höherer Produktivität
Das zehnköpfige Team hatte sich von dem neuen Arbeitsmodell mehr Zeit zur Erholung und weniger Stress versprochen. Nach einem halben Jahr kann Frank Lobenstein bestätigen, dass dieses Ziel – zumindest subjektiv – erreicht wurde. „Die positivere Einstellung der Mitarbeiter ist spürbar“, sagt er. „Dadurch, dass das Team mit der Aussicht auf einen freien Tag mehr pro Woche motivierter ist, schaffen wir in weniger Zeit mehr Arbeit.“
Probleme habe es mit der Vier-Tage-Woche bislang nicht gegeben. Das liegt aus Sicht des Chefs auch daran, dass Lobotec keine Laufkundschaft hat. „Wir haben unseren Kunden und den Lieferanten mitgeteilt, dass wir freitags nicht mehr geöffnet haben. Solange wir die vorgegebenen Liefertermine einhalten, hat damit niemand ein Problem. Da das bisher immer geklappt hat, gab es bisher auch keine Beschwerden.“
Längere Arbeitstage machen bisher keine Probleme
Aber ist es auf Dauer machbar, zehn Stunden pro Tag an den Maschinen zu arbeiten? Schließlich wurden die Stunden vom Freitag auf die verbliebenen Arbeitstage umgelegt. „Ja“, sagt der Geschäftsführer. „Das Feedback unserer Mitarbeiter ist durchgehend positiv.“ Zumal die Stunden nicht komplett nachgearbeitet werden müssen. „Wir haben die Arbeitszeit von 40 auf 37 Wochenstunden reduziert.“
Freitags hatte das Team – vor der Umstellung im Januar – ohnehin nur bis mittags gearbeitet. „Dann haben wir kalkuliert, wie viele Stunden wir insgesamt streichen können, ohne das Auftragspensum reduzieren zu müssen, und haben uns auf drei Stunden geeinigt“, sagt Lobenstein.
Arbeiten in Witten
In Witten gibt es weitere Betriebe und Einrichtungen, die ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besondere Arbeitsmodelle anbieten. Sei es eine Inhouse-Weiterbildung oder der nachgeholte Schulabschluss neben dem Beruf. Eine Reihe dieser Modelle stellen wir Ihnen in unserem Themenschwerpunkt vor. Hier finden Sie alle bisher erschienenen Artikel der Reihe:
Teil 1: Vier-Tage-Woche im Handwerk – kann das funktionieren?
Teil 2: Schule während der Arbeitszeit – in Witten ist das möglich
Teil 3: Warum Menschen in Witten ihren Schulabschluss nachholen
So fängt das Team seit Januar eine halbe Stunde früher an – und hängt nachmittags noch eine halbe Stunde dran. Von 7 bis 17 Uhr hat Lobotec inzwischen geöffnet. „Davon ist mindestens eine Dreiviertelstunde Pause, so ist es für alle nur eine Stunde Arbeit mehr pro Tag“, sagt Frank Lobenstein. Sollte es aber doch noch zu Problemen kommen, sei eine Rückkehr zur Fünf-Tage-Woche denkbar.
Geschäftsführer schätzt, dass weitere Firmen ihr Arbeitsmodell umstellen
Würde er das Modell also weiterempfehlen? „Das Interesse besteht auf jeden Fall“, sagt der 58-Jährige. „Für Mitarbeiter ist es natürlich reizvoll, einen Tag mehr frei zu haben, ohne dafür auf Gehalt verzichten zu müssen, und auch Unternehmer beschäftigen sich intensiv damit.“
Lobenstein ist überzeugt, dass es sich in vielen Betrieben, wenn auch in abgewandelter Form, umsetzen ließe. Er glaubt aber nicht, dass die Vier-Tage-Woche die klassische Fünf-Tage-Woche komplett ablösen wird. „In Bereichen wie der Pflege ist das so natürlich nicht umsetzbar und in vielen Betrieben würde eine Vier-Tage-Woche auch mehr Personal erfordern. Aber ich denke trotzdem, dass die Zahl der Unternehmen, die es einführen, weiter zunehmen wird.“
Was seine Firma angeht, sieht es jedenfalls nicht danach aus, als wenn die Mitarbeiter sich von ihrem freien Freitag so schnell wieder verabschieden müssten.
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