Witten. Die Bundesregierung will die Fernwärmenetze massiv ausbauen. Vor allem für Mieter ist das interessant. Aber gibt es dafür Potenzial in Witten?

Bislang stand im Streit um das von der Ampelregierung geplante Heizungsgesetz meist die Wärmepumpe als Technologie der Zukunft im Mittelpunkt, um klimaneutral heizen zu können. Doch für viele Haushalte könnte sich die Frage nach dem Heizungstausch mit einem Anschluss ans Fernwärmenetz erledigen. Den will die Bundesregierung nun massiv vorantreiben. In Witten ist diese Art des Heizens bislang nicht wirklich angekommen. Nur 1,6 Prozent der hiesigen Haushalte sind angeschlossen. In ganz Deutschland sind es 14 Prozent.

Wer in der Ruhrstadt Fernwärme beziehen will – also Wärme, die nicht im Wohnhaus, sondern in einem Kraft- oder Heizwerk in der Umgebung erzeugt wird –, der kann das aktuell nur über die Stadtwerke. Einen anderen Anbieter gibt es nicht. Der kommunale Versorger betreibt im Stadtteil Bommern ein Wärmenetz mit sechs Kilometern an Leitungen, die am dortigen Blockheizkraftwerk (BHKW) hängen. Dort werden Wärme und Strom gleichzeitig erzeugt.

Das Blockheizkraftwerk der Stadtwerke Witten gibt es seit 1990, seit 2013 ist man formal auf Biomethan als Brennstoff umgestiegen. Das Werk ist damit quasi klimaneutral.
Das Blockheizkraftwerk der Stadtwerke Witten gibt es seit 1990, seit 2013 ist man formal auf Biomethan als Brennstoff umgestiegen. Das Werk ist damit quasi klimaneutral. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Rund 800 Haushalte in Witten heizen bereits mit Fernwärme

800 Kunden rund um den Bommerfelder Ring kommen in den Genuss des klimafreundlichen Heizens. Neben Mehr - und Einfamilienhäusern gehören dazu auch die Brenschenschule sowie die Helene-Lohmann-Realschule. Das neben der Realschule gelegene Sportzentrum des TuS Bommern hängt ebenfalls am lokalen Wärmenetz, ebenso die dortigen Supermärkte Aldi und Edeka. Die erzeugte Strommenge, die ins Netz der Stadtwerke eingespeist wird, reicht sogar für mehrere tausend Haushalte.

Das Blockheizkraftwerk hat der kommunale Versorger 1990 errichten lassen, 2012 wurde es saniert. Es besteht aus sechs kleineren Blockheizkraftwerken, die nach Angaben der Stadtwerke zusammen zehn bis 13 Millionen Kilowattstunden (kWh) Wärme und acht bis 9,5 Millionen kWh Strom erzeugen.

Biomethan als klimaneutraler Treibstoff

Doch Fernwärme an sich ist nicht klimaneutral. Entscheidend ist, mit welchen Brennstoffen die Kraftwerke betrieben werden. Bislang sind das meist Kohle, Gas oder Öl. Die Stadtwerke haben ihr Werk in Bommern 2013 formal auf Biomethan umgestellt, ein aufbereitetes Biogas mit den gleichen Eigenschaften wie Erdgas. Nur dass es praktisch CO2-neutral ist, weil es auf Gülle, Mist und anderen organischen Abfällen basiert.

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Eingekauft wird der klimafreundliche Treibstoff in Norddeutschland – und dann verrechnet. Soll heißen: Es fließt kein Biomethan nach Witten. „Das Kraftwerk ist bilanziell CO2-neutral, wird aber mit dem üblichen Gas aus der Leitung betrieben“, erläutert Stadtwerkesprecher Mathias Kukla. Das funktioniert ähnlich wie bei Ökostrom-Verträgen, in denen Ökostrom bezahlt und irgendwo auch erzeugt wird, aus der Steckdose im Zweifel aber Kohlestrom fließt.

Nur wenige zusätzliche Anschlüsse wären in Bommern möglich

Perspektivisch könne man das Werk auch mit Wasserstoff betreiben, so Kukla. Es sei möglich, die Anlagen darauf umzustellen. Aber ob und wann genügend grüner Wasserstoff zur Verfügung stehen wird, ist völlig unklar. Sicher ist aber, dass das Heizkraftwerk fast vollständig ausgelastet ist. Nur ein paar wenige zusätzliche Anschlüsse wären noch möglich, so der Stadtwerkesprecher. Oder aber die bereits angeschlossenen Kunden verringern durch Sanierung ihren Energiebedarf.

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Könnte das Bommeraner Modell bald auch in anderen Stadtteilen Schule machen? Darauf haben auch die Stadtwerke momentan noch keine Antwort. Der Wärmeplan, der gemeinsam mit der Stadtverwaltung erarbeitet wird, soll unter anderem diese Frage klären. Man steckt aber noch in den Anfängen. „Generell bietet sich Fernwärme dort an, wo die Bebauung eng ist“, sagt Kukla. Etwa in der Innenstadt.

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