Witten. Die Nachfrage nach Baufinanzierungen ist in Witten deutlich gesunken. Die Sparkasse sieht das gelassen. Und beobachtet erstmals sinkende Preise.

Immer weniger Menschen in Witten wollen und können sich ein Eigenheim leisten. Sowohl die Sparkasse als auch die LBS verzeichnen einen deutlichen Rückgang bei Neuanfragen für private Baufinanzierungen. Schuld daran ist das Zusammenspiel von stark gestiegenen Zinsen und die nach wie vor hohen Preise für Häuser oder Eigentumswohnungen.

Zwar ist der Einbruch in Witten nicht so dramatisch wie bei den Kollegen der rheinischen Sparkassen, zu denen etwa die Institute in Essen, Duisburg, Mülheim und Oberhausen gehören. Hier hat sich die Zahl der neu ausgegebenen Wohnungsbaukredite im zweiten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum halbiert. Anfang 2023 hat sich die Lage nicht verbessert. Beim Immobiliencenter der Sparkasse an der Ruhrstraße sind seit Jahresbeginn rund 20 Prozent weniger Neuanfragen für die Finanzierung eines Eigenheims im Vergleich zum Vorjahreszeitraum eingegangen.

Für Sparkasse Witten ist gesunkene Nachfrage eine Normalisierung des Marktes

Dies sei aber kein dramatischer Einbruch, betont dessen Leiter Grischa Klawe. „Für uns ist das eine Normalisierung.“ Die Anfragen würden sich nun auf dem Niveau von 2019 bewegen. Die Entwicklung der vergangenen drei Jahre – mit stetig steigenden Preisen – sei getrieben gewesen durch die übermäßig hohe Nachfrage und die niedrigen Zinsen. „Der Markt war überhitzt“, so Klawe. Nun finde eine Bereinigung statt. Denn die Immobilien, die in den letzten Jahren im Wert gestiegen sind, seien ja nicht real aufgewertet worden, sondern in ihrer Bausubstanz gleich geblieben.

Grischa Klawe ist Leiter des Immobiliencenters der Sparkasse in Witten.
Grischa Klawe ist Leiter des Immobiliencenters der Sparkasse in Witten. © Sparkasse Witten | Sparkasse

Aktuell bietet die Sparkasse bei Baufinanzierungen einen Zinssatz von 4,5 Prozent an – im November 22 waren es zwischen 4,2 und 4,3 Prozent. Für eine klassische vierköpfige Familie steigt die monatliche Ratenbelastung damit im Vergleich zur Niedrigzins-Zeit um 960 Euro bei einem Kredit über 400.000 Euro. Heißt: Wer Ende 2021 ein Haus zu diesem Preis erworben und eine Finanzierung abgeschlossen hat (meist über zehn Jahre), zahlt 1200 Euro monatliche Rate. Wer das heute tut, muss monatlich 2160 Euro zurückzahlen.

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Preise für Immobilien in Witten und Umgebung sind nach wie vor hoch

In der aktuellen Situation würden deshalb viele Kunden ihre Wünsche zurückstellen oder aufgeben, bestätigt auch Oliver Hamacher, Bezirksleiter bei der LBS in Witten und Umgebung. Die Preise in Witten und angrenzenden Städten wie Bochum, Dortmund und Herdecke seien weiterhin die höchsten im Ruhrgebiet. Verbunden mit den derzeitigen Zinssätzen von über vier Prozent sei ein Hauskauf für viele „nicht mehr stemmbar“.

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Doch: „Wir beobachten, dass die Kaufpreise jetzt erstmals nachgeben“, sagt Sparkassen-Experte Klawe. Auch blieben Immobilien länger in der Vermarktung. Bei einem Einfamilienhaus dauere es im Schnitt zwei Monate, bis ein Käufer gefunden ist. Und auch Preis-Verhandlungen sind nun wieder möglich, weil es nicht direkt unzählige Interessenten für eine Immobilie gibt. „Preiskorrekturen um etwa zehn bis 15 Prozent nach unten sind durchaus realistisch“, so der 37-Jährige.

Freistehende Einfamilienhäuser sind in Witten nur schwer zu finden

„Ein freistehendes Einfamilienhaus in Witten ist aber nach wie vor ein knappes Gut“, betont Klawe. Und die Preise entsprechend hoch. Während man ein Reihenhaus auch schon für 300.000 Euro erwerben könne, liegen Einfamilienhäuser im Schnitt zwischen 550.000 bis 700.000 Euro. Abhängig von Lage, Baujahr, Grundstücksgröße und anderen Faktoren. Und auch für Interessenten aus den Nachbarstädten sei die Ruhrstadt attraktiv, weil man für ein Haus in Witten im Vergleich doch noch weniger auf den Tisch legen muss als etwa in Bochum.

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Neu hinzugekommen ist nun noch die Verunsicherung bezüglich nötiger energetischer Sanierungsmaßnahmen. „Das Thema schwebt wie ein Damokles-Schwert über dem Markt“, sagt Klawe. Die Energieeffizienz des Hauses und eventuell mit einzurechnende Modernisierungsarbeiten seien in jeder Beratung ein großes Thema. Je nach Zustand des Hauses können locker 150.000 Euro zusätzlich für solche Umbauten noch oben drauf kommen. „Auch deshalb dauert es heute länger, bis Käufer eine Entscheidung treffen.“

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Sparkasse: Eigenheim bei steigenden Mieten nach wie vor gute Altersvorsorge

Trotz allem wirbt der 37-Jährige für das Eigenheim. Es bleibe ein wichtiger Bestandteil privater Altersvorsorge. Denn auch die Mieten werden sich aller Voraussicht nach langfristig erhöhen. Wer seinen Immobilienkauf langfristig planen will, dem empfiehlt sich das traditionelle Bausparen. Über einen solchen Vertrag könnten sich Kunden heute für die Zukunft noch einen niedrigen Zinssatz von unter zwei Prozent sichern. In Witten scheinen davon viele Gebrauch zu machen. „Unser Bauspargeschäft läuft auf hohem Niveau“, so LBS-Bezirksleiter Oliver Hamacher.

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