Witten. Im Handwerk fehlen bekanntlich Auszubildende. Besonders betroffen sind Baufirmen. Der Wittener Lehrlingswart nennt Gründe und macht Vorschläge.
Das Handwerk spiele bei der Energiewende und dem Klimaschutz eine tragende Rolle, sagt der Präsident der Dortmunder Handwerkskammer, Berthold Schröder, zum Abschluss des Jahres. Um die Aufgabe zu erfüllen, brauche man allerdings auch ausreichend Fachkräfte. Doch den Betrieben mangele es an Nachwuchs. Davon ist insbesondere auch die Baubranche betroffen, betont der Wittener Unternehmer Achim Hofmann. Er weiß, wovon er spricht. Der 50-Jährige ist Lehrlingswart in der Bau-Innung des EN-Kreises.
Zur Bau-Innung gehören rund 90 Firmen
Der Bau-Innung im EN-Kreis haben sich rund 90 heimische Firmen angeschlossen. Darüber hinaus gibt es aber noch eine ganze Reiher weiterer Betriebe, die zu der Branche zu zählen sind.
Achim Hofmann beschäftigt zwölf Mitarbeiter. Das Unternehmen haben seine Eltern 1970 gegründet.
Nach Angaben der Agentur für Arbeit ist über alle Branchen hinweg in Hagen und dem EN-Kreis die Zahl der Ausbildungsverträge in diesem Jahr weiter gesunken und liegt bei 2889. Vor 16 Jahren waren es noch 3700.
Wenn Kammerpräsident Schröder hervorhebt, dass die Betriebe Schwierigkeiten haben, Lehrstellen zu besetzen, kann Hofmann Zahlen nennen. Haben sich in früheren Zeiten auf einen freien Ausbildungsplatz fünf, sechs oder auch sieben Kandidaten beworben, sind die Firmen heute froh, wenn sich ein oder zwei Interessenten melden. Das Unternehmen stecke dann in einer Zwickmühle, bleibe ihr im Prinzip doch überhaupt keine Auswahl. „Denn es ist noch längst nicht gesagt, ob sich die jungen Leute auch für den Beruf eignen.“
Berufe gelten als wenig attraktiv
Dass so wenig junge Leute im Handwerk und speziell auf dem Bau anheuern wollen, habe vielfältige Gründe, meint Hofmann. Zahlreiche Berufe gelten als wenig attraktiv. Mitunter sind es auch mutmaßliche körperliche Belastungen, die abschreckend wirken. Nach Ansicht des Lehrlingswarts herrscht ein Bild von Handwerksberufen vor, das längst nicht mehr zeitgemäß ist. Denn noch immer gelte der Spruch, dass Handwerk goldenen Boden hat.
Auch der Kammerpräsident macht sich für einen Attraktivitätsschub stark, den die berufliche Bildung brauche, damit sich „wieder mehr junge Leute für eine Karriere im Handwerk entscheiden“. Dazu sei eine moderne Lernumgebung erforderlich, „um die Ausbildung weiterhin auf dem aktuellen Stand der Zeit durchführen zu können“.
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Die Erfahrungen, die die Unternehmen im Arbeitsalltag mit den jungen Leuten gewinnen, sind nach Aussagen von Lehrlingswart Hofmann sehr unterschiedlich. Ein großer Teil der Auszubildenden sei motiviert, engagiert und wolle mit voller Kraft den Beruf erlernen. Doch es lasse sich nun mal nicht verschweigen, dass es eine Reihe von Jugendlichen an Bereitschaft erheblich mangeln lassen. Das führe immer wieder zu erheblichen Problemen und oftmals zum Abbruch der Ausbildung.
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40 Prozent der Firmen bilden schon nicht mehr aus
Klagen von Betrieben, die mit den jungen Leuten unzufrieden seien, hört Achim Hofmann immer wieder. Das ziehe bedauerliche Folgen nach sich. Mittlerweile bilden rund 40 Prozent der Baubetriebe im EN-Kreis überhaupt nicht mehr aus. So sehr er solche Entscheidungen auch nachvollziehen kann, gehe damit aber auch eine bedenkliche Entwicklung einher. Denn schließlich brauche die Branche nun mal beruflichen Nachwuchs, der sich aber dann nicht finden lasse.
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Hofmann selbst stellt in seinem Betrieb jedes Jahr neu Auszubildende ein und will auch daran festhalten. Sein eigenes Engagement als auch das der Kollegen hält er trotz aller Widrigkeiten für wichtig. Zu den Problemen zählt er auch die Lernschwierigkeiten, die zahlreiche junge Leute mitbringen. „Manche tuen sich mit den Anforderungen in der Berufsschule enorm schwer.“ Ein gewisses Wissens- und Leistungsniveau sei aber nun mal in jedem Beruf erforderlich, da mache der Bau keine Ausnahme.
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Seit Jahren gehört Achim Hofmann dem Prüfungsausschuss an. Er erlebt, dass immer mehr Jugendliche die gesetzten Ziele nicht mehr erreichen. „Allein in diesem Jahr sind von den 17 Prüflingen fünf durchgefallen.“ Dabei bieten Unternehmen den Auszubildenden oftmals schon Unterstützung, damit sie die Hürde schaffen. Der Lehrlingswart sieht daher reichlich Handlungsbedarf, dass die Jugendlichen mithalten können und man sie auf die Ansprüche im Beruf ausreichend vorbereitet.