Witten. Grundsteuer und kein Ende: Tausende Wittener haben Einspruch eingelegt, andere kümmern sich nicht. Haus & Grund hat Ratschläge auf Lager.
Die Reform der Grundsteuer belastet sowohl Hausbesitzer als auch Finanzbehörden und ruft zudem viel Kritik hervor. Etliche Eigentümer in Witten haben auch schon Einspruch gegen die Bescheide eingelegt, die in ihren Postkästen lagen, andere haben sich noch immer nicht gekümmert. Wie soll es nun also weitergehen?
Eigentlich bestand für Besitzer von Liegenschaften die Pflicht, bis Ende Januar die Grundsteuererklärung abzugeben. Doch selbst neun Monate später liegen dem Wittener Finanzamt noch längst nicht alle Unterlagen zu Grundstücken und Gebäuden der Ruhrstadt vor. Bislang haben 93 Prozent der Eigentümer geantwortet, was rund 44.300 Erklärungen gleichkommt. Heißt aber umgekehrt auch: Es fehlen noch über 3000 Papiere. Von den eingereichten Unterlagen hat die Behörde inzwischen rund 94 Prozent bearbeitet und somit den Eigentümern auch ihre Bescheide zukommen lassen.
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Nach Durchsicht der Papiere haben sich schließlich rund 3800 Wittener entschieden, Einspruch einzulegen. Ein Drittel der Bürger gab als Grund konkrete Werte an, die aus ihrer Sicht nicht stimmen können. In knapp 500 Fällen hat das Finanzamt solche Korrekturen bereits vorgenommen.
Knapp zwei Drittel entschlossen sich zu dem Schritt, weil sie grundlegende Bedenken gegen die Berechnung des Bescheids geltend machen. Fachleute bemängeln nämlich die Bodenrichtwerte, mit denen die Finanzbehörden kalkulieren. Ferner kritisieren Experten, dass bei Mehrfamilienhäusern die zu erzielenden Mieteinnahmen als zu hoch festgelegt werden oder sie den örtlichen Gegebenheiten nicht entsprechen.
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Wer wegen letztgenannter Gründe Einspruch eingelegt hat, dürfte bislang noch keine Antwort vom Finanzamt erhalten haben. Vornehmlich bearbeite man derzeit noch die Erklärungen zur Grundsteuer und Entscheidungen über die Einsprüche würden derzeit ohnehin nicht gefällt, erklärte ein Sprecher der Oberfinanzdirektion in Münster.
Derzeit sollen die Hausbesitzer noch abwarten
Auch wenn derzeit nichts passiert, erwachsen den betroffenen Hausbesitzern daraus keine Nachteile, sagt Andreas Noje, Geschäftsführer des Verbandes Haus & Grund in Essen. Momentan bleibe nichts anderes übrig als abzuwarten. Er rät davon ab, Druck aufzubauen, indem man eine Untätigkeitsklage einreicht. Wenn das Finanzamt sechs Monate lang nicht reagiere, könne der Bürger zu diesem Mittel greifen, das aber mit viel Aufwand, Kosten und Mühen verbunden sei.
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Noje empfiehlt vielmehr folgend Vorgehensweise: Der Bundesverband Haus & Grund hat inzwischen zwei Klagen bei Finanzgerichten eingereicht, einmal in Berlin, das andere Mal in Rheinland-Pfalz. Diese seien als Musterklagen gedacht. Wenn eines Tages dann doch eine wohl ablehnende Antwort des Finanzamtes vorliege, solle der Bürger zwar ebenfalls Klage einreichen, zugleich aber beantragen, das Verfahren ruhend zu stellen bis in dem Musterprozess die Würfel gefallen sind.
In 1700 Fällen hat das Finanzamt den Wert der Liegenschaften geschätzt
Aktuell stellen sich viele Eigentümer die Frage, ob sie noch Einspruch einlegen sollen, so Noje. Das dürfte aber für zahlreiche Wittener zu spät sein. Denn ein solcher Protest muss innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des Grundsteuerbescheids erfolgen, den ein großer Teil aber schon vor Monaten bekommen hat.
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Neben Eigentümern, die sich gegen die Bescheide zu Wehr setzen, gibt es aber auch etliche säumige Besitzer. Das Wittener Finanzamt hat in 1700 Fällen bereits von sich aus den Grundsteuerbescheid geschätzt. Nach Ansicht von Fachleuten geht ein solches Vorgehen in der Regel zum Nachteil der Eigentümer aus. Das dürfte wiederum Einsprüche nach sich ziehen. Sowohl Haus & Grund als auch das Finanzamt betonen, dass eine Schätzung keineswegs von der Pflicht entbindet, eine Erklärung abzugeben.
Eine neue Grundsteuer soll laut geltender Gesetze ab dem Jahr 2025 gelten. Welche Folgen es aber hat, wenn bis dahin die obersten Gerichte noch keine Entscheidungen zu den Klagen und verfassungsrechtlichen Fragen getroffen haben, gilt als offen.
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