Witten/Hattingen/Sprockhövel. Die Energiekosten haben viele Bürger verunsichert. Doch die meisten Anfragen gab es bei der Verbraucherzentrale 2022 zu einem anderen Thema.
Die hohen Energiepreise und die Inflation haben zu einer großen Verunsicherung bei den Bürgerinnen und Bürgern geführt. Das zeigt sich auch in der Bilanz der EN-Verbraucherberatung. 3175 Menschen haben sich im Jahr 2022 mit ihren Fragen an die Verbraucherstelle gewandt, über 2115 kamen zudem zu Veranstaltungen. Das bedeutet über 1500 Kundenkontakte mehr als im Jahr zuvor. „Wir haben einen wahren Ansturm erlebt“, sagt Nadine Schröer, die neue Leiterin der Beratungsstelle. „Unsere Zahlen sind explodiert.“
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Das drängendste Thema war dabei die Energieversorgung. Dabei gab es Fragen zu vielen verschiedenen Aspekten. „Einige Billig-Anbieter hatten die Lieferung ja kurzfristig eingestellt, andere die Preise trotz langfristiger Vertragsbindung erhöht“, so Schröer. Die Sorge um die nächste Rechnung sei in vielen Beratungen spürbar gewesen. „Da wurden die Gespräche dann oft emotional“, sagt die 43-Jährige. Vor allem Kunden mit kleinem Geldbeutel hätten große Sorge gehabt, die Stromrechnung nicht mehr zahlen zu können.
Wittener sollte Abschläge von 1500 Euro für Strom zahlen
Die Beratungsstelle gab Rat zur Rechtmäßigkeit von Preiserhöhungen, prüfte die Korrektheit von Abschlagsberechnungen, informierte zu möglichen Sozialleistungen und half bei drohenden Energiesperren durch die Versorger. Ihr krassester Fall: Einem Kunden war der Strompreis von unter 25 Cent auf 1,10 Euro erhöht worden – und die Kündigung wurde nicht anerkannt. Schröer: „Da wurden plötzlich monatliche Abschläge von 1500 Euro fällig.“
Zugleich waren Informationen zum Energiesparen und zu Investitionen in energetische Sanierungen und erneuerbare Energien sehr gefragt. Kein leichtes Thema für das insgesamt fünfköpfige Team. Denn die oft nicht vorhersehbaren Entwicklungen und darauf folgenden Anfragewellen stellten auch die Beratungskräfte vor große Herausforderungen. „Mit laufenden Fortbildungen einerseits und der Weiterentwicklung digitaler Angebote andererseits konnten wir aber dennoch qualifiziert und zeitnah auf die vielfältigen Fragen und Sorgen eingehen“, betont Nadine Schröer.
Fitness-Studio beschäftigt Verbraucherschützer weiterhin
Trotz der Energiekrise: Zahlenmäßig den größten Batzen der Beratungen machten mit rund 40 Prozent wieder der Bereich „Alltagsverträge und Reklamationen“ aus. Ein Grund dafür: „Das Thema Fitness-Studio hat uns immer noch nicht losgelassen.“
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Das Studio, um das es dabei geht, hatte bereits im Sommer 2021 in der Wittener Fußgängerzone um Kunden geworben, als es noch gar nicht geöffnet hatte. Erst rund ein Jahr später öffnete der Sport-Tempel dann tatsächlich seine Türen. Und damit begannen die Probleme. Viele Wittener, die dachten, auf der Straße lediglich für ein Probetraining in dem neuen Studio unterschrieben zu haben, merkten auf einmal: Sie hatten eine richtige Mitgliedschaft abgeschlossen – und zwar in der Regel für zwei Jahre.
Inkassoschreiben und Mahnbescheide wurden zugestellt
Noch immer würden neue Fälle hinzukommen – auch aus anderen Städten und von anderen Fitness-Studios. Andere seien eskaliert. „Viele Wittener haben inzwischen Inkassoschreiben bekommen“, sagt Schröer. Einigen seien in diesem Jahr sogar schon Mahnbescheide ins Haus geflattert – das heißt, die Fälle liegen dann schon bei Gericht. „Diese Kunden können wir dann nur noch zum Rechtsanwalt schicken“, erklärt Schröer. So lange der Fall außergerichtlich behandelt werde, könne die Verbraucherberatung ihre Kunden hingegen nicht nur beraten, sondern auch rechtlich vertreten. „Und häufig tun wir das mit Erfolg.“
Weiteres Dauerthema bei der Verbraucherberatung waren die Lieferengpässe. „Vor allem, wenn schon Vorkasse geleistet wurde, war der Frust groß“, so die Beratungsstellenleiterin. Sie und ihr Team halfen den Kunden dabei, gegebenenfalls von Verträgen zurückzutreten und sich bereits überwiesenes Geld zurückzuholen.
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Dass manche Dinge knapp waren, habe zudem vermehrt betrügerische Internetanbieter auf den Plan gerufen, so die Verbraucherschützerin. In den täuschend echt aussehenden Fakeshops gab es Brennholz, Generatoren und Solaranlagen, aber auch Gaming-Zubehör oder Haushaltsgeräte zu scheinbar unschlagbaren Preisen. Wer darauf hereingefallen war, sah sein Geld in der Regel nicht wieder. Und das gilt bis heute. Nadine Schröer rät deshalb auch aktuell dazu, bei Online-Käufen den Fakeshop-Finder der Verbraucherzentrale zu nutzen. „Damit haben wir ein nützliches Werkzeug geschaffen, um vorab die Seriosität von Shops zu prüfen.“
Hier geht es zum Fakeshop-Finder: verbraucherzentrale.nrw/fakeshopfinder